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CMS/CCS/CCU Ein Paradebeispiel für das falsche Spiel mit „technologieoffenen Lösungen“

Die im Mai 2024 verabschiedete Carbon Management Strategie CMS der Bundesregierung setzt darauf, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und entweder einzulagern (Carbon Capture and Storage CCS) oder als Rohstoff weiterzuverwenden (Carbon Capture and Utilization CCU).

Schauen wir uns die beiden Verfahren genauer an:

Für das CCS sind aktuell nur Lagerstätten unter dem Meeresboden vorgesehen, nachdem frühere Ansätze einer Speicherung auch an Land am Widerstand der Bevölkerung gescheitert sind.

CCS wird heute schon angewandt bei der Förderung von Erdöl und Erdgas: das abgeschiedene CO2 wird zur Druckerhöhung und damit besseren Förderung wieder in die Bohrfelder gepumpt. So wird noch mehr Öl und Gas gefördert, dessen Verbrennung nur neues CO2 freisetzt.

Für die Zukunft ist vorgesehen, das in der Produktion in Industriebetrieben und Kraftwerken anfallende CO2 mittels eines gigantischen Pipeline-Netzes und auch mithilfe von Zügen und Schiffen zu den ausgebeuteten Bohrfeldern zu transportieren und dort in die Hohlräume zu verpressen.

Dabei entstehen gleich eine ganze Handvoll von Problemen: schon beim ersten Schritt, dem Capture, also der Abscheidung des CO2, lassen sich keineswegs 100% des CO2 auffangen – 15% gehen als direkte Emissionen in die Atmosphäre. Außerdem benötigt dieser Abscheideprozess Energie und Wasser und es werden Chemikalien eingesetzt.

Auch auf dem oft langen Transportweg kommt es zu Verlusten durch Leckagen – von Havarien und Sabotage ganz zu schweigen. Es ist weiterhin keineswegs gesichert, dass die Lagerstätten unter See gasdicht sind – bei einer der beiden kommerziellen Lagerstätten Norwegens diffundierte das Gas in eine bis dahin unbekannte Gesteinsschicht. Ein Austritt des CO2 ins Meer würde zu einer Versauerung mit ungeahnten ökologischen Folgen führen. Die Lagerstätten unter See müssen also ständig überwacht werden, es braucht Sicherheitskonzepte, auch gegen vorsätzliche Angriffe. Es entsteht hier ein ähnliches Problemfeld wie beim Atommüll: die Verantwortung für heutiges Handeln wird über viele Jahrhunderte hinweg nachkommenden Generationen aufgebürdet.

Beim anderen Verfahren, CCU, wird das CO2 nicht final gelagert, sondern soll für die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen und chemischen Produkten wie Plastik oder Düngemitteln genutzt werden. In der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie NKWS der Bundesregierung steht CCU daher auch an prominenter Stelle als Möglichkeit der nicht-fossilen Deckung von Kohlenstoffbedarfen der Industrie.

Richtigerweise wird dort als erste Priorität bezüglich dieses Bedarfs eine Reduktion des Produktionsvolumens vor allem für Kunststoffe angeführt – was man an Rohstoffen nicht mehr braucht muss auch nirgends beschafft werden. Die dann noch benötigte Gewinnung von Kohlenstoff durch CCU sei, um wirklich „grün“ zu sein, auf erneuerbare Energie angewiesen - und ist damit ein weiterer Prozess, der um diese knappe und perspektivisch umkämpfte Ressource konkurrieren wird.

Die gravierendsten Probleme beider Verfahren liegen allerdings in der technischen Machbarkeit und in den Kosten. „Innerhalb von 50 Jahren wurden 83 Milliarden Euro weltweit in Technologien der Kohlenstoffabscheidung investiert – mit vernachlässigbaren Ergebnissen. … Ungefähr 80 % aller CCUS-Projekte scheitern.” Auch die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie der Bundesregierung gibt zu, dass es bisher keinerlei industrielle Großprojekte mit dieser Technologie gibt – es herrscht allenthalben das Prinzip Hoffnung.

Laut Weltklimarat sind CCS und CCU definitiv die teuersten alle Klimamaßnahmen. Die Vermeidung von CO2 und alle dafür notwendigen Investitionen z.B. in den Ausbau des ÖPNV, in die Gebäudeertüchtigung oder in die Umstellung von Landwirtschaft und damit Ernährung wären erheblich kostengünstiger als das Subventionieren dieser technischen Scheinlösung.

Man kann nicht umhin, CCS/CCU als ein Konzept der fossilen Industrie zur Beibehaltung ihres Geschäftsmodells vor allem im Gassektor zu bezeichnen - lässt sich das CO2 capturen muss man die Verbrennung von Gas auch nicht beenden. Obendrein eröffnen sich weitere Gewinnmöglichkeiten durch Aufbau und Betrieb der gewaltigen Infrastruktur und Lagerkapazitäten – je mehr CO2, desto mehr Profit.

Die Lobbyarbeit der entsprechenden Industrie ist gigantisch – Details finden sich in einem Artikel, der das „Industrial Carbon Management Forum“ auf EU-Ebene als „Europas Trojanisches Pferd der fossilen Industrie“ bezeichnet.

Wieder einmal wird uns eine technische Lösung als wahlweise „unumgänglich“ oder „Brückentechnologie“ verkauft, wo es doch in Wahrheit nur darum geht, möglichst wenig an den bestehenden desaströsen Prozessen zu verändern und die Profitrate möglichst hoch zu halten. Der Rest sind Nebelkerzen.

Weitere Detailinformationen in den facettenreichen Artikeln des Rundbriefs III/2024 des Forums Umwelt und Entwicklung und in einem Offenen Brief „Gemeinsam gegen den fossilen Irrweg. CCS-Gesetz stoppen. Echte Klimaschutzlösungen jetzt", den auch attac unterschrieben hat.