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Wie dreckig ist der „grüne“ Wasserstoff?

Namibische Aktivist*innen kritisieren Global African Hydrogen Summit und geplantes Wasserstoff-Megaprojekt

Vom 3. bis 5. September lädt die namibische Regierung in Windhoek afrikanische Regierungen und europäische Partner – darunter die deutsche Bundesregierung – zu einem „Global African Hydrogen Summit“ ein. Die namibische Regierung erhofft sich eine neue Rolle Afrikas als Lieferant von „grünem Wasserstoff“ für die Energiewende in Europa. Für die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung spielt Namibia eine bedeutende Rolle.

Bereits 2030 soll das Großprojekt „Hyphen“ zur Herstellung von grünem Wasserstoff im äußersten Süden Namibias nahe der Stadt Lüderitz 350.000 Tonnen Wasserstoff bzw. 2 Millionen Tonnen Ammoniak produzieren, hergestellt aus regenerativer Energie von Wind und Sonne. Getragen wird das Vorhaben von der deutschen Firma Enertrag und dem britischen Projektmanagement-Unternehmen Nicholas Holding. Lieferverträge mit dem deutschen Energieversorger RWE bestehen bereits. Neben dem Hyphen-Projekt werden aktuell weitere Projekte unter Beteiligung der deutschen und anderer europäischer Regierungen realisiert.

Von Seiten der namibischen Zivilgesellschaft gibt es massive Kritik - insbesondere an dem geplanten „Hyphen“-Projekt. Der Vergabeprozess ist von Intransparenz und fehlender demokratischer Beteiligung gekennzeichnet. Schon jetzt werden die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen missachtet und zukünftig werden massive Umweltschäden erwartet. An Orten, an denen deutsche Kolonialsoldaten vor über 100 Jahren einen Völkermord an den OvaHerero und Nama verübten, soll nun die Infrastruktur zur grünen Wasserstoffproduktion aufgebaut werden.

Paul Thomas, Sprecher der Nama Traditional Leaders Association (NTLA), erklärte am heutigen Montag vor Journalist*innen: „Anstatt sich mit der grundlegenden Frage einer Wiedergutmachung für den von Deutschland an den Nama und Ovaherero begangenen Völkermord zu befassen, nutzt Deutschland erneut seine privilegierte Stellung, um Ressourcen aus demselben Land zu gewinnen, das es dem Volk der Nama gewaltsam und in unrechtmäßiger Weise geraubt hat. Der Geist, der die Kolonialherr*innen dazu brachte, Länder für die Kolonialisierung ausfindig zu machen, ist derselbe, der die ehemalige Kolonialmacht heute antreibt, um den Energiebedarf der deutschen Bevölkerung zu decken. Die Geschichte wiederholt sich durch ausbeuterischen Kolonialismus, der als umweltfreundlich dargestellt wird, um der Öffentlichkeit die Vorstellung schmackhaft zu machen - doch für uns, die wir die generationsübergreifenden Auswirkungen der Landenteignung spüren, ist und bleibt es Greenwashing.“

Tjipura Unaune Tjipura von der Organisation Social Economic Justice Trust (ESJT) betonte: „Es gibt viele Warnsignale hinsichtlich des Hyphen-Projekts! Der Mangel an Nachvollziehbarkeit und Transparenz von Projektbeginn an ist besorgniserregend. Die namibische Regierung hat bei der Vergabe von Hyphen - die größte Ausschreibung in der Geschichte Namibias - weder eine Offenlegung noch eine Sorgfaltsprüfung durchgeführt. Keine Vereinbarung zwischen zwei souveränen Ländern oder zwischen einer Regierung und einem privaten Unternehmen darf geheim gehalten werden, wenn öffentliche Gelder, Ressourcen und Interessen im Spiel sind.“

Auch Jimmy Areseb, Aktivist für Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Gemeinschaft, ergänzte: „Ich bin sehr besorgt über die Wasserfrage: In unserer Region wird für das Daures Green Hydrogen Project derzeit Wasser aus Bohrlöchern verwendet, und es besteht die Sorge, dass solche Praktiken, die bereits unter Wasserdruck stehenden unterirdischen Grundwasserleiter beeinträchtigen werden.  Und im Falle des Hyphen-Projekts bestehen große Bedenken hinsichtlich der grundlegenden Umweltauswirkungen und des Schutzes des kulturellen Erbes. Uns fehlen die Kontrollen und Abwägungen, die vor dem Start eines solchen neuen Großprojekts durchgeführt werden müssen.“

Die unterzeichnenden Organisationen unterstützen die Kritik aus der namibischen Zivilgesellschaft und werden sich dafür einsetzen, dass Energieprojekte mit Namibia Umweltschäden vermeiden, die Rechte aller Bevölkerungsgruppen achten und zuallererst der Energiesicherung der namibischen Bevölkerung dienen.


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Wie dreckig ist der „grüne“ Wasserstoff?

Namibische Aktivist*innen kritisieren Global African Hydrogen Summit und geplantes Wasserstoff-Megaprojekt

Vom 3. bis 5. September lädt die namibische Regierung in Windhoek afrikanische Regierungen und europäische Partner – darunter die deutsche Bundesregierung – zu einem „Global African Hydrogen Summit“ ein. Die namibische Regierung erhofft sich eine neue Rolle Afrikas als Lieferant von „grünem Wasserstoff“ für die Energiewende in Europa. Für die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung spielt Namibia eine bedeutende Rolle.

Bereits 2030 soll das Großprojekt „Hyphen“ zur Herstellung von grünem Wasserstoff im äußersten Süden Namibias nahe der Stadt Lüderitz 350.000 Tonnen Wasserstoff bzw. 2 Millionen Tonnen Ammoniak produzieren, hergestellt aus regenerativer Energie von Wind und Sonne. Getragen wird das Vorhaben von der deutschen Firma Enertrag und dem britischen Projektmanagement-Unternehmen Nicholas Holding. Lieferverträge mit dem deutschen Energieversorger RWE bestehen bereits. Neben dem Hyphen-Projekt werden aktuell weitere Projekte unter Beteiligung der deutschen und anderer europäischer Regierungen realisiert.

Von Seiten der namibischen Zivilgesellschaft gibt es massive Kritik - insbesondere an dem geplanten „Hyphen“-Projekt. Der Vergabeprozess ist von Intransparenz und fehlender demokratischer Beteiligung gekennzeichnet. Schon jetzt werden die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen missachtet und zukünftig werden massive Umweltschäden erwartet. An Orten, an denen deutsche Kolonialsoldaten vor über 100 Jahren einen Völkermord an den OvaHerero und Nama verübten, soll nun die Infrastruktur zur grünen Wasserstoffproduktion aufgebaut werden.

Paul Thomas, Sprecher der Nama Traditional Leaders Association (NTLA), erklärte am heutigen Montag vor Journalist*innen: „Anstatt sich mit der grundlegenden Frage einer Wiedergutmachung für den von Deutschland an den Nama und Ovaherero begangenen Völkermord zu befassen, nutzt Deutschland erneut seine privilegierte Stellung, um Ressourcen aus demselben Land zu gewinnen, das es dem Volk der Nama gewaltsam und in unrechtmäßiger Weise geraubt hat. Der Geist, der die Kolonialherr*innen dazu brachte, Länder für die Kolonialisierung ausfindig zu machen, ist derselbe, der die ehemalige Kolonialmacht heute antreibt, um den Energiebedarf der deutschen Bevölkerung zu decken. Die Geschichte wiederholt sich durch ausbeuterischen Kolonialismus, der als umweltfreundlich dargestellt wird, um der Öffentlichkeit die Vorstellung schmackhaft zu machen - doch für uns, die wir die generationsübergreifenden Auswirkungen der Landenteignung spüren, ist und bleibt es Greenwashing.“

Tjipura Unaune Tjipura von der Organisation Social Economic Justice Trust (ESJT) betonte: „Es gibt viele Warnsignale hinsichtlich des Hyphen-Projekts! Der Mangel an Nachvollziehbarkeit und Transparenz von Projektbeginn an ist besorgniserregend. Die namibische Regierung hat bei der Vergabe von Hyphen - die größte Ausschreibung in der Geschichte Namibias - weder eine Offenlegung noch eine Sorgfaltsprüfung durchgeführt. Keine Vereinbarung zwischen zwei souveränen Ländern oder zwischen einer Regierung und einem privaten Unternehmen darf geheim gehalten werden, wenn öffentliche Gelder, Ressourcen und Interessen im Spiel sind.“

Auch Jimmy Areseb, Aktivist für Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Gemeinschaft, ergänzte: „Ich bin sehr besorgt über die Wasserfrage: In unserer Region wird für das Daures Green Hydrogen Project derzeit Wasser aus Bohrlöchern verwendet, und es besteht die Sorge, dass solche Praktiken, die bereits unter Wasserdruck stehenden unterirdischen Grundwasserleiter beeinträchtigen werden.  Und im Falle des Hyphen-Projekts bestehen große Bedenken hinsichtlich der grundlegenden Umweltauswirkungen und des Schutzes des kulturellen Erbes. Uns fehlen die Kontrollen und Abwägungen, die vor dem Start eines solchen neuen Großprojekts durchgeführt werden müssen.“

Die unterzeichnenden Organisationen unterstützen die Kritik aus der namibischen Zivilgesellschaft und werden sich dafür einsetzen, dass Energieprojekte mit Namibia Umweltschäden vermeiden, die Rechte aller Bevölkerungsgruppen achten und zuallererst der Energiesicherung der namibischen Bevölkerung dienen.