Spielgeld für den Casino-Kapitalismus Risiken der Kryptowährungen

Weil sich Donald Trump im Wahlkampf die Unterstützung der Krypto-Fans und der entsprechenden Unternehmen gesichert hatte, kam es nach der Wahl wieder einmal zu einem Boom von Bitcoin und anderen Krypto-Werten. Das hat auch viele Kleinanleger*innen angelockt, die Gefahr laufen, beim nächsten Kurssturz große Verluste zu machen.
Das Prinzip hat Trump vor kurzem selbst vorgeführt. In bekannter Dreistigkeit hat er kurz vor seiner zweiten Amtseinführung einen eigenen Krypto-Wert an den Markt gebracht, der in zwei Tagen auf einen Preis von über 70 Euro stieg und dann wieder fiel. Da Trump einen Großteil der geschaffenen Kryptos behielt, stieg sein Vermögen um etliche Milliarden, die er nach und nach durch Verkäufe in echtes Geld umtauschen kann. Wer hingegen für 70 Euro eingestiegen war, hatte zwei Wochen später einen Verlust von 75 Prozent eingefahren.
Trotz solcher Risiken ist das Interesse an der Spekulation mit Krypto-Werten allerdings nicht verwunderlich, wenn über deren Kursverläufe in den Medien so selbstverständlich berichtet wird, als ginge es um Aktien, Rohstoffe oder echte Währungen. Zudem ist die Werbung für Krypto-Apps mittlerweile nicht mehr zu übersehen, und zahlreiche Stars und Sternchen präsentieren Kryptos in den Sozialen Medien als Teil ihres Lifestyles.
Gerade jüngere Menschen haben oft großes Interesse an Kryptos. Manche hoffen, mit Krypto das schnelle Geld machen zu können, andere glauben an die Erzählungen von der besseren Alternative zu herkömmlichem Geld. Tatsächlich handelt es sich bei Krypto aber nicht um Währungen, sondern um hochriskante Spekulationsobjekte mit einer strukturellen Ähnlichkeit zu Schneeballsystemen. Wer Krypto kauft, ›besitzt‹ schlicht einen Datenbank-Eintrag, der immer nur so viel wert ist, wie jemand anderes bereit ist dafür zu zahlen – im Zweifel nichts. Der jüngste Attac-Basistext will die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Krypto voranbringen und ordnet das Phänomen als typischen Ausdruck des vorherrschenden Finanzmarkt-Kapitalismus ein.
In verständlichen Texten und Interviews mit Expert*innen wie dem Tech-Publizisten Jürgen Geuter (im Netz bekannt als »tante«), dem Ökonomen Beat Weber von der Oesterreichischen Nationalbank und dem Attac-Finanzexperten Alfred Eibl, werden grundlegende Fragen rund um Krypto beantwortet.
Im Gegensatz zur in anderen Büchern zum Thema vorherrschenden Faszination fordern die Autor*innen, Kryptos zu verbieten und insbesondere den sinnlosen Energiefresser Bitcoin abzuschalten. Denn der jährliche globale Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks liegt höher als der von allen deutschen Privathaushalten zusammen und entspricht fast dem kompletten in Deutschland produzierten Kohlestrom. Dazu kommen enorme Mengen an Elektroschrott, die laut einer Studie allein im Jahr 2021 in etwa 178 Millionen Handys entsprachen.
Dementsprechend wurde in der Debatte um die MiCA-Richtlinie (Markets in Crypto Assets) im Europäischen Parlament von grünen, sozial-demokratischen und linken Abgeordneten ein Verbot aus ökologischen Gründen gefordert. Dagegen haben sich – zur Freude von Krypto-Unternehmen und ihrer Lobbyist*innen – aber Konservative und Liberale mit dem Argument durchgesetzt, dass ein Verbot die EU von entscheidenden technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen abschneiden würde.
Mittlerweile ist die Euphorie um die Blockchain-Datenbank, die dem Bitcoin und anderen Krypto-Werten zugrunde liegt, allerdings weitgehend verflogen – zu Recht, wie das Interview mit Jürgen Geuter im Basistext verdeutlicht. Dass sich in der EU die staatliche Regulierung von Krypto gegen die Verbotsoption durchgesetzt hat (anders als beispielsweise in China), wird amüsanterweise von den vermeintlich staatsfeindlichen ›libertären‹ Krypto-Fans begrüßt. Schließlich trägt die staatliche Anerkennung zur weiteren Etablierung von Kryptos als Spekulationsobjekten bei. Als Einladung zur Krypto-Spekulation kann auch die aktuelle steuerliche Behandlung von Verkaufsgewinnen in Deutschland interpretiert werden, die vom FDP-geführten Finanzministerium der Ampelkoalition stammt.
Am Ende könnte die politische Förderung von Krypto zu neuen systemischen Risiken führen. 2023 hat der Krypto-Sektor schon ein kleines Bankenbeben in den USA ausgelöst. Heute liegt die Marktkapitalisierung des Bitcoins mit 2 Billionen Dollar schon bei einem Drittel des US-Bundeshaushalts. Damit dürften in manchen Bilanzen schon jetzt einige Ausfallrisiken schlummern. Es sollte unbedingt verhindert werden, dass Krypto eines Tages als ›too big to fail‹ gilt.
Holger Oppenhäuser arbeitet im Attac-Bundesbüro und ist Co-Autor des neu erschienenen Attac-Basistexts zu Krypto-Währungen.