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Bedienzuschlag bei der Bahn: Ist sie schon verkauft?

Die Erhöhung der Fahrpreise um knapp 4 Prozent bedeutet einen Anstieg um insgesamt 20 Prozent seit 2004. Dazu noch die Gebühr von 2,50 Euro pro Strecke, die alle bestraft, die den Automaten nicht benutzen wollen - oder können. Steigende Gewinne = steigende Fahrpreise + Kundengängelei: Ist die Bahn schon verkauft?

! Aktualisierung 13.9. ! Der skandalöse Bedienzuschlag von 2,50 Euro je Strecke ist vom Tisch - zunächst. Immerhin war der Zuschlag zuvor im Aufsichtsrat auch von den Vertretern der Bundesregierung abgenickt worden. Trotz dieser im Ergebnis positiven Nachricht bleibt die Wurzel des Problems aber erhalten: dass es nach dem Börsengang mit Kurskorrekturen wie diesem vorbei sein wird. Private Investoren werden nach ihrem Einstieg auf vergleichbare Maßnahmen zum flächendeckenden Abbau von Service und von Arbeitsplätzen drängen. Mehdorn, dessen Ablösung nach einer aktuellen Umfrage der ARD 90 Prozent der BürgerInnen begrüßen würden, stellt hier den willigen Vollstrecker dar: immer der zukünftigen Dividende, nie dem Bürger oder Kunden verpflichtet.

Nein, noch gehört die Bahn uns. Und man könnte sich wundern, dass bei der DB AG kurz vor der Ziellinie Börsengang Ende Oktober noch derartig ungeschickt verfahren wird. Vor allem über den sogenannten Bedienzuschlag erregen sich über die Parteigrenzen hinweg Verbände und Politiker bis zum Verkehrsminister. Es wurde sogar schon eine kleine Nachbesserung erreicht: Inhabern von "Senioren-BahnCards" sowie Schwerbehinderten soll die Gebühr erlassen werden.
Dass dieses Zugeständnis nur kosmetisch ist, da zum Beispiel durchaus nicht alle Senioren BahnCard-Inhaber sind, wurde bereits erkannt und kritisiert. Dass Leistungen wie ein Platz im Kleinkindabteil oder Fahrradmitnahme überhaupt nur am Schalter gebucht werden können, wäre noch hinzuzufügen, und manches andere zu den Automaten, ihrer Bedienbarkeit und zu dem komplexen, kundenfeindlichen Preissystem überhaupt.

Das alles ist aber ein weitgehend normaler öffentlicher Diskurs. Es gibt jedoch ein Problem hinter dem Problem: Selbst wenn diese Preiserhöhung inklusive Bedienzuschlag vollständig zurückgenommen wird: es wird die letzte Debatte dieser Art gewesen sein.
Nach dem Börsengang haben die privaten Anteilseigner ein einklagbares Recht auf jede Maßnahme, die ihren Gewinn steigert und nicht gleichzeitig geltendes Recht verletzt. Einen Anspruch, dass die Bahn in irgendeiner Form ein öffentliches Interesse wahrnimmt gibt es dann nicht mehr. Ökologie, Familienfreundlichkeit, noch nicht einmal die Kernaufgabe: Beförderung von Personen und Gütern können dann vor irgendeiner Instanz eingefordert werden. Wenn die Bahn weniger Züge fahren möchte, wenn sie an der Sicherheit sparen möchte, kann sie das alles tun. Verpflichtet ist sie dann zu nichts mehr.

Verpflichtungen gibt es natürlich trotzdem noch: sie liegen dann beim Staat und somit beim Steuerzahler. Der muss zunächst die Schulden von 18 Milliarden Euro übernehmen, dazu die unternehmerischen Risiken. Und der Steuerzahler bezahlt Neubau und Instandhaltung des Schienennetzes. Gerade erst wurde bekannt, dass infolge des Mischbetriebs (in Frankreich und Japan fahren Hochgeschwindigkeitszüge weitgehend auf einem eigenen Streckennetz) die deutschen ICE-Strecke alle bereits nach 10 Jahren totalsaniert werden müssen. Allein auf der Strecke Köln-Frankfurt steht für 2009 eine halbjährige Vollsperrung an.

Wir fordern daher: Setzt den Börsengang sofort aus!

Die Bahn ist keine Ware. Sie dient der Daseinsvorsorge, ist Rückgrat eines ökologischen Verkehrssystems und gehört in Bürgerhand, nicht an die Börse!

Aktuell wird im Bündnis "Bahn für Alle" (an dem Attac maßgeblich beteiligt ist) die Forderung nach einem Moratorium diskutiert, dass von einem breiten Kreis von Verbänden und Einzelpersonen unterstützt werden kann. Wer sich informieren will, kann sich auf unsere Mailing-Liste eintragen, auf www.bahn-fuer-alle.de nachschauen oder eine E-Mail schreiben an info@bahn-fuer-alle.de.