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Ökologische und soziale Wärmewende drängt Klimabaustelle Heizen

Foto: mightymightymatze / flickr / CC BY-NC 2.0
Foto: mightymightymatze / flickr / CC BY-NC 2.0

Warme Wohnungen sind nicht selbstverständlich in diesem Land. Etwa ein Viertel der Menschen in Deutschland leiden unter Energiearmut. Gleichzeitig entstehen im Gebäudesektor 40 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen, da noch zu 80 Prozent mit Gas und Öl geheizt wird. Neben dem Verkehrssektor verfehlt der Gebäudesektor regelmäßig die Minderungsziele des Klimaschutzgesetzes und ist die größte offene Klimabaustelle unserer Gesellschaft. Beim Heizen kommen also soziale und ökologische Frage zusammen. Wenn der Klimakollaps noch verhindert werden soll, brauchen wir eine schnelle Dekarbonisierung, also eine dramatische Reduzierung des CO2-Ausstoßes des Wärmesektors und warme Wohnungen für alle.

Diese Wärmewende ist seit dem Streit um das »Heizungsgesetz« hoch umkämpft. Gegen den Versuch der Ampel, den Umstieg auf erneuerbare Energien voranzutreiben, inszeniert die Lobby der Gasindustrie in Zusammenarbeit mit den Unionsparteien, der FDP, der AfD und der Springerpresse eine schmutzige Hetzkampagne. Die hohen Energiepreise aufgrund des Ukrainekrieges und mangelnde soziale Abfederung des Gesetzesentwurfs machten es dabei den Befürworter*innen fossiler Brennstoffe leicht, Stimmung zu schüren. Und mit dem Bruch des Koalitionsversprechens, ein Klimageld als Ausgleich für gestiegene CO2-Preise zu zahlen, haben SPD und Grüne die soziale Wirklichkeit ignoriert.

Menschen, die an einer Kombination aus niedrigem Einkommen, schlecht isolierten Wohnungen und ineffizienten Heizungen leiden, haben andere Sorgen als den schnellen Umbau ihrer Heizungen, auf den sie als Mieter*innen ohnehin wenig Einfluss haben. Die Wärmewende weg von fossiler Energie muss daher auch eine soziale Wende sein. Sie wird nur mitgetragen, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass sie etwas davon haben und nicht draufzahlen.

Fürs emissionsfreie Heizen der Zukunft ist die Wärmepumpe die energetisch effizienteste Heizungsart. Laut Studien ist bereits die Hälfte aller Gebäude in Deutschland für den Einsatz moderner Wärmepumpen geeignet, in Skandinavien heizen bei deutlich niedrigeren Temperaturen als bei uns etwa die Hälfte der Haushalte mit Wärmepumpen. Warnungen vor hohen Umbaukosten sind oft interessengeleitet. Dennoch sollten Gebäude möglichst optimal wärmegedämmt sein, um den Energieverbrauch beim Heizen zu verringern. Denn die sauberste Kilowattstunde ist die, die gar nicht benötigt wird, und emissionsfrei hergestellter Strom ist kostbar und wird in vielen weiteren Sektoren benötigt.

Neben Einzellösungen mit kleinen Wärmepumpen bieten sich für Quartiere neben Fernwärme vor allem Großwärmepumpen an, in geothermisch geeigneten Gebieten auch als Erdwärmepumpen. Diese können, in Energiegenossenschaften organisiert, einen Gegenpol zur Macht der großen Energiekonzerne bilden und Energiedemokratie vorantreiben, ähnlich den Windenergiegenossenschaften.

Wir müssen uns jedoch darauf einstellen, dass eine neue Bundesregierung das Rad zurückdrehen will. Ein Schlupfloch dafür bietet die H2-Ready-Regelung, die auf Betreiben der fossilen Lobby wie »Zukunft Gas« ins Gebäudeenergiegesetz gedrückt wurde. Damit können Gasheizungen weiterbetrieben werden, wenn sie auf mindestens 65 Prozent Wasserstoff umgebaut werden können. Aber mit Wasserstoff zu heizen ist wie in Champagner zu baden. Blauer Wasserstoff aus fossilen Energieträgern verbietet sich klimapolitisch. Grüner Wasserstoff wird absehbar knapp bleiben, und die hohen Energieverluste bei seiner Herstellung führen dazu, dass beim Heizen mit Wasserstoff etwa fünfmal mehr Wind- oder Solarstrom benötigt wird als für dieselbe Heizung mit einer effizienten Wärmepumpe.

Bleibt die Finanzierung: Die geplant steigenden CO2-Preise für Gas und Öl erhöhen den Druck, schnell auf Wärmepumpen umzusteigen. Die Kosten für den ökologischen Umbau von Heizungen und energetische Gebäudesanierung sind jedoch hoch. Die letzte Bundesregierung hat bei der KFW ein Programm aufgelegt, mit dem bis zu 70 Prozent der Kosten für Heizungsumbau gefördert werden können. Dieses Programm gilt es gegen eine neue Bundesregierung zu verteidigen, auszuweiten und sozial anzupassen. Denn für eine sozial gerechte Förderung müssen Einkommen und Vermögen das einzige Kriterium für die Höhe einer Förderung sein, und Geld darf nicht an jene Immobilienbesitzer*innen gehen, die die Investitionen in neue Heizungsanlagen selbst schultern können. Für Mieter*innen muss ein Umbau zumindest warmmietenneutral sein.

Es ist nicht einzusehen, dass sich Reiche, die jetzt schon im Warmen sitzen und ihre Heizkosten aus der Portokasse bezahlen, bei der Wärmewende schadlos halten. Sie sollten per Lastenausgleich zugunsten des ärmeren Teils der Bevölkerung an der Finanzierung der drängenden Wärmewende beteiligt werden. Mit »Tax the Rich« kämpfen wir für eine höhere Besteuerung von Vermögen, denn für einen konsequenten sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft können wir uns die herrschenden Besitzverhältnisse nicht mehr leisten.

Achim Heier engagiert sich in der Attac-Kampagne »Rohstoffenergiehunger stoppen!«

Alle Texte aus dem Attac-Rundbrief 01/2025