Wer zahlt wie viel? Wofür gibt der Staat unser Geld aus? Und was wäre gerecht?

Wofür der Staat Geld ausgibt und wo er es einnimmt, darauf können die Bürger*innen nach einer Wahl keinen Einfluss mehr nehmen. So wünscht sich die Mehrheit in Deutschland inzwischen eine Vermögensteuer – in den Plänen der Großen Koalition bildet sich das jedoch nicht ab. Attac fordert deshalb mit der Kampagne „Tax the Rich“ ein gerechtes Steuersystem; es wäre eine Alternative zur neuerlichen Staatsverschuldung und würde soziale Ungleichheit abmildern.
„Die neue Bundesregierung hat ihre Pläne einfach umgesetzt. Die Meinung der Bürger*innen zu neuen Staatsschulden hat dabei keine Rolle gespielt, obwohl Steuern und öffentliche Ausgaben alle betreffen“, kritisiert Karl-Martin Hentschel, Steuerexperte von Attac. „Das nötige Geld hätte auch anders aufgebracht werden können – nämlich über eine Reform unseres Steuersystems hin zu einer gerechten Besteuerung großer Vermögen und weniger Steuerschlupflöchern.“
Mit der neuen Initiative „Bürgerdebatte gerechte Steuern und Finanzen“ des Netzwerk Steuergerechtigkeit, dem Bund der Steuerzahler und Mehr Demokratie soll nun eine zivilgesellschaftliche Debatte zu einer gerechten Steuer- und Finanzpolitik in Deutschland ermöglicht werden: 40 zufällig ausgeloste Bürger*innen jeglicher Nationalität ab 16 Jahren beraten bei mehreren Treffen in Erfurt gemeinsam repräsentativ über Lösungen und Ansätze gegen die Ungerechtigkeiten des deutschen Steuersystems. Sie werden von Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis begleitet, um eine gleiche Wissensbasis für alle zu ermöglichen.
Anfang April wurden 2.000 Menschen aus zehn Städten aus ganz Deutschland eingeladen, an der „Bürgerdebatte gerechte Steuern und Finanzen“ teilzunehmen. Sie wurden per Losverfahren aus dem Einwohnendenmelderegister ermittelt. Davon werden jetzt im zweiten Schritt 40 Bürger*innen repräsentativ ausgesucht. Sie sollen ab Ende Mai Vorschläge zum Thema Steuern und Finanzen erarbeiten.
„Die Debatte schließt niemanden aus – alle Ausgelosten können ihre individuellen Perspektiven und Ideen einbringen und so dazu beitragen, dass die Diskussion so breit wie möglich geführt werden kann. Eine Reisekostenerstattung, Unterbringung und eine Aufwandsentschädigung von 600 Euro sollen die Teilnahme an den Präsenz-Diskussionen für alle ungeachtet ihres finanziellen Hintergrunds sicherstellen“, sagt Hentschel.
Zur Vorbereitung der Debatte findet bis zum 4. Mai eine Online-Befragung statt. Bürger*innen sowie Organisationen können Vorschläge für eine gerechte Finanz- und Steuerpolitik einreichen und über sie abstimmen. Die Ergebnisse der Online-Befragung fließen anschließend in die Präsenz-Treffen der Bürgerdebatte in Erfurt ein.
Attac als Teil des Netzwerk Steuergerechtigkeit unterstützt das Projekt und hat drei Vorschläge eingereicht:
- Man sollte eine Finanztransaktionsteuer einführen, um den spekulativen Handel am Finanzmarkt zu begrenzen.
- Man sollte im Grundgesetz eine Obergrenze von 20 Millionen Euro für private Vermögen einführen. Mehr Reichtum macht niemanden glücklicher.
- Man sollte regeln, dass kein*e Bürger*in mehr als das 100-fache des Mindestlohns, also circa zwei Millionen Euro verdient. Denn mehr ist undemokratisch.