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Demo-Verbot beim G8-Gipfel in Heiligendamm war rechtswidrig

Kein Rechtsschutz gegen Behinderung von Grundrechten?

Attac begrüßt das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Schwerin, dass das Verbot des Sternmarsches gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007 rechtswidrig war. Wir sehen uns in unserer Auffassung bestätigt, dass mit dem Verbot unzulässig in das Grundrecht der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit eingegriffen wurde. Demonstrationsfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil von Demokratie – wo sie eingeschränkt wird, ist die Demokratie selbst eingeschränkt. Leider neigen die Regierenden nicht nur in arabischen Ländern dazu, sich protestierende Menschen vom Hals halten zu wollen.

So hat die Polizei ihre Rolle in Heiligendamm vor allem darin gesehen, die Demonstrationsfreiheit zu behindern und in letzter Konsequenz zu verhindern. Dabei ist es rechtlich gesehen gerade ihre Aufgabe, die demokratischen Grundrechte zu schützen und durchzusetzen – sei es in Heiligendamm oder in Stuttgart. Die offenen Lügen der Polizei über Bedrohungen, der rechtswidrige Einsatz der Bundeswehr im Innern und das Einschleusen von Provokateuren führten während der G8-Proteste zu einer so aufgeheizten Stimmung in der Öffentlichkeit, dass eine Verweigerung des Demonstrationsrechts selbst dem Bundesverfassungsgericht angemessen erschien. Eine solch undemokratische Stimmungsmache zu kritisieren und verhindern, ist auch ein wichtiger Teil der Wächterfunktion der Medien.

"Wieder einmal bekommen wir im Nachhinein Recht – aber die Versammlung konnte nicht stattfinden", stellte Ulrike Donat vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) fest, die die Kläger vor Gericht vertrat. Es bleibe dabei, dass polizeiliche "Gefahrenprognosen" praktisch nicht justiziabel seien: "Das VG Schwerin lehnte es ab, sich mit dem Wahrheitsgehalt der Polizeipropaganda zum Gefahrenpotenzial des Sternmarsches genauer zu beschäftigen", sagte Ulrike Donat. "Damit kann die Polizei auch in Zukunft ungestraft Gerichte manipulieren und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unterlaufen. In einem solchen Fall gibt es offenbar keinen wirksamen Rechtsschutz für die Bürger."

Die Polizei hatte den Protestzug zum Sicherheitszaun um den G8-Tagungsort in Heiligendamm untersagt. Dieses Verbot hob das
Verwaltungsgericht Schwerin im Mai 2007 zunächst auf, bevor das Bundesverfassungsgericht es in einem Eilverfahren wieder bestätigte. Im Hauptverfahren stellte das VG Schwerin nun erneut die Unrechtmäßigkeit des Verbots fest. Die Klage der Gipfel-Gegner gegen die überzogene Darstellung der Sicherheitslage durch die Polizei wurde aber abgewiesen, ebenso die Forderung nach Kostenerstattung für das Eilverfahren beim Verfassungsgericht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.