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Steuerraub erlaubt, Aufklärung kriminell?

Der aktuelle Streit darum, ob der Staat eine illegal erstellte CD mit Steuerdaten kaufen dürfe, verschleiert das zugrundeliegende Versagen der Politik. Statt Steuerflüchtigen anhand zufälliger Hinweise hinterher zu jagen, müssen Steueroasen ausgetrocknet und wirksame Informationssysteme eingerichtet werden.

Derzeit bietet ein Informant den deutschen Steuerbehörden eine CD mit Schweizer Kontodaten mutmaßlicher deutscher Steuerflüchtlinge zum Kauf an. In Politik und Medien ist eine harte Debatte entbrannt, ob es legitim sei, für diese nach Gesetzeslage illegal zur Verfügung gestellten Informationen die geforderten 2,5 Millionen Euro zu bezahlen. Bereits vor zwei Jahren ermöglichte es ein ähnlicher Deal, Hunderten gutsituierter Steuersünder auf die Schliche zu kommen. Die Steuernachzahlungen und Strafen, die im Rahmen der "Liechtenstein-Affäre" eingetrieben werden konnten, sollen sich auf rund 110 Millionen Euro summieren. Von neuen Datensätzen verspricht man sich vergleichbare Fahndungserfolge.
 
Dennoch kann der lautstark ausgetragene Streit um den Kauf oder Nicht-Kauf dieser CD nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geheimdaten überhaupt nur infolge bitteren Politikversagens entstehen konnten. Der Vorgang beweist erneut, wie wirkungslos die geltenden Abkommen zur Bekämpfung der Steuerflucht auf Basis der OECD-Kriterien sind. Attac hatte die von den Regierungen gefeierten Regeln deswegen schon früh scharf kritisiert.

Es ist geradezu absurd, wenn die Behörden der USA durch das umstrittene Swift-Abkommen Zugriff auf sämtliche EU-Bankdaten erhalten, den europäischen Finanzbehörden jedoch riesige Summen unversteuerter Gelder verborgen bleiben. Die europäischen Regierungen sind offenbar im Standortwettbewerb verfangen. Lieber lassen sie schädliche Steuerflucht zu, als einen vermeintlichen Vorteil gegenüber Nachbarländern aufzugeben.

Jahr für Jahr verschenken die Staaten Europas viele Millionen Euro an Reiche und Superreiche. Zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und der Infrastruktur werden im Gegenzug immer mehr die Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen herangezogen. Nur Klientelpolitik und Wettbewerbsdenken können erklären, warum nicht längst ein automatischer Datenaustausch zwischen den Steuerbehörden der europäischen Länder vereinbart worden ist.

Zum heutigen Montag läuft außerdem das Verbot von Leerverkäufen an den Wertpapiermärkten aus. Attac kritisierte diese erneute Zulassung der krisentreibenden Wetten auf fallende Kurse scharf. Hier wird, anstatt aus der Krise zu lernen, schon die nächste vorbereitet.