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Geschenke für die Reichen Finanzpolitische Positionen zur Wahl

Foto: Boris Loheide

Wenn dieser Rundbrief seinen Weg in die Druckerei findet, steht das Ergebnis der Bundestagswahl noch nicht fest. Trotzdem ist klar: Eine Umverteilung von oben nach unten wird es auch mit einer neuen Regierung nicht geben – das zeigt ein Blick auf die finanzpolitischen Positionen der Parteien.

CDU/CSU, FDP und AfD verteilen Geschenke

CDU/CSU, FDP und AfD haben jeweils Parteiprogramme vorgelegt, die in keiner Weise gegenfinanziert sind. Und dabei geht es nicht um Kleinigkeiten. Sie säbeln einfach mal ein Viertel (die Union) beziehungsweise sogar ein Drittel (die Liberalen und die AfD) der Einnahmen des Bundeshaushaltes weg.

Da fragt selbst die Zeitschrift Capital: »Wie die Union ihre großen Steuerentlastungen finanzieren will, erklärt sie in ihrem Wahlprogramm nicht.« Und die Denkschmiede IW des Industrieverbandes BDI und des Arbeitsgeberverbandes BDA weist entsetzt darauf hin, dass die Hälfte dieser fehlenden Steuereinnahmen auch noch die Länder und Kommunen bezahlen sollen, die ohnehin schon unter der Schuldenbremse ächzen und das mit Sicherheit nicht mitmachen werden.

Doch im Einzelnen: Die CDU will die Einkommenssteuern für alle senken, den Soli abschaffen, die Unternehmenssteuern senken und die Stromsteuern ebenfalls – insgesamt fast 100 Milliarden Euro. Die Liberalen verteilen noch größere Geschenke; bei ihnen sind es 138 Milliarden Euro, nach der Rechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sogar 189 Milliarden. Zum Vergleich: Die geplanten Einnahmen im Bundeshaushalt 2024 liegen bei 427 Milliarden Euro. Das ist so frech, dass einem die Spucke wegbleibt. Übertroffen wird das Ganze aber noch von der AfD. Sie will auch noch die Erbschaftssteuer und die Grundsteuer – die wichtigste Einnahme der Kommunen – komplett abschaffen.

Die Hauptprofiteure dieser Entlastungen sind nach Berechnungen von Stefan Bach vom DIW das reichste Prozent. Das soll von der CDU 28 Milliarden Euro geschenkt bekommen. Die reichsten 10 Prozent bekommen sogar über die Hälfte der Steuergeschenke – rund 50 Milliarden Euro. 

SPD und Grüne – Konjunkturprogramm durch Lockerung der Schuldenbremse 

Die Programme von SPD und Grünen scheinen zumindest der Erkenntnis Rechnung zu tragen, dass eine Klimapolitik ohne soziale Flankierung nicht möglich ist. Die SPD spricht dabei wichtige Punkte an: Steuerlücken schließen, Erbschafts- und Schenkungssteuer reformieren, Vermögenssteuer revitalisieren für Superreiche, Finanztransaktionssteuer und Bekämpfung der Finanzkriminalität – alles allerdings in Portiönchen, bei denen von echter Umverteilung des Reichtums keine Rede sein kann. Die Grünen bleiben im Vergleich weniger konkret – aber sehr ähnlich. Es fehlt die Finanztransaktionssteuer, dafür sprechen sie zumindest die Bürgerversicherung für Renten und Krankenkassen als Fernziel an.

Das Defizit entsteht bei beiden vor allem durch das Investitionsprogramm und die Senkung der Strompreise. Bei den Grünen kommt dann noch das Klimageld für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen hinzu, das bei der SPD fehlt. Beide wollen das Haushaltsloch durch Mehreinnahmen von Vermögenden und eine Lockerung der Schuldenbremse stopfen.

Nur die Linke fordert mutig einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent ab einer Million Euro Einkommen, eine Maximaleinkommensgrenze des 20-fachen des geringsten Einkommens im Unternehmen, eine Vermögensteuer von einem Prozent ab einer Million Euro – ab einer Milliarde sogar zwölf Prozent – und zusätzlich eine einmalige Vermögensabgabe von 30 Prozent für Multimillionäre.

Was bleibt zu tun? Für ein neues Narrativ!

Im Augenblick deutet alles auf eine schwarz-rote oder eine schwarz-grüne Regierung hin. Selbst wenn die Linke den Einzug in den Bundestag schafft, wird die Debatte über Umverteilen also im Wesentlichen außerparlamentarisch weitergeführt werden müssen. Obwohl sich in Umfragen drei Viertel der Bevölkerung dafür aussprechen, werden die Wahlergebnisse das nicht abbilden. Damit diese grundsätzliche Zustimmung zu gerechter Vermögensverteilung auch zu entsprechenden politischen Machtverhältnissen führt, müssen die harten Argumente der Reichenlobbys wirksamer bekämpft werden.

Zwei Argumente sollten dafür ins Zentrum des Narrativs rücken:

1. Ungleichheit zerstört die Demokratie! Denn die Menschen erwarten von einer gewählten Regierung eine gerechte Lastenverteilung. Wenn sie den Eindruck haben, dass nur die Reichen profitieren, dann erscheint ihnen Demokratie sinnlos und sie wählen lieber einen »starken Mann«, der auf den Tisch haut.

2. Steuerprivilegien für Reiche schaden der Wirtschaft, weil das Geld nicht ausgegeben oder investiert wird, sondern damit Aktien und Immobilien gekauft werden. Wenn dagegen der Staat die Reichen mehr besteuert, können damit dringend nötige Investitionen in öffentliche Infrastruktur sowie Lehrer*innen, Erzieher*innen oder Pflegekräfte bezahlt werden. Nur so gibt es künftig überhaupt einen Wirtschaftskreislauf.

Wer also die Demokratie erhalten, das Gemeinwesen stärken und die Zukunft gestalten will, muss umverteilen!

Karl-Martin Hentschel ist aktiv in der Attac-AG Finanzmärkte und Steuern und vertritt Attac im Netzwerk Steuergerechtigkeit.

Alle Texte aus dem Attac-Rundbrief 01/2025