Für eine Politik des Friedens KoKreis-Erklärung vom 11. März 2022
Angesichts der andauernden Kriegshandlungen in der Ukraine fordert Attac Deutschland weiterhin einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen zur Wiederherstellung geordneter Lebensbedingungen der Bevölkerung. Die russische Führung muss umgehend mit dem Rückzug ihrer Truppen vom Territorium der Ukraine beginnen. Ihre militärische Invasion ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts, der durch nichts, auch nicht durch die Konfrontationspolitik der NATO und der USA, zu rechtfertigen ist.
Erfreulich ist, dass sich ein großer Teil der zivilgesellschaftlichen Kräfte in Deutschland, in Europa und weltweit zusammenfindet, um gemeinsam mit Aktionen und Demonstrationen ein Zeichen für ein Ende des Krieges und eine friedliche Welt zu setzen. Attac ist Teil dieser Bewegung; unsere Solidarität gilt außerdem allen zivilgesellschaftlichen, emanzipatorischen Kräften auf beiden Seiten des Krieges, die sich für ein Ende des Krieges einsetzen.
Erfreulich ist auch die große Welle der Hilfsbereitschaft, die Flüchtenden aus der Ukraine entgegengebracht wird. Attac verurteilt allerdings, dass in der Flüchtlingspolitik dabei doppelte Standards angelegt werden. Dies beginnt bei der Ungleichbehandlung von People of Colour, die aus der Ukraine flüchten, und betrifft ebenso Menschen, die aus Syrien, Afghanistan oder aus anderen Konfliktregionen fliehen: Alle, die vor Krieg und Vertreibung fliehen, müssen unabhängig von ihrer Hautfarbe und Herkunft aufgenommen, ebenso muss Deserteuren*innen Asyl gewährt werden. Weder dürfen bei der Aufnahmepraxis rassistische Maßstäbe angesetzt werden, noch darf es zu rassistischen Übergriffen auf Russ*innen und Menschen russischer Herkunft kommen, die in Deutschland leben.
Die zum Teil hastigen und reflexartigen Reaktionen von Politik und Medien auf diesen Krieg geben dagegen Anlass zur Sorge. Die Stimmen, die darauf drängen, friedliche Möglichkeiten zur Beilegung des Konflikts auszuloten, bekommen medial wenig Raum in einer Stimmung, in der nach Aufrüstung verlangt und fast nebenbei über den Haufen geworfen wird, was eigentlich längst Konsens war, wie die Abschaffung der Wehrpflicht oder der Atomausstieg. Dies gleicht einer inneren Mobilmachung, mit der medial die Kriegsbereitschaft auch der deutschen Bevölkerung angefacht wird. Wir brauchen deutlicher vernehmbare Stimmen, die sich für eine Politik des Friedens einsetzen; Attac bemüht sich, eine dieser Stimmen zu sein.
Die Wiederherstellung und Sicherung eines stabilen Friedens in Europa erfordern Verhandlungen, die sowohl den Sicherheitsinteressen aller Beteiligten Rechnung tragen als auch dem Recht, selbst zu entscheiden, in welche politische Richtung sich ihre Gesellschaften verändern wollen. Die Rückkehr zu den Gesprächen im Minsk II-Format, der Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und der gegenseitige Verzicht auf Offensivwaffen an den Grenzen von Nachbarländern zu stationieren, die sich dadurch bedroht fühlen, könnten den Weg zu einer erfolgreichen Verhandlungslösung markieren, der in einen Verhandlungsprozess für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur mündet.
Attac lehnt den massiven Aufrüstungsschub der Bundesregierung ab, insbesondere den 100-Milliarden-Sonderfonds für die Bundeswehr. Mit dem jetzt geplanten Sondervermögen, das im Grundgesetz festgeschrieben werden soll, droht auch, dass die zusätzlichen Ausgaben für das Militär spätestens in der nächsten Legislaturperiode durch Kürzungen in anderen Ressorts wieder eingespart werden müssen. Deshalb muss dieses Vorhaben verhindert werden. Rüstungsausgaben würden so auf Kosten von Sozial- oder Bildungsausgaben oder dringend benötigter Mitteln für Klimaschutz gehen. Aufrüstung ist keine friedenschaffende oder -erhaltende Maßnahme; dauerhaften Frieden schafft die Beseitigung von Konfliktursachen wie Klimawandel und soziale Ungleichheit innerhalb und zwischen Gesellschaften. Eine sozial-ökologische Transformation, zu der auch der schnellstmögliche Ausstieg aus fossilen Energien gehört, ist ein wichtiger Baustein für eine friedlichere Welt, und es braucht finanzielle Mittel, um sie zu finanzieren, die in Aufrüstung verschwendet werden.
Der Krieg in der Ukraine birgt die Gefahr eines globalen militärischen Konflikts zwischen Nuklearmächten. Attac lehnt deshalb kriegseskalierende Maßnahmen wie Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Sanktionen sind ein wichtiges Werkzeug zur Beendigung des Krieges, doch müssen sie zwingend daraufhin überprüft werden, ob sie die verantwortlichen Personen und Institutionen treffen, oder ob sie stattdessen die russische Zivilgesellschaft oder gar den russischen Widerstand gegen den Krieg schwächen.
Ein wirksames Mittel ist es, dem Krieg den Geldhahn abzudrehen. Jahrelang hat die russische Oligarchie mit Putin Hand in Hand gearbeitet: Sie wurde zu einer zentralen Stütze seines Herrschaftssystems. Ein wirksames Mittel gegen die Anhäufung riesiger Vermögen, mit denen autoritäre Regime aufrechterhalten und Kriege finanziert werden, ist es, den wirtschaftlich Mächtigen den Geldhahn zuzudrehen, Steuerschlupflöcher und Schattenfinanzplätze zu schließen und Steuervermeidung einen Riegel vorzuschieben.