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Mutlos, unsozial, klimapolitisch blind

Was Attac am Koalitionsvertrag kritisiert

Die Koalition aus Union und SPD hat ihren neuen Koalitionsvertrag vorgelegt – doch Pläne zum Abbau sozialer Ungleicheit oder dem Schutz der Menschenrechte sind darin nicht zu finden. Der Koalitionsvertrag ist Ausdruck politischer Mutlosigkeit und sozialer Kälte. Während die Gesellschaft auf soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und globale Verantwortung drängt, liefert die Regierung ein Dokument des Rückschritts.

Keine Steuergerechtigkeit in Sicht
Trotz massiver Vermögensungleichheit in Deutschland bleibt es bei leeren Worten. Weder eine Vermögenssteuer noch eine nennenswerte Reform der Erbschaftssteuer ist vorgesehen. Gleichzeitig enthält der Vertrag kaum wirksame Maßnahmen gegen Steuerflucht, Briefkastenfirmen oder aggressive Steuervermeidung durch Konzerne. „Für uns von Attac gilt weiterhin: Tax the Rich – Demokratie geht nur gerecht! Daher werden wir die neue Regierung für eine gerechte Besteuerung von Überreichtum weiter unter Druck setzten und dieses Frühjahr eine Petition beim Deutschen Bundestag zu diesem Thema einreichen“, sagt Julia Elwing aus dem Koordinierungskreis von Attac.

Das Aus für das Klimageld
Das Klimageld, also die direkte Rückzahlung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, das besonders Menschen mit geringem Einkommen entlasten würde, wird ersatzlos gestrichen. „Dass das Klimageld stillschweigend beerdigt wurde, zeigt, wie wenig diese Regierung von sozial gerechtem Klimaschutz verstanden hat“, ergänzt Julia Elwing. Klimaschutz ohne sozialen Ausgleich trifft die Falschen – und gefährdet den gesellschaftlichen Rückhalt für dringend notwendige klimapolitische Maßnahmen.

Menschenrechte, Klima- und Sozialstandards akut bedroht
Ein besonders skandalöser Schritt ist die geplante Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes. Unter dem Vorwand einer einheitlichen europäischen Regelung will die Koalition das deutsche Gesetz zurücknehmen – und damit verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen massiv abschwächen. „Das ist ein Freifahrtschein für Ausbeutung. Wer sich aus Menschenrechtsverantwortung verabschiedet, handelt bewusst unmoralisch“, kritisiert Julia Elwing. „Statt menschenwürdige Produktion zu garantieren, setzt man auf Konzernfreundlichkeit.“ Auch bei internationalen Handelsabkommen setzt die Regierung weiter auf neoliberale Freihandelslogik. Verbindliche Klima- und Sozialstandards sind weiterhin nicht verpflichtend, der Fokus liegt auf Exportförderung und geopolitischer Wettbewerbsfähigkeit.

Hetze gegen Geflüchtete
Anschließend an einen Wahlkampf, der geprägt war von rassistischen Debatten um Migration, führt auch der Koalitionsvertrag die Hetzte gegen Geflüchtete weiter. Zwar spricht der Koalitionsvertrag von „geordneten Verfahren“ und dem Schutz „besonders schutzbedürftiger Personen“, doch die Realität bleibt Abschottungspolitik. Sichere Fluchtrouten, humanitäre Aufnahmeprogramme und ein klarer Bruch mit den Verschärfungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) fehlen komplett. „Wer von Verantwortung spricht, aber Mauern baut, verrät die Grundwerte unserer Demokratie. Geflüchtete Menschen brauchen Schutz – keine weitere Abschreckung“, sagt Noa Neumann von Junges Attac.

Unterstützung für Einkommensschwache? Fehlanzeige.
Auch Wege zu mehr sozialer Gerechtigkeit sind im Koalitionsvertrag nicht zu finden. Die Wohnungsnot spitzt sich zu – doch öffentlich geförderter Wohnungsbau bleibt weit hinter dem Bedarf zurück. Eine konsequente Bodenpolitik fehlt ebenso wie der überfällige Mietendeckel und Maßnahmen zur Vergesellschaftung von Wohnraum. Soziale Sicherungssysteme werden zurückgebaut und repressiver gestaltet, statt Bürgergeld oder Kindergrundsicherung existenzsichernd zu gestalten. „Sparmaßnahmen im sozialen Bereich sorgen für ein Unsicherheitsgefühl und weitere Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Zudem stärken sie nachweislich rechte Parteien, die vermeintlich simple Antworten auf das Unsicherheitsgefühl anbieten“, erklärt Noa Neumann.