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Wachstums-Enquete ohne weibliche Sachverständige erregt Protest

Attac-Kongress zum Thema berücksichtigt feministische Expertise

Mit einem öffentlichen Appell protestiert die interdisziplinäre "Forschungsgruppe starke Nachhaltigkeit und (Re)Produktivität", der auch mehrere Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates von Attac angehören, gegen die Besetzung der Enquete-Kommission zu Wachstum mit ausschließlich männlichen Sachverständigen. Dass der Bundestag ein 17-köpfiges Beratergremium einsetzt, ohne eine einzige Frau zu berufen, ist ein Skandal, der umgehend korrigiert werden muss. Wir unterstützen den Protest der Forschungsgruppe und veröffentlichen den Appell auf auf der Webseite der Attac-Arbeitsgruppe Gender. Dort kann der Appell auch unterzeichnet werden.

Es ist ungeheuerlich, dass eine Kommission zu einem Thema, das maßgeblich von kritischen Ökonominnen vorangebracht worden ist, auf deren Expertise verzichtet. So haben gerade feministische Wirtschaftswissenschaftlerinnen schon frühzeitig die einseitige
Bemessungsgrundlage des Bruttoinlandsprodukts (BIP) kritisiert, weil es etwa die unentgeltliche, meist von Frauen erbrachte Pflege- und Sorgeleistung nicht misst. Ohne diese Expertise ist eine Enquete-Kommission, die sich um eine Neudefinition des BIP bemüht, schlicht unvollständig. Zudem widerspricht die Besetzung der Kommission grundlegenden gesetzlichen Vorgaben zur Förderung der Gleichstellung. In Zeiten, in denen über eine Frauenquote in der Privatwirtschaft diskutiert wird, ist dies ein fatales Signal der Politik!

Unter den bisher 100 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Appells sind auch über akademische Kreise hinaus bekannte Personen wie etwa die Bielefelder Professorin Veronika Bennholdt-Thomsen, die Ehrenvorsitzende des BUND, Angelika Zahrnt, oder der Europaparlaments-Abgeordnete und Attac-Mitgründer Sven Giegold. Auch von anderer Seite regt sich Protest: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich bei den 4. Marburger Arbeitsgesprächen zusammengeschlossen haben, fordern in einem offenen Brief an den Bundestagspräsidenten ebenfalls eine Neubesetzung der Kommission.

Bei dem Attac-Kongress "Jenseits des Wachstums?! Ökologische Gerechtigkeit. Soziale Rechte. Gutes Leben", der vom 20. bis 22. Mai in Berlin stattfindet, werden wir nicht nur die Podien weitgehend geschlechterparitätisch besetzen, sondern auch feministische Perspektiven mit ins Zentrum rücken. Denn ohne eine Auseinandersetzung mit den Geschlechterverhältnissen ist Wachstumskritik nicht sinnvoll zu leisten.

Am Sonntag, den 6. Februar tritt die Enquete-Kommission zum ersten Mal nach ihrer Konstituierung zu einer Arbeitstagung zusammen.