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Europäisches G20-Treffen: Falsche Medizin

Wesentliche Ergebnisse des gestrigen G20-Vorbereitungstreffens der europäischen Staats- und Regierungschef gehen in die völlig falsche Richtung. Das Ungleichgewicht der Weltwirtschaft wurde überhaupt nicht thematisiert.

Gestern trafen sich die europäischen Mitglieder der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) im Kanzleramt in Berlin, um sich für das kommende Gipfeltreffen am 2. April in London zu koordinieren. Die Verlautbarungen vorab gaben wenig Grund zur Hoffnung, aber damit viel Grund zu einer Protestaktion vor den Toren des Kanzleramts: Attac-Aktive veranschaulichten in einem medienwirksamen Straßentheater, wie sich die Regierungschefs mit allen Mitteln darum bemühen, den darniederliegenden Finanzmarktkapitalismus auf Teufel komm (wieder) raus zu retten. Aktionsbericht und Bilder siehe "Aktion zum Europäischen G20-Treffen".

Zentrale Absprachen des europäischen Treffens gehen tatsächlich in die völlig falsche Richtung. So ist geplant, den Internationalen Währungsfonds IWF und die Weltbank zu stärken, was soviel bedeutet wie den Brandstifter zum Feuerwehrmann zu befördern. Jahrzehnte lang haben IWF und Weltbank entgegen allen Warnungen die weltweite Deregulierung der Kapitalmärkte betrieben und damit die Finanzkrise maßgeblich mit herbeigeführt. Eine dem Allgemeinwohl dienende weltweite Finanzarchitektur ist von diesen Akteuren nicht zu erwarten. Ebenso wenig tauglich ist das vorgesehene Forum für Finanzstabilität, das um einige Schwellenländer erweitert werden soll, die armen Länder des Südens aber erneut außen vor lässt. Stattdessen ist eine internationale Finanzaufsicht nötig, unter dem Dach der UNO, die allen Ländern offen steht.

Dass die europäischen Staats- und Regierungschefs den Welthandel weiter öffnen und die gescheiterte Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation WTO wiederbeleben wollen, können die armen Länder des Südens getrost als Kampfansage verstehen: Sie sollen weiterhin unter einer fortschreitenden Liberalisierung und Deregulierung der Märkte leiden.

Mit dem Ansinnen, die Finanzmärkte und alle ihre Akteure lückenlos zu kontrollieren, hat dagegen eine zentrale Forderung von Attac Eingang in die Ergebnisse des Minigipfels gefunden. Konkrete Maßnahmen allerdings wurden nicht genannt. Dasselbe gilt für die angeblich angestrebte Begrenzung und Umstrukturierung der Managergehälter sowie das Vorhaben, den Steueroasen ein Ende zu bereiten, worauf Attac, das Internationale Netzwerk für Steuergerechtigkeit und andere zivilgesellschaftlichen Organisationen seit vielen Jahren drängen. Solange aber keine konkrete Maßnahmen genannt werden, bleibt der Verdacht, dass nur die Krise irgendwie bewältigt werden soll und danach die alten Akteure im Großen und Ganzen so weiter machen sollen wie bisher.

Die Beseitigung der enormen wirtschaftlichen Ungleichgewichte auf der Welt, die eine der Hauptursachen der weltweiten Finanzkrise sind, war dagegen überhaupt kein Thema. Auch von der Notwendigkeit, die Kosten der Rettungsmaßnahmen von denen zu holen, die massiv von den deregulierten Finanz- und Wirtschaftsmärkten profitiert haben, ist keine Rede gewesen. Anscheinend finden die europäischen Staats- und Regierungschefs es richtig, die Verluste zu sozialisieren.

"Wir zahlen nicht für eure Krise! Für eine solidarische Gesellschaft!". Unter diesem Motto mobilisiert Attac gemeinsam mit Bündnispartnern für den 28. März zu Demonstrationen in Berlin und Frankfurt am Main.