Positionen der wichtigsten Parteien zu TTIP, CETA & Co
Auf dieser Seite sammeln wir Zitate und Links zu Bruchlinien innerhalb verschiedener Parteien, die Ihr als Argumente in Euren Auseinandersetzungen mit Abgeordneten nutzen könnt.
SPD
Grundsätzliche Zustimmung zu TTIP & CETA, aber bestimmte Forderungen, deren Auslegung hart umkämpft ist. Zwischen den KritikerInnen an der SPD-Basis und den Bundespolitikern, allen voran Sigmar Gabriel, herrscht Tauziehen zwischen (angeblich bedingter) Zustimmung und konsequenter Ablehnung der Abkommen.
- Parteikonvents-Beschluss vom 20.9.2014.
Forderungen u.a.: keine Absenkung von Standards, keine Schiedsgerichte, keinen Regulierungsrat, keinen Privatisierungs- und Deregulierungszwang, Offenlegung aller Verhandlungspapiere, Kündigungsklausel etc. Dies formuliert der Beschluss leider nur als "Erwartungen". Diese werden das der EU-Kommission erteilte Verhandlungsmandat jedoch nicht abändern. Die einzig richtige Konsequenz aus dem Beschluss ist: TTIP, CETA & TiSA stoppen! - Auf dem SPD Bundesparteitag im Dezember 2015 wurden diese roten Linien erheblich aufgeweicht. Zahlreiche Landes-, Stadt- und Ortsverbände (hervorzuheben: Landesverbände Hessen, Bayern, Schleswig-Holstein und Bremen sowie die Städte München, Stuttgart(-Bottnang), Berlin, Mannheim oder Osnabrück) hatten insgesamt 68 ttip-kritische bis klar ablehnende Anträge eingebracht, die allesamt per Initiativantrag der Parteiführung einkassiert wurden. In der Beschlussdebatte unterlag ein kritischer Gegenantrag mit einem Stimmenanteil von 40 Prozent; doch immerhin konnte die SPD-Linke erreichen, dass bei vorliegenden Verhandlungsergebnissen ein SPD-Konvent und ein Parteitag erneut entscheiden, ob TTIP und CETA den SPD-Anforderungen entsprechen.
Noch am Tag vor der Beschlussdebatte wurde Parteichef Gabriel mit einem Wiederwahl-Ergebnis von nur rd. 74 Prozent erheblich abgestraft. - Die Parlamentarische Linke übt vorsichtige Kritik:
"TTIP und CETA müssen faire Handelsabkommen sein, das heißt sie müssen ihren Wert darin beweisen, dass sie zu Fortschritten beim Schutz von Arbeitnehmerrechten, dem Verbraucherschutz und nachhaltigem Wirtschaften im globalen Maßstab beitragen." - Auch das Forum Demokratische Linke hat diverse kritische Standpunkte veröffentlicht. Beispiel: "TTIP ist aus unserer jetzigen Sicht ein Staatsstreich globaler Konzerne gegen demokratisch legitimierte Politik" / Hilde Mattheis, MdB.
- Die SPD-Grundwertekommission untersucht im Papier "TTIP und die sozialdemokratischen Grundwerte - ein Konflikt?" TTIP sehr differenziert, benennt dabei viele kritische Punkte. Eine ihrer Warnungen (bzgl. Abschied vom multilaterialen System): "[...] ist das anvisierte Abkommen ein Signal, das dem Ziel einer gerechten und solidarischen Weltwirtschaftsordnung widerspricht." (S. 13)
Attac Kiel hat eine Übersicht der wichtigsten kritischen Textauszüge zusammengestellt. - Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) fordert den sofortigen Abbruch der Verhandlungen zu TTIP (und Neustart unter einem sozialen und ökologischen Mandat). Auch CETA dürfe nicht ratifiziert werden.
- Der Bundesvorstand der AG für Arbeitsnehmerfragen wendet sich u.a. gegen ISDS bei TTIP und CETA und rief mit zur Demo am 10.10.15 auf.
- Die Jusos kritisieren in vielen Äußerungen und Beschlüssen diverser Landesverbände Gabriels Kurs und haben zudem mit zur Demo am 10.10.15 mobilisiert.
- Carsten Sieling, SPD-Regierungschef des Bundeslandes Bremen, hält am „Nein“ zu den geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA in jetziger Form fest (28.11.15 Bundeskongress der Jusos).
- Mittelfrankens SPD-Führung fordert mit einstimmigem Vorstandsbeschluss am 12.5.2016 einen Verhandlungsstopp mit USA: „Wir plädieren dafür, die TTIP-Verhandlungen abzubrechen und zurück auf Start zu gehen.“
- SPD Schleswig-Holstein ruft am 26.05.2016 auf der Homepage des SDP UmWeltforums dazu auf, die Petition „SPD-Mitglieder gegen CETA & TTIP für eine ökologisch-soziale Handels- und Wirtschaftspolitik“ zu unterschreiben. Laut SDP UmWeltforum war die SPD Schleswig-Holstein allerdings immer auch besonders ökologisch ausgerichtet.
- Der ASJ NRW hat am 17.06.2016 gemeinsam mit dem Europaabgeordneten Professor Dr. Dietmar Köster CETA anhand der Roten Linien des SPD Parteikonvents geprüft. Ergebnis: Dem Parteikonventsbeschluss folgend müsste die Partei CETA ablehnen.
- Achim Post, Vorsitzender der Nordrhein-westfälischen SPD-Landesgruppe im Bundestag am 12.7.2016 in einem Hintergrundgespräch: „Aus meiner Sicht ist TTIP tot, das kommt weder vor noch nach der Bundestagswahl“. SPD-NRW stellt mehr als ein Viertel der Fraktion und diese Aussage entspricht wahrscheinlich der Mehrheitsmeinung der SPD. Gabriel gesteht ein, dass die Verhandlungen aufgrund der Blockadehaltung der Amerikaner stark ins Stocken geraten sind ("SPD-NRW beerdigt TTIP"). Er werde niemals dem Abkommen zustimmen, wenn es bei den intransparenten privaten Schiedsgerichten bleibe und es nicht mindestens den Standards entspreche, die gerade mit Kanada verabredet worden seien. In der SPD gilt offenbar TTIP als toxisch, CETA hingegen als gut, ein gefährlicher Trugschluss.
- Bernd Lange, SPD-MdEP und Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments, behauptet in seiner Synopse von Juli 2016, CETA erfülle alle 20 Kriterien (roten Linien), die die SPD gefordert hatte. Nur bei den Kriterien ArbeitnehmerInennrechte, Investitionsschutz und Positivliste/Negativliste/Daseinsvorsorge sei noch ein bisschen "Klarstellung und Präzisierung" nötig. Langes Vernebelungsversuch löst starke Kritik und eine Reihe kritischer Stellungnahmen aus, etwa vom Umweltforum der SPD Schleswig-Holstein oder vom Sprecher der Parlamentarischen Linken Matthias Miersch.
- Die SPD-Grundwertekommission veröffentlicht im September 2016 ein Positionspapier zu CETA, in der sie von der Zustimmung zum Vertrag und dessen vorläufiger Anwendung ausdrücklich abrät.
- Im Vorlauf des SPD-Sonder-Parteikonvents zu CETA am 19.9.16 in Wolfsburg kassiert der SPD-Parteivorstand eine lange Reihe kritischer Anträge mit einem im Kern CETA-zustimmenden Antrag ein. Diverse Abgeordnete rufen zur Ablehnung dieses Antrags auf. Laut Recherchen des ARD-Magazins “FAKT” seien bereits 90 (von 200) Delegierte gegen CETA eingestellt.
Attac und weitere Organisationen äußern ihre CETA-Kritik in einer Aktion beim Konvent.
Während des Konvents wurde der Leitantrag dann doch angenommen. Dies wurde u.a. möglich, indem Gabriel mit Matthias Miersch, dem Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD, einen wichtigen Kritiker einzubinden vermochte. Der Vorstand legte den Delegierten eine Ergänzung zum Leitantrag vor, die gemeinsam mit Miersch erarbeitet worden war. Attac kritisiert die Entscheidung scharf.
Die Einbindung der SPD-Linken beinhaltete die Erwartung, dass "rechtsverbindlich ... Punkte vereinbart werden, um CETA zustimmungsfähig zu machen" - dies beinhaltet etwa einen "ausführlichen Anhörungsprozess" im EP, die Forderung, den Investorenschutz auf Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren zu beschränken, den Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge oder die Ratifizierung aller acht ILO-Kernarbeitsnormen. Diese kritischen Punkte sind allerdings in der Folge nicht verwirklicht worden. - EP-Präsident Martin Schulze (SPD) vereinbart Ende November, CETA bereits Mitte Dezember im Parlament abstimmen zu lassen. Die "breite parlamentarische Debatte" wurde auf ein "lunch meeting" eingeschrumpft, zahlreiche Ausschüsse sollten sich gar nicht erst mit den Vertragstexten beschäftigen.
Nach massiven Protesten aus den Fraktionen und der Zivilgesellschaft wurde die Abstimmung schließlich auf Mitte Februar 2017 verschoben. Zudem wurde es den Fachausschüssen erlaubt (hart gerungen wurde um die Erlaubnis, dass die Ausschüsse für Umweltschutz und für ArbeitnehmerInnenfragen abstimmen dürfen), eine "opinion" (sehr kurze Stellungnahme i.S.v. Ja oder Nein) zur positiven Abstimmungsempfehlung des von Bernd Lange (SPD) geführten Handelsausschusses zu schreiben. - 15. Februar 2017: Im EU-Parlament wurde CETA verabschiedet. Von der SPD (27 Abgeordnete) enthielten sich drei; fünf Abgeordnete stimmten gegen CETA und damit gegen die Parteilinie: Evelyn Gebhardt, Maria Noichl, Joachim Schuster, Jutta Steinruck, Prof. Dr. Dietmar Köstner.
- 19. März 2017: Martin Schulz, vormaliger Präsident des Europäischen Parlaments sowie CETA-Befürworter, löst CETA-Befürworter Sigmar Gabriel als Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten der SPD ab.
- 25. Juni 2017: In ihrem Regierungsprogramm für die Bundestagswahl fordert die SPD eine "faire Handelspolitik" mit starken globalen Regeln und will "im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle ... alle Aspekte [von CETA] einer sorgfältigen Prüfung unterziehen".
Bündnis 90 / Die Grünen
Die Grünen lehnen in den Beschlüssen ihrer Bundesdelegiertenkonferenzen die vorliegenden TTIP- und CETA-Verhandlungen ab: "Die vom Rat beschlossenen Mandate für TTIP und TISA und CETA, sowie der vorliegende Vertragstext für CETA zeigen in die falsche Richtung, deshalb lehnen wir die Verhandlungsergebnisse ab. Wir brauchen eine andere Handelspolitik der EU." (BDK-Beschluss Hamburg 2014, bestätigt durch BDK Halle 2015)
Leider wird diese einigermaßen klare Ablehnung von den Regierungsbeteiligten der Grünen hintertrieben:
- Die grünen Wirtschaftsminister von Hessen und Rheinland-Pfalz, Tarek Al-Wazir und Eveline Lemke, haben sich im Rahmen der Länder-Wirtschaftsministerkonferenz für einen Handelsvertrag zwischen der EU und den USA ausgesprochen: „Die Ressortchefs stimmten [...] einstimmig für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA, machten jedoch Auflagen" (WELT 18.6.2015). Das Umweltinstitut München hakte nach - und stellte fest, dass Al-Wazirs und Lemkes Positionen auch bei Grünen-Parteifreunden für Verstimmung sorgen.
- Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, hintertreibt die Parteibeschlüsse noch deutlicher: "Die Landesregierung geht davon aus, dass das Abkommen auch für die exportorientierte Wirtschaft Baden-Württembergs substantielle Vorteile bringen wird" (Position Landesregierung Baden-Württemberg, 17.3.2015. Siehe auch taz-Artikel vom 18.3.15). Auch wenn das Papier diverse "rote Linien" enthält, steht die einleitende Pro-TTIP-Prosa in starkem Kontrast zu den Grünen-Parteibeschlüssen. Daran ändert auch der TTIP-Beirat nichts, der von der Landesregierung einberufen wurde und offensichtlich vor allem als Feigenblatt dient.
- Fraktionsbeschluss/Positionspapier „Nur fairer Handel ist freier Handel“ der Grünen Bundestagsfraktion vom 26.4.2016. Darin haben die Grünen skizziert, wie sie sich Handelspolitik vorstellen. Sie wollen eine gerechte und ökologisch nachhaltige Globalisierung. Die gebe es nur mit starken Regeln, die Umwelt, Beschäftigte und VerbraucherInnen schützt. TTIP, CETA und Co. täten genau das nicht. Handelspolitik müsse sich stattdessen an den folgenden drei Grundsätzen orientieren:
Fairer Handel bringt Wirtschaft, Umwelt und Soziales in Einklang.
Fairer Handel bringt Chancen für ärmere Länder.
Fairer Handel stärkt Menschenrechte überall. - 5. Februar 2017: Teile der Grünen instrumentalisieren Trump, um die kritische Linie ihrer Partei aufzuweichen: "Ein fairer Freihandel ist in Zeiten eines stärker werdenden Protektionismus, vor allem in den Vereinigten Staaten, wichtiger denn je", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). So hielten vor allem die Grünen in Baden-Württemberg es für falsch, CETA im Bundesrat zu blockieren. Grüne aus anderen Landesverbänden hingegen warnten vor einem Umfallen in der Frage.
- Bei der CETA-Abstimmung am 15. Februar 2017 im Europaparlament stimmen die 11 grünen Abgeordneten, mit einer Enthaltung, gegen CETA.
- Noch kann CETA im Bundesrat gestoppt werden. So haben sich die Grünen Fraktionen in diversen Landesregierungen gegen CETA ausgesprochen, etwa in Berlin, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt. Uneindeutig sind die Positionen der Grünen in Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg.
- 18. Juni 2017: In ihrem Parteiprogramm für die Bundestagswahl lehnen die Grünen TTIP, CETA, TiSA und JEFTA ab und fordern einen Neustart der Verhandlungen.
CSU
Laut Beschluss des Parteitages 2014 grundsätzliche Zustimmung zu TTIP, aber mit Einschränkungen. Gefordert werden: Transparenz der Verhandlungen, Sicherung von europäischen Qualitäts- und Schutzstandards, der kulturellen Vielfalt und der kommunalen Daseinsvorsorge sowie Schutz der nationalen Gesetzgebung vor internationalen Schiedsgerichten.
Nur einen Monat später weichte die Landesgruppe CSU diesen Beschluss im Rahmen ihrer Klausurtagung 2015 nochmal deutlich weiter auf. Dabei wurden vor allem die vermeintlichen Chancen für die exportorientierte bayerische Wirtschaft herausgestellt. Die im Parteitagsbeschluss aufgelisteten Forderungen seien größtenteils erfüllt, die Kritik an den Schiedsgerichten kein k.o.-Kriterium.
Die schrittweise gestiegene TTIP-Begeisterung der CSU ist umso bemerkenswerter, als dass sich gerade in Bayern besonders viele Kommunen, Städte und Kreise sowie eine Reihe von CSU-Abgeordneten (Josef Göppel MdB, Mechthilde Wittmann MdL) klar gegen TTIP und CETA positionieren.
CDU
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat das Positionspapier "Ja zu TTIP!" herausgegeben. Darin setzen sie sich klar für TTIP und CETA ein und versprechen, dass die Abkommen "Vorbildcharakter" haben würden: "Entgegen den teilweise geäußerten Befürchtungen bietet TTIP gerade die große Chance für Europa und die USA, unseren hohen westlichen Standards in Bereichen wie dem Umwelt-, Verbraucher- oder Arbeitnehmerschutz weltweit besser Geltung zu verschaffen."
Ähnliche Freihandelsprosa, wenn auch noch weniger detailliert, steht bereits im Parteitagsbeschluss 2014.
Die Linke
Die Partei Die Linke lehnt TTIP und CETA klar ab.
Piraten
Auch die Piratenpartei hat sich deutlich gegen TTIP und CETA positioniert.