Menü

Krisen-Missmanagement der G20

Am 2. April findet in London der sogenannte Weltfinanzgipfel statt. Doch die Krisenpolitik der 20 wirtschaftsstärksten Industrie- und Schwellenländer (G20) wird nicht greifen. Die geplanten Maßnahmen sind: zu wenig, zu oberflächlich und dazu noch falsch.

Obwohl die Krise die G20-Regierungen inzwischen zwingt, neue Töne bei der Regulierung der Finanzmärkte anzuschlagen, gehen die bisher geplanten Maßnahmen in zentralen Punkten in die falsche Richtung. Es reicht nicht aus, über die Vermeidung künftiger Krisen zu sprechen, wenn der Weltwirtschaft akut eine Depression droht. Zentrale Probleme werden offenkundig nicht angepackt. Für diese Vogel-Strauß-Politik sind auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mitverantwortlich.

Der am Sonntag öffentlich gewordene Entwurf der Abschlusserklärung des Londoner Gipfels umfasst 24 Maßnahmen zur Regulierung des Weltfinanzsystems. Zwar wird darin das Problem der Steueroasen und Hedgefonds auf internationaler Ebene angegangen, die bisherige Stoßrichtung ist aber völlig unzureichend. Ein wenig mehr Transparenz und Aufsicht reichen nicht aus, dafür sind Finanzmärkte zu dynamisch, die Gefahr der Bildung von Finanzblasen besteht weiter. Ziel muss es stattdessen sein, die Finanzmärkte drastisch zu schrumpfen. Dazu gehört unter anderem ein Ende von Steueroasen, Hedgefonds und Derivaten.

In dem Entwurf des gemeinsamen Kommuniqués bekennen sich die Staats- und Regierungschefs der G20 auch zum Prinzip des Freihandels und einem Abschluss der Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO. Doch gerade die Liberalisierungspolitik vieler G20-Regierungen in den vergangenen Jahren ist eine der wesentlichen Ursachen der globalen Ungleichgewichte und damit der Krisenanfälligkeit der Weltwirtschaft. Ein "Weiter so!" in Richtung Freihandel ist die falsche Medizin. Stattdessen müssen die laufenden Freihandelsverhandlungen gestoppt und Schritte zu einer regionalisierten Weltwirtschaft basierend auf Wechselseitigkeit eingeleitet werden. Um mehr Stabilität zu erreichen, müssen die globalen Ungleichgewichte zwischen Überschuss- und Defizitländern dauerhaft abgebaut werden, etwa mit Hilfe einer internationalen Ausgleichsbank (Clearing Union).

Daneben sind viele Punkte der geplanten Abschlusserklärung lediglich oberflächliche Absichtsbekundungen ohne konkrete Handlungsschritte. Die aktuelle Entwicklung der Weltwirtschaft ist aber derart dramatisch, dass die Regulierung der Weltwirtschaft auf ein völlig neues Fundament gestellt werden muss. Es reicht nicht, vor wettbewerbsbedingten Währungsabwertungen zu warnen - notwendig sind Schritte hin zu festen Wechselkursen in Verbindung mit einer neuen Weltreservewährung jenseits der Dollar-Hegemonie.

 Wir sind zuversichtlich, dass unsere Forderungen an den G20-Gipfel nicht ungehört verhallen. Der Druck aus der Bevölkerung wächst. Die Proteste am 28. März haben gezeigt, dass sich Menschen nun zur Wehr setzen. Auch die überwältigende Resonanz auf die von uns gefälschte Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" hat dazu beigetragen, Alternativen zu kommunizieren und die Lust auf Widerstand zu stärken.