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Jubilee South-Erklärung!

Zahlreiche nationale und internationale Organisationen und Netzwerke wenden sich in einem internationalen Aufruf an die Regierungen und Organisationen, die zur Katastrophenhilfe in Haiti aktiv geworden sind. Auch Attac hat die Petition unterschrieben. Sie formuliert den gemeinsamen Wunsch, dass die internationale Unterstützung in Achtung vor der Souveränität und Selbstbestimmung Haitis gewährt werde.

Hilferuf in Haiti. Foto: medico internationalHaiti blickt auf eine lange und schmerzhafte Geschichte von Kolonialisierung, internationaler Einmischung und finanzieller Abhängigkeiten zurück. Die dadurch entstandenen massiven wirtschaftlichen und sozialen Belastungen des Landes ermöglichten oder verstärkten das desaströse Ausmaß der erlittenen Naturkatastrophe. Hintergrundinformationen dazu finden sich unter anderem hier:

Vor diesem Hintergrund wurde die untenstehende internationale Petition veröffentlicht.

Für die aktive Unterstützung der notleidenden Bevölkerung in Haiti empfiehlt Attac, Spenden an unsere Mitgliedsorganisation medico international zu richten. Medico international arbeitet gemäß ihrem Selbstverständnis partnerschaftlich und basisdemokratisch mit den lokalen Hilfsorganisationen zusammen.

 

Internationale Petition von Jubilee South im Wortlaut (dt. Übersetzung)

 

Für ein freies und souveränes Haiti!

Internationale Petition

Gerichtet an die Regierungen und Organisationen, die sich in Montreal wegen der Katastrophe in Haiti versammelt haben

26. Januar

Die jüngste Tragödie in Haiti hat wegen ihrer zerstörerischen Kraft, ihrer ökologischen und sozialen Folgen und vor allem wegen des Verlustes an Menschenleben die Völker der ganzen Welt erschüttert. Leider sind Naturkatastrophen nichts Neues für dieses in der Karibik liegende Land, wie die Hurrikans Hanna und Ike aus dem Jahr 2008 es belegen.

Es ist auch nicht neu, dass die internationale Gemeinschaft Haiti Versprechungen über Zusammenarbeit und Hilfe macht. Wir, soziale Organisationen und Bewegungen, haben die Sorge, dass die internationale Antwort eventuell nicht auf der Basis der Achtung vor der Souveränität des Volkes von Haiti und in voller Übereinstimmung mit dessen Erfordernissen und Bitten erfolgen könnte.

Es ist an der Zeit, dass die Regierungen, die an der Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti (MINUSTAH) teilnehmen, die Vereinten Nationen und vor allem die Vereinigten Staaten, Kanada und Frankreich, ihre bislang in Haiti verfolgte falsche Politik grundlegend überprüfen.

Die Verwundbarkeit des Landes durch Naturkatastrophen - die zum großen Teil durch die Verwüstung der Umwelt, das Fehlen grundlegender Infrastruktureinrichtungen sowie die geringe Fähigkeit des Staates zu sozialer Maßnahmen verursacht wurde - hängt auch mit der Politik zusammen, die in der Vergangenheit die Souveränität des Volkes und seines Landes untergraben hat. Diese Politik hat eine historische, soziale, ökologische und kulturelle Schuld angehäuft, wofür zu großen Teilen diesen Ländern und Institutionen die Verantwortung aufgebürdet werden muss. Es ist dringend erforderlich, diese Schuld gegenüber dem Volk von Haiti zu begleichen, noch viel dringender jetzt angesichts der Lage, der es gegenüber steht.

In diesem Sinn lehnen wir die Militarisierung des Landes als unangemessene Antwort auf die jüngste Katastrophe ab und kritisieren die einseitige Maßnahme der Vereinigten Staaten, mehr als 10.000 Soldaten zu entsenden, um seine wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen durchzusetzen. zu schützen. Die Besetzung der letzten sechs Jahre durch ausländische Streitkräfte über den Umweg der MINUSTAH hat weder zur Stabilisierung noch zum Aufbau einer Infrastruktur oder zweckdienlicher öffentlicher Dienste wirklich beigetragen. Nichts weist darauf hin, dass ein Festhalten an dieser Politik ein wirksames Mittel für die Zukunft sein könnte.

Wir fordern von den Regierungen und internationalen Organisationen die sofortige und bedingungslose Annullierung der Auslandsschulden Haitis, deren Bedienung Millionen von Menschenleben belastet. Wir fordern ebenfalls, dass die für die Hilfe und den Wiederaufbau vorgesehenen Mittel nicht zu einer neuen Verschuldung führen. Wir fordern weiterhin, dass an der Hilfe keine Bedingungen oder andere Restriktionen verknüpft werden, die nichts mit ihr zu tun haben und die deren Zielsetzung beeinträchtigen würden, eine Praxis, die für internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank (BID), den Weltwährungsfonds (IWF) sowie für die so genannten "Geberländer" üblich geworden ist. Darüber hinaus lehnen wir es ab, dass die privaten multinationalen Unternehmen diese Tragödie dazu nutzen, um unter dem Mantel des Wiederaufbaus des Landes goldene Geschäfte zu machen, wie es im Irak passiert ist, oder dass sie die billigen Arbeitskräfte ausnutzen und die Naturschätze ausbeuten. Die Gesellschaft Haitis, ihre Organisationen, ihre sozialen Bewegungen und ihre staatlichen Vertreter müssen an erster Stelle die internationalen Bemühungen zum Wiederaufbau ihres Landes leiten.

Sie müssen die ersten sein, denen man zuhören und die man hören sollte, sie müssen die abschließende und souveräne Kontrolle über die Entscheidungen behalten, die ihr Schicksal betreffen. Das Volk von Haiti ist immer wieder aufgestanden, dank einer Willenskraft und einer beispielhaften Einstellung, die es zu dem ersten freien Volk Amerikas gemacht haben. Jede Zusammenarbeit kann nur dann wirksam sein, wenn sie dieses Engagement zur Kenntnis nimmt und auf die Beteiligung der gesamten Bevölkerung zählt.
 
Wir bleiben wachsam und verfolgen die Ereignisse in einem ständigen Dialog mit den Organisationen und Partnern in Haiti, um dafür zu sorgen, dass die internationale Zusammenarbeit auf solidarischer Grundlage erfolgt und um zu vermeiden, dass die Fehler der früher verfolgten Politik sich wiederholen.

Für ein freies und souveränes Haiti !


Übersetzung: Jürgen Janz /SiG-Redasktion