Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS)
Analyse der deutschen Regierungsstrategie, verabschiedet am 04.12.2024
„Mit der NKWS will die Bundesregierung Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft werden und neue Maßstäbe für die Weiterentwicklung des EU-weiten Rahmens setzen.“ (NKWS S. 131)
Durch einen breiten Beteiligungsprozess aller Stakeholder aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden, Bundesländern etc. ist ein für die deutsches Regierungshandeln sehr umfassender und ambitionierter Plan entwickelt worden. Er enthält durchaus fortschrittliche Elemente, wie den Ausbau der Herstellerverantwortung auch in monetärer Hinsicht, digitale Produktpässe für den gesamten Lebenszyklus eines Produktes/Gewerkes oder eine (fiktive) Preisgestaltung unter Einbeziehung aller Kosten entlang des Lebenszyklus eines Rohstoffs/Produktes.
Auch die Auswirkung der Kreislaufwirtschaftsinitiativen auf den Globalen Süden ist an mehreren Stellen mitgedacht, wenn auch nicht mit konkreten Maßnahmen unterlegt worden.
Auch wenn die planetaren Grenzen sowie die Notwendigkeit der Vermeidung bzw. Reduktion von Primärrohstoffen betont werden, so ist die NKWS doch weiterhin geleitet vom Wachstumsgedanken, der konstitutiven Basis unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems. Dieses Wachstum soll in Zukunft grün gestaltet und vom Ressourcenverbrauch entkoppelt werden.
Insofern dient die NKWS trotz mancher positiver Ansätze doch wieder hauptsächlich der Absicherung dieses kapitalistischen Wachstums durch Sicherung von Rohstoffströmen und ist geprägt von einem klaren Eurozentrismus.
Im Folgenden findet sich eine detaillierte Analyse dieser Strategie der Bundesregierung (in schwarz die Aussagen der NKWS) und kritische Anmerkungen dazu aus der Zivilgesellschaft (in rot)
- Vorlagen/Vorgaben/Zusammenhänge
- Unterstützung/Übernahme des EU Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft (circular economy action plan CEAP ( CEAP1, CEAP2)
- Dieser ist kein Act/keine Regulation, der von den Mitgliedsstaaten übernommen werden muss, sondern ein politischer Plan – und damit leichter zu verändern von der neuen rechten Mehrheit im Europaparlament und der Europäischen Kommission
- Umsetzung der EU Ecodesign Regulation 2024
- Umsetzung der EU Directive „Right to Repair“
- Unterstützung der neuen EU Verpackungsverordnung (Inkrafttreten Anfang 2025)
- Verzahnung mit dem Critical Raw Material Act (CRMA) der EU
- Zur Kritik des CRMA siehe unseren Artikel (<<link>>)
- Unterstützung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, der Rohstoffstrategie und der Sicherheitsstrategie
- Ist zusammen mit Carbon Management Strategie (CMS) zentrale Säule des Klimaschutzes
- Zu den Details und einer Einschätzung dieser Strategie siehe unseren Artikel (<<link>>)
- Übergeordnete Ziele
- Zentraler Erfolgsfaktor für
- Netto-Treibhausgas-Neutralität bis 2045
- Schutz der Umwelt und Biodiversität
- Sicherung der Rohstoffversorgung, Verringerung der Abhängigkeit von kritischen Lieferanten und gefährdeten Lieferketten
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.: „Circularity made in Germany“
- Bietet große ökonomische Chance
- Steigerung der Bruttowertschöpfung
- Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze - Qualifizierungsoffensive für Fachkräfte
- Forschungs- und Entwicklungsprogramme für Innovationen in Technologie und Geschäftsmodellen werden staatlicherseits aufgesetzt bzw. unterstützt
- Diese Strategie muss in konkreten Rechtsvorschriften, z.B. Ressourcenschutzgesetz, münden (Netzwerk, S. 1) (BUND)
- „Für die einzelnen Handlungsfelder müssen jeweils quantifizierbare Ziele im Hinblick auf die 10 „R“ eingeführt werden“ (Ressourcenwende)
(INKOTA)
- Ziele für die Transformation
3.1 Leitbild: Primärrohstoffverbrauch senken
- Primärrohstoffverbrauch (abiotisch und biotisch) für Konsum und Investitionen pro Kopf und Jahr = „Rohstofffußabdruck“ (raw material consumption RMC) bis 2050 von 16 auf 6-8 Tonnen senken
- Konzept des Fußabdrucks wurde vom Ölkonzern BP entwickelt, um die Verantwortung weg von der Industrie auf die Individuen zu verlagern, individuelle Verhaltensänderungen sollen im Zentrum stehen und von systemischen Veränderungen ablenken
- Zwar spricht die NKWS von „Konsum und Investitionen“ – trotzdem hat der Begriff „Fußabdruck“ problematische Konnotation
- Die Wissenschaft sieht 5 Tonnen als nachhaltige Obergrenze (Powershift, S. 1)
- Es werden rohstoffspezifische Unterziele samt definierten Maßnahmen benötigt, außerdem braucht es konkrete Zwischenziele für 2030 und 2040
( Powershift , S. 1)
- Bei metallischen Rohstoffen sollte das Ziel 1,1 Tonnen sein (Powershift, S. 2)
è es ist ein neuer Indikator „total material consumption” TMC nötig, der den Ressourcenaufwand entlang des gesamten Lebenszyklus berücksichtigt, dafür muss eine entsprechende Datenbasis aufgebaut werden (Netzwerk, S. 2)
- Laut BUND fordert der Rat für Nachhaltige Entwicklung, der die Bundesregierung berät, die Reduktion auf 6 Tonnen/Person/Jahr gemessen in TMC = 85% Reduktion zum heutigen Verbrauch (BUND)
- Leitbild soll ab 2030 alle 5 Jahre unter Beteiligung der Wirtschaft evaluiert und ggf. angepasst werden
3.2 Stoffkreisläufe schließen
- EU-Ziel: Anteil der Sekundärrohstoff (Zirkularitätsrate, circular material use rate CMUR) bis 2030 verdoppeln, für Deutschland von aktuell 13% auf 26%
(INKOTA)
- ist nur die Mindestquote aus dem EU Aktionsplan und überhaupt nicht ambitioniert (Netzwerk, S. 2)
- Bei Massenmetallen Kupfer und Aluminium gibt es bereits heute deutlich höhere Recyclingraten – diese brauchen gesonderte höhere Raten (Powershift, S. 3)
- Rohstoffversorgungssicherheit und Rohstoffsouveränität erhöhen
- Verringerung der Abhängigkeit von bestimmten Rohstofflieferanten
- CRMA-Ziele sollen erreicht werden:
- 10% der strategischen Rohstoffe in der EU produziert
- 40% Wertschöpfung findet in der EU statt
- 25% der strategischen Rohstoffe in der EU recycelt
- 65% als Obergrenze für Bezug eines Rohstoffs aus einem einzigen Drittland
3.4 Abfälle vermeiden
- Pro-Kopf-Aufkommen an Siedlungsabfällen in Bezug auf 2020
- bis 2030 10% Senkung
- bis 2045 20% Senkung
- konkrete Maßnahmen und Ziele fehlen, v.a. bei Verpackungsabfall muss mehr reduziert werden
- Reduktionsziele für alle Abfallströme (Bau-, Abbruchabfälle) festlegen (Netzwerk, S. 3)
- Digitalisierung
- Schaffung von Plattformen und Product-as-a-Service-Ansätzen, Förderung von Sharing und Miete
- Digitaler Produktpass als zentrales Instrument der EU soll sukzessive in jeder Branche eingeführt werden
- Neue digitale Angebote für EndverbraucherInnen sollen zu allen Aspekten der circular economy wie z.B. langlebigem Konsum, Reparatur, Second-Hand-Nutzung geschaffen werden
- Qualifizierung
- Verankerung des technischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Knowhows über zirkuläres Wirtschaften in der kindlichen und schulischen Bildung, der Berufsausbildung, der Hochschul- und Erwachsenenbildung
- Anpassung von Lehrplänen, Entwicklung neuer Berufsprofile, berufsbegleitende Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote
- Ausbau und Vereinheitlichung der Informationen an die VerbraucherInnen über Abfallvermeidung und die Wichtigkeit der richtigen Abfallentsorgung
- Design von Produkten neu ausrichten
- Geringer Rohstoffeinsatz, Modularität, Langlebigkeit, Reparierbarkeit als Prinzipien des design for circularity