Demokratie geschwächt, Konzernmacht gestärkt
Demokratie geschwächt, Konzernmacht gestärkt: Nach Attac, dem Demokratischen Zentrum Ludwigsburg, Campact und der antifaschistischen Vereinigung VVN-BDA ist nun auch der Kampagnenplattform Change.org die Gemeinnützigkeit aberkannt worden.
Das Finanzamt Berlin begründet die Aberkennung damit, dass Change.org den Start von Petitionen an Konzerne wie Nestlé, Amazon oder Shell nicht mit Gebühren belegt oder verhindert. Der gemeinnützige Vereinszweck "Förderung des demokratischen Staatswesens" decke nur Petitionen an staatliche Stellen ab, nicht aber an Unternehmen, lautete die hanebüchene Argumenation der Behörde.
"Das Engagement gegen die Macht von transnationalen Konzernen, die ganz real demokratische Gestaltungsspielräume einschränken, soll angeblich nicht gemeinnützig sein – Lobbying von Wirtschaftsverbänden à la Stiftung Familienunternehmen aber schon?", kritisiert Maria Wahle vom Attac-Koordinierungskreis. "Das verstärkt die Schieflage zwischen Konzernmacht und Zivilgesellschaft. Die Spielräume für kritisches bürgerschaftliches Engagement schrumpfen weiter."
Dirk Friedrichs, ebenfalls aktiv im Attac-Koordinierungskreis sagt weiter: "Erneut zeigt sich: Der Entzug der Gemeinnützigkeit von Attac war der Auftakt. Mit ihm ist ein Präzedenzfall geschaffen worden, der die ganze demokratische Zivilgesellschaft bedroht. Auch darum haben wir kürzlich Verfassungsbeschwerde eingereicht. "Das Frankfurter Finanzamt entzog Attac 2014 die Gemeinnützigkeit mit der Begründung, das Netzwerk sei zu politisch. Der Einsatz etwa für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Vermögensabgabe diene keinem gemeinnützigen Zweck. Einen ersten Prozess 2016 gewann Attac. Im Revisionsverfahren sprach der Bundesfinanzhof (BHF) Attac jedoch 2019 die Gemeinnützigkeit ab. In einem zweiten Urteil im Januar 2021 bestätigte der BFH diese Sicht. Gegen diese letztinstanzliche Entscheidung hat Attac am 26. Februar Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht.