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Öffentlichkeit = Geld = Macht Disruption in der Medienlandschaft

Foto: Boris Loheide

Demokratie bildet idealtypisch die Herrschaftsorganisation, in der alle Menschen an der politischen Willensbildung teilhaben können. Dafür braucht es eine lebendige Öffentlichkeit, in der sie sich gut informieren und austauschen können.

Entsprechend erwarteten sich viele von der Entwicklung des Internets eine nahezu grenzenlose Ausweitung von Demokratie. Wo es um gleichberechtige Teilhabe an der Macht geht, schuf das Netz eigentlich die Voraussetzungen dafür, dass jede*r alles sagen und potenziell dieselbe Reichweite bekommen kann.

Die Entstehung der Tech-Oligarchie 

2004 gründete Marc Zuckerberg Facebook, auf dem sich Nutzer*innen weltweit vernetzten. Es folgten weitere Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok. Die Verheißung: Jede*r kann mit geringem Aufwand selbst zum Medium werden und viele Menschen erreichen – ohne dass Beiträge schon vor ihrer Veröffentlichung durch etablierte Medien (aus)sortiert werden. Doch das bedeutet auch: Nicht der Wahrheitsgehalt eines Beitrags, nicht seine menschenrechtliche, demokratische oder wenigstens dem Gesetz verpflichtete Qualität, sondern allein die Interaktion, die er auslöst, entscheidet über seine Relevanz.

Natürlich haben viele dadurch eine neue Erfahrung von Selbstwirksamkeit gemacht. Und gleichzeitig haben sich damit alle Nutzer*innen wissentlich oder unwissentlich auf eine Logik des Profits eingelassen. 

Über den Shareholder Value entscheidet allein die Reichweite, die eine Plattform Werbetreibenden bieten kann – und Reichweite schaffen vor allem entsetzliche Nachrichten. Emanzipatorische Gedanken und überhaupt lösungsorientierte Ansätze, die den gegenwärtigen Krisen faktenbasiert begegnen, tun sich algorithmisch dagegen schwer.

Die großen »Macher« im Silicon Valley haben sich mehrheitlich nie enger der Demokratie oder gar Gleichberechtigung verpflichtet gesehen – entgegen aller Beteuerungen. Seit der Wiederwahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA fallen fast alle Hemmungen in Bezug auf die Eigenregulation von Plattformen, wenn es um die Verbreitung von Gewaltdarstellungen, Hassrede und tagtäglicher Diskriminierung geht.

Der ultralibertäre Staatsstreich: Profitinteressen vernichten das Gemeinwesen 

In den vergangenen Jahren sind Tech-Oligarchen à la Musk und Zuckerberg zunehmend in den Blick von Regulierungsbehörden geraten. Dennoch nahm ihre Macht stetig weiter zu: Plattformen wurden und werden von wenigen zusammengekauft; sie bilden mächtige Monopole. Heute entscheiden nur noch sehr wenige über »Big Tech«. Sie kontrollieren die Sozialen Medien und Messengerdienste, und, vermutlich noch wichtiger: Sie dominieren die Entwicklung Künstlicher Intelligenz. Dass sich die meisten Eigner inzwischen eng mit Donald Trump verbünden ist kein Zufall – das zeigt sich am besten am Beispiel von Elon Musk: Musk kontrolliert mit dem Besitz von Starlink und seiner Mutter SpaceX inzwischen staatsfern eine Infrastruktur, die von vielen Staaten als sicherheitsrelevant erachtet wird – und gleichzeitig waren seine Unternehmungen zuletzt zunehmend bedroht: Durch Regulierungsbehörden und durch zunehmende Stimmen, die seine Solvenz grundsätzlich in Frage stellen: Kauft er nicht ein Risiko mit Beleihung des vorherigen auf?

Mit der Präsidentschaft Trumps hat sich für Musk eine Chance ergeben, die er sofort ergriffen hat: Warum nicht (Regulierungs-)Behörden in den USA durch den direkten Zugriff auf Regierungsmacht zerstören und alle relevanten Marktteilnehmer mittels Klagen bedrohen, damit sie seinen Interessen nicht mehr im Wege stehen?

Musk ist nicht nur Handlanger, sondern Betreiber des Staatsstreichs, der sich aktuell in den USA und mittelbar weltweit vollzieht: Zockern wie ihm und seinem Präsidenten geht es nicht um die Allgemeinheit. Sie spielen ein hochriskantes Spiel, von dem sie sich kurzfristige Gewinne erhoffen.

Was bedeutet dies hierzulande?

Hierzulande sind weder Überraschung noch Häme angesichts der Entwicklungen in den USA angebracht. Auch deutsche Medienunternehmer wie Mathias Döpfner haben sich längst als Ultralibertäre entpuppt. Sie nutzen Produkte wie die Welt, um im Verbund mit Elon Musk die rechtsextreme AfD in die breite Öffentlichkeit zu pushen. Mit der Bild fahren sie einen radikalen Kampagnen-Journalismus, der sich offensichtlich nicht nur der Wahrheit, sondern auch der Propaganda für die Interessen ihrer Anteilseigner*innen verpflichtet fühlt. Kampfbegriffe wie »Heizhammer« für die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) durch die Ampel sind dabei nur ein Beispiel – wo doch ein Großaktionär des Springer-Konzerns erheblich in der fossilen Industrie involviert ist. Zuletzt hetzte die Bild gegen breite zivilgesellschaftliche Demonstrationen, die sich für die Demokratie und gegen eine Zusammenarbeit von Union und AfD engagierten.

Fazit

Wer die Öffentlichkeit kontrolliert, hat Macht. Daher braucht es dringend eine starke Regulierung von Plattformen wie Medien. Spätestens jetzt gilt es, das Öffentliche zu stärken – und damit die demokratische Öffentlichkeit zu schützen.

Judith Amler ist Mitglied im Koordinierungskreis von Attac.

Alle Texte aus dem Attac-Rundbrief 01/2025