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Von Griechenland über Frankfurt nach Europa:
 Gerechtigkeit und Demokratie statt Spardiktate!


Das Ergebnis der Wahl in Griechenland am 25. Januar 2015 war ein politisches Erdbeben für die EU: Der bisherigen Krisenpolitik wurde in Athen eine radikale Absage erteilt. Die neue Syriza-Regierung unter Alexis Tsipras will sich dem Spardiktat der Troika verweigern und stattdessen mit "echten Reformen" das Land modernisieren.
Seit Januar weht ein frischer politischer Wind durch Europa. Was jetzt in Athen geschieht hat weitreichende Auswirkungen nicht nur auf die Wahlchancen linker Parteien in Spanien und Portugal im Herbst, sondern auf die gesamte EU - denn in allen Mitgliedsstaaten leiden Millionen seit Jahren unter brutalen, unsozialen "Reformen"!
Die neue griechische Regierung verdient unsere (kritische) Solidarität, ebenso wie „Podemos“ in Spanien und „Juntos Podemos“ in Portugal. Damit es zu einem echten Politikwechsel nicht nur in Griechenland, sondern in der ganzen EU kommt, braucht es aber auch eine starke außerparlamentarische soziale Bewegung!

Wer ist Syriza?


Die Partei ging im Mai 2012 aus dem bis dahin existierenden loseren Wahlbündnis gleichen Namens hervor, besitzt jedoch noch immer einen gewissen Bewegungscharakter, ist also in sich heterogen. Ihr prominentester Vertreter ist der 40-jährige Bauingenieur Alexis Tsipras. Bei den Parlamentswahlen im Juni 2012 erhielt die Partei fast 27 Prozent der Stimmen und verpasste damit nur knapp den Wahlsieg, bei den Europawahlen im Mai 2014 wurde sie mit 26,6 Prozent stärkste Kraft. Bei den Neuwahlen am 25. Januar 2015 gewann SYRIZA mit 36,5 Prozent und verpasste mit 149 von 300 Sitzen nur knapp die absolute Mehrheit. Zur kontrovers diskutierten Koalition mit der rechtspopulistischen ANEL hier ein Kommentar.

Syriza will die von der Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Kommission erzwungenen "Reformen" der letzten Jahre rückgängig machen. Diese liefen im Kern auf Entlassungen, Lohn- und Rentensenkungen, Steuererhöhungen für die breite Bevölkerung und Privatisierungen hinaus und haben das Land wirtschaftlich ruiniert und zahllose Menschen ins Elend gestürzt. Außerdem will die neue Regierung die massive Steuerflucht und -vermeidung im Land bekämpfen und strebt einen Schuldenaudit und Verhandlungen mit dem Ziel einer Schuldenstreichung an, wozu bereits eine "Schulden-Wahrheitskommission" eingerichtet wurde . Im September 2014 formulierte Tsipras ein "Kompaktprogramm".

Tatsächlich wurden zuvor entlassene Lehrer_innen wieder eingestellt, Privatisierungen gestoppt, Zwangsräumungen erschwert, der kostenlose Zugang zu Medikamenten ermöglicht, die Polizei abgerüstet, Kinder von Einwanderern eingebürgert und eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns angekündigt. Doch trotz dieser vielversprechenden ersten Schritte stehen die wahren Prüfungen für Tsipras und Co. wohl erst bevor.

Das Programm von Syriza ist sicher nicht "antieuropäisch", wie bisweilen suggeriert wird, steht jedoch in deutlichem Gegensatz zur in der Europäischen Union bis dato dominanten Sparpolitik, zu Entsolidarisierung und Entdemokratisierung.
 Aus diesem Grund wird die neue griechische Regierung derzeit von vielen europäischen - und ganz besonders deutschen - Politiker_innen und Medien heftig bekämpft. Aber sie erhält auch Unterstützung, z.B. durch den gewerkschaftlichen Aufruf "Griechenland nach der Wahl - keine Gefahr, sondern eine Chance für Europa"

Bereits vor der Wahl warb Alexis Tsipras in einem offenen Brief an die Leser_innen des Handelsblatts um Verständnis. Seitdem wird zwischen Athen und Brüssel verbissen gepokert, dabei wird von beiden Seiten gedroht und geblufft - ständig mit der Möglichkeit eines Staatsbankrotts und Euroaustritts ("Grexit") vor Augen. Wieviel von ihrem Programm Syriza unter diesen Bedingungen umsetzen kann, ist somit die große offene Frage. Zum ersten Mal besteht jedoch eine reelle Chance, dass das Land mit einer neuen Politik die Abwärtsspirale aus Kürzungen, Rezession, Arbeitslosigkeit und weiter steigenden Schulden verlassen kann. Ein Kurswechsel in Athen dürfte Auswirkungen weit über Griechenland hinaus haben: Er wird mit Sicherheit eine breite Debatte über alternative Krisenpolitik auslösen und könnte der Startschuss zu einem tiefgreifenden Politikwechsel in der EU sein.

Europaweite Anti-Austeritäts-Proteste
Ob es dazu kommt, hängt ganz wesentlich von den Bürger_innen Europas ab: Je mehr Menschen sich jetzt solidarisch mit der griechischen Linken zeigen, desto größer wird deren politischer Spielraum. Und desto wahrscheinlicher wird auch ein Umsteuern in der EU-Politik und damit die Chance, die seit Jahren anhaltende Dauerkrise hinter uns zu lassen, die den Kontinent zu zerreißen droht.

Am 31. Januar sind Hunderttausende in Madrid dem Aufruf der neuen Linkspartei Podemos gefolgt und haben für einen radikalen Kurswechsel demonstriert. Im Februar gab es europaweit Aktionstage in Solidarität mit den Menschen in Griechenland. Und am 18. März haben zehntausende Menschen aus ganz Europa bei den internationalen Blockupy-Protesten in Frankfurt/ Main zur Eröffnung der neuen EZB deutlich gemacht, dass sie ein Ende der Troika-Verarmungspolitik wollen.

In zahlreichen Städten im In- und Ausland werden momentan Veranstaltungen zu Blockupy, Griechenland und europäischer Krisenpolitik organisiert. Die PG Eurokrise kann bei der Vorbereitung unterstützen und bei Bedarf Referent_innen vermitteln.

Film: Wer rettet wen?
Am 11. Februar 2015 war europaweite Premiere des Films "Wer rettet wen?" über die bisherige "Rettungspolitik", ihre Gewinner und Verlierer - und über mögliche Alternativen. Der Film von Leslie Franke und Herdolor Lorenz ("Kernfilm") wurde komplett mittels Crowdfunding finanziert und auch die Vorführungen wurden dezentral von zahlreichen Gruppen (u.a. attac) und Einzelpersonen organisiert. Inzwischen haben zehntausende Menschen im In- und Ausland den Film gesehen. Das hat die öffentliche Debatte weiter befeuert, weshalb die PG Eurokrise dazu aufruft, als Gruppe oder Einzelperson weiterhin zu seiner Verbreitung beizutragen! Auf der Seite „Materialien“ findet sich ein Flugblatt zum Film. Infos sowie weitere geplante Vorführungen finden sich auf der Film-Homepage: "Wer rettet wen?"

Die zunehmenden Proteste (WSF-Aufruf - Aufruf der griechischen Bewegungen) und die diesjährigen Parlamentswahlen in Griechenland, Spanien und Portugal können zu einem Wendepunkt werden hin zu einer sozialen, demokratischen Neugestaltung der gesamten EU.
 Es gibt Alternativen zu ihrer „Alternativlosigkeit“ - kämpfen wir gemeinsam für die Verwirklichung einer gerechten "europäischen Idee" für alle Menschen!


(Stand: April 2015)

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