Senkung der Krankenkassenbeiträge entlastet einseitig Arbeitgeber
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat der Großen Koalition vorgeworfen, mit der morgigen Senkung der Krankenkassenbeiträge im Rahmen des Konjunkturpaketes die gesellschaftliche Ungleichverteilung weiter zu verschärfen, statt sie als eine zentrale Ursache der Finanz- und Wirtschaftskrise zu bekämpfen.
"Diese Form von Krisenmanagement bedeutet, Brandbeschleuniger ins Feuer sozialer Ungerechtigkeit zu gießen", sagte Arndt Dohmen, Chefarzt der Hochrheinklinik Bad Säckingen und Mitglied der bundesweiten Attac-Arbeitsgemeinschaft "Soziale Sicherungssysteme". "Mit ihren Steuern zahlen die Arbeitnehmer für die Beitragssenkung, die zur Hälfte den Arbeitgebern zugute kommt. Ab 2010, wenn die Krankenkassen dann Zusatzbeiträge erheben, müssen die Arbeitnehmer auch noch die fehlenden Beiträge der Arbeitgeber ausgleichen."
Mit dem im Januar verabschiedeten Konjunkturpaket hat die Große Koalition beschlossen, die Beiträge für die gesetzlichen Krankenversicherungen zum 1. Juli auf 14,9 Prozent zu senken. Die Vorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat vor wenigen Tagen bereits Zusatzbeiträge für die gesetzlich Versicherten im kommenden Jahr vorausgesagt. Während die regulären Kassenbeiträge je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden, müssen für die Zusatzbeiträge allein die Arbeitnehmer aufkommen. "Wenn die Bundesregierung nun versucht, die Beitragssenkung im Wahlkampf als soziale Wohltat zu verkaufen, verschleiert sie damit einen sozialpolitischen Skandal", sagte Jutta Sundermann vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.
Angesichts der finanziellen Lage der Krankenkassen bedeute die Beitragskürzung automatisch, dass die nächste Erhöhung von den Kassen ausgehen wird - in Form von Zusatzbeiträgen, für die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allein aufkommen müssen. Noch größer werde die soziale Ungerechtigkeit, falls die Zusatzbeträge bis zu acht Euro monatlich betragen, da sie bis zu dieser Summe einkommensunabhängig erhoben werden können. In diesem Fall würden arme Menschen auch noch überproportional stark belastet.
Jutta Sundermann: "Das Beispiel der Krankenkassenbeiträge zeigt deutlich, wie sich die Bundesregierung die Lastenverteilung zur Bewältigung der Krise vorstellt: Zahlen soll die Allgemeinheit. Wer wenig hat, wird besonders belastet – die Unternehmen werden bevorzugt." Attac fordert, den Gesundheitsfonds und die Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme zurückzunehmen und tritt stattdessen für eine solidarische Gesundheitsversicherung für alle Menschen ein.
Für Rückfragen:
- Jutta Sundermann, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0175-8666 769
- Dr. Arndt Dohmen, Attac-AG Soziale Sicherungssysteme, Tel. 07761-532 100 (Klinik)