Weg mit Paragraf 218!
Paragraf 218 regelt in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche. Seit über 150 Jahren führt das Strafgesetzbuch Abtreibungen im Abschnitt „Straftaten gegen das Leben“. Unter bestimmten Voraussetzungen bleibt ein Schwangerschaftsabbruch jedoch straflos. Die Abstimmung zur Neuregelung des Paragrafen 218 soll noch im Februar an den letzten Sitzungstagen des Bundestages stattfinden. Das bundesweite Attac-FLINTA*-Plenum (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen) unterstützt die Forderung nach einer Neuregelung und hält es für notwendig, dass die Abstimmung noch vor der Bundestagswahl stattfindet.
„Es ist unbedingt nötig, dass der Antrag zur Neuregelung und Entkriminalisierung von Abtreibungen noch in der aktuellen Legislaturperiode abgestimmt wird. Mit einer Verzögerung riskieren wir, dass konservative Kräfte wie Union, FDP und AfD den Antrag blockieren“, sagt Sonja Taubert vom Attac-FLINTA*-Plenum. „150 Jahre Kampf für Selbstbestimmung und gegen Paragraf 218 sind doch wahrhaftig genug.“
Den Gesetzentwurf von SPD, Grünen und Linken unterschrieben in kurzer Zeit Hunderte Abgeordnete fraktionsübergreifend – dieser Antrag kann jedoch nur als erster Minimalkonsens verstanden werden: Bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche soll ein Abbruch der Schwangerschaft dann grundsätzlich nicht mehr strafbar sein. Der Abbruch soll von den Krankenkassen bezahlt werden und ein weiterer wichtiger Punkt – durch die Entkriminalisierung ist es angehenden Ärzt*innen möglich, zu erlernen, wie ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird. Bisher war dies nicht Bestandteil der ärztlichen Ausbildung und hatte zur Folge, dass Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, nach dem verpflichtenden Beratungsgespräch häufig lange suchen müssen, bis sie ärztliches Fachpersonal finden, das den Abbruch durchführt. Es ist keine Seltenheit, dafür 100 bis 200 Kilometer fahren zu müssen.
Der Paragraf 218 stammt aus dem Jahr 1872 und wurde 1976 durch die Indikationsregelung etwas gelockert, da nun bei einer medizinischen, eugenischen, sozialen oder ethischen Indikation ein Abbruch möglich war. Für Frauen in der DDR galt ab dem 9. März 1972 das Recht, innerhalb von zwölf Wochen nach dem Beginn einer Schwangerschaft über deren Abbruch eigenverantwortlich zu entscheiden. Nach der Wiedervereinigung galten zunächst beide Regelungen.1993 wurde dann die Fristenregelung eingeführt, mit der ein Abbruch rechtswidrig bleibt, aber nicht verfolgt wird.
„Union und FDP stellen die Forderung nach einer Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen als vermeintlichen Großkonflikt in der Bevölkerung dar. Das ist schlichtweg falsch und manipulativ“, kritisiert Taubert. Eine breite gesellschaftliche Basis von 80 Prozent vertritt die Zustimmung für die Gesetzesänderung und mehr als 70 führende Verbände, Organisationen und Netzwerke stehen hinter der Reform.
„Der Paragraf 218 ist absolut rückwärtsgewandt. Es sind parteitaktische Manöver, die die Neureglung stoppen sollen und Fremdbestimmung von FLINTA* zementieren wollen. Die Parteien müssen ihrem Auftrag nachkommen und die Zustimmung der Bevölkerung nun politisch umsetzen, wenn sie sich als Vertretende des Volks sehen“, sagt Mechthild Killian vom Attac-FLINTA*-Plenum.
Keine Schwangere trifft die Entscheidung über einen Abbruch leichtfertig, daher kann die jetzt angestrebte Neuregelung im Strafgesetzbuch nur ein erster – zwar notwendiger – aber dennoch nicht ausreichender Schritt sein. Das FLINTA*-Plenum von Attac Deutschland fordert alle Abgeordneten des Bundestages auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und für den Minimalkonsens zu stimmen. Darüber hinaus ist klar: Paragraf 218 muss weg, und zwar endgültig!