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Mindestens zwei Schwerverletzte bei Polizeiübergriffen auf Blockupy-Demonstration

Großer und bunter Protestzug nach wenigen hundert Metern gestoppt

Die internationale Großdemonstration, die die Blockupy-Aktionstage am vergangenen Samstag vergleichbar bunt und kraftvoll wie im letzten Jahr abschließen sollte, begann zunächst sehr gelassen und kreativ. Ab 11 Uhr strömten Tausende auf den Baseler Platz, wo sie bei zur Auftaktkundgebung von zahlreichen Lautsprecherwagen mit Redebeiträgen und Kulturprogramm empfangen wurden.

Foto: Lars Hoff

In dem eindrucksvollen Demonstrationszug, der sich gegen 12 Uhr auf der Wilhelm-Leuschner-Straße Richtung Europäische Zentralbank in Bewegung setzte, waren viele Transparente, Fahnen, Großpuppen und Stelzenläufer zu sehen. Einige Teilnehmer_innen hielten Schilder mit Gefahrensymbolen und Slogans wie "Troika – Achtung, Lebensgefahr!" oder "Krisenpolitik – echt ätzend!" in die Höhe. Andere malten mit Kreide die Umrisse von "Krisenopfern" auf die Straße. Es hätte ein Fest für ein solidarisches und demokratisches Europa werden können.

Foto: Lars Hoff

Doch die Polizeiführung hatte andere Pläne. Statt den Straßenverkehr auf der vorgesehenen Demonstrationsroute regulieren zu lassen, zog sie zahlreiche Polizeieinheiten in Kampfmontur sowie Wasserwerfer und Räumpanzer auf der Höhe Untermainbrücke zusammen, um die Demonstration nach wenigen hundert Metern zu stoppen und die Spitze des Zugs gewaltsam von den nachfolgenden Teilnehmer_innen zu trennen und einzukesseln. Dabei setzte sie mehrfach Pfefferspray und Schlagstöcke ein und verletzte dabei Demonstrant_innen teilweise erheblich. Als Grund für ihre Angriffe wies ein Sprecher über Megafon darauf hin, einige Teilnehmer_innen hätten Gegenstände bei sich, die laut Demonstrationsauflagen nicht genehmigt seien. Was er damit meinte, bleibt vorerst das Geheimnis der Polizei – mögicherweise wurden aufgespannte Regenschirme als Vermummung ausgelegt.

Foto: Sami Atwa

Der Blockupy-Protest lässt sich nicht spalten

Nach der gewaltsamen Trennung des Demonstrationszugs machte die Polizeiführung den unverschämten Vorschlag, die Demo solle ohne die Eingekesselten fortgesetzt werden. Dagegen verwahrten sich die Teilnehmer_innen – als Zeichen ihrer Solidarität mit den Eingeschlossenen setzten sie sich im hinteren Teil des Zuges auf die Straße.

In den folgenden Verhandlungen lehnte die Wiesbadener Polizeiführung trotz weitgehender Angebote der Demokoordination jede Kooperation ab. Bis gegen 22 Uhr, also etwa neuneinhalb Stunden stand der Kessel in der Wilhelm-Leuschner-Straße, die dort Festgehaltenen wurden in einer endlosen Prozedur einzeln und teilweise mit verdrehten Armen und anderen Schmerzgriffen abgeführt. Auch hierbei setzten die ausnahmslos behelmten und teilweise mit Sturmhauben vermummten Polizisten immer wieder Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Einige Demonstrant_innen wurden ernsthaft verletzt – unter den Abgeführten waren mehrere mit blutigen Köpfen. Der Ermittlungsausschuss des Blockupy-Bündnisses meldet 200 Verletzte – bei unbekannter Dunkelziffer. Die Frankfurter Rundschau berichtet von mindestens zwei Schwerverletzten.

Foto: Lars Hoff

Exekutive unterläuft Urteil des Verwaltungsgerichtshofs

Die politische Verantwortung für die Verhinderung der vom Verwaltungsgerichtshof in Kassel genehmigten Demonstration liegt bei der Wiesbadener Polizeiführung. Die Eingekesselten hatten sich bereit erklärt, von der Polizei beanstandete Gegenstände zurückzulassen. Selbst ein Abweichen von der genehmigten Route hatte die Demo-Leitung unter Protest akzeptiert. Doch die Polizeileitung lehnte jede Deeskalation ab und bestand darauf, alle Eingekesselten Leibesvisitationen und Gepäckkontrollen zu unterziehen.

Das Blockupy-Bündnis geht von mindestens 20.000 Teilnehmer_innen aus. Die Angabe beruht auf visuellen Eindrücken. Wegen des gewaltsamen Polizeieinsatzes musste die Zählung abgebrochen werden.