Warum Banken eine Zentralbank brauchen
Im Beitrag Wie entsteht Geld? wir gezeigt, wie das Geld auf das Konto von Max kommt, der ein Haus kaufen möchte und dafür einen Kredit aufnimmt. Aber wie kommt das Geld zur Hausverkäuferin Erika? Hat Erika ihr Konto bei derselben Bank, wird der Betrag einfach von seinem Konto auf ihres umgebucht. Das Konto von Max wird belastet und Erika erhält den Betrag auf ihrem Konto gutgeschrieben. Hat Erika ihr Konto bei einer anderen Bank, dann stellt sich die Frage, wie Max' Geld zu Erikas Bank und auf ihr Konto kommt. Dazu brauchen die Banken eine Bank, die Zentralbank als Bank der Banken, und ein Zahlungsmittel, die Reserven. Obendrein benötigen die Banken Verträge mit ihren Kunden, die regeln, wie das Geld bewegt und „gebucht“ wird.
Girovertrag und Zahlungsverkehr
Technisch gesprochen sind Max' und Erikas Einlagen nichts als Merkposten, wer wem was aus dem Girovertrag schuldet. Bank und Kundin schließen einen Vertrag, der die beiderseitigen Rechte und Pflichten regelt, den Girovertrag, mit dem das Konto eröffnet und nach dem das Konto geführt wird. Der Stand eines Girokontos ändert sich bei Bankengeldbewegungen: Kredite, bare und unbare Einzahlungen, Überweisungen, Kartenzahlungen und Abhebungen. Der Girovertrag erlaubt es, Geld rein „elektronisch“ zu bewegen, in der Form von Überweisungen auf andere Konten, oder „elektronisch und physisch“ per Abhebung mit Karte am Geldautomaten. Der Kontoauszug ist der Beleg dafür und bildet alle Zahlungsvorgänge ab.
Wie transferiert eine Bank Geld zu einer anderen Bank?
Der übliche sichere Weg geht über die Zentralbank (siehe Abbildung). Banken haben, wie wir auch, Bankkonten, und zwar bei der Zentralbank. Sie brauchen dort ein ausreichendes Guthaben (oder einen Überziehungskredit), um sicherzustellen, dass alle Zahlungen gedeckt sind. Banken müssen für ihre Zahlungen an andere Banken auf ihren Konten bei der Zentralbank ausreichende Reserveguthaben halten.
Geldtransfers sind nichts als Datenverarbeitung und Telekommunikation nach strikten Standards
Max weist nun seine Hausbank an, Erika 250.000 € zu überweisen. Die Hausbank belastet das Konto von Max mit diesem Betrag. Zugleich beauftragt sie die Zentralbank, 250.000 € von ihrem Zentralbankkonto auf das Zentralbankkonto von Erikas Sparkasse zu übertragen. Die Sparkasse schreibt nach Eingang den Betrag auf Erikas Konto gut. Für Max' Bank ergibt diese Überweisung eine Bilanzverkürzung, eine Aktiv-Passiv-Minderung. Sprich: Sie reduziert ihre Passiva durch Streichung von 250.000 € von Max' Konto und reduziert zugleich ihre Aktiva durch die Überweisung der 250.000 € Reserven an die Sparkasse. Beide Seiten der Bilanz sind dadurch um denselben Betrag gemindert.
Für Erikas Sparkasse erhöht sich die Aktivseite um 250.000 € an Reserven, und ihre Passivseite durch die Gutbuchung auf ihr Girokonto (Bilanzverlängerung). Für die Zentralbank ändert sich die Bilanz nicht. Bei ihr liegt ein Passivtausch vor. Sie erfüllt ihre Verpflichtung gegenüber Max' Bank, indem sie deren Zentralbankkonto belastet und Erikas Sparkasse denselben Betrag auf deren Reservekonto gutschreibt. Die Überweisung zwischen Banken erfolgt auf den Zentralbankkonten genauso wie eine Umbuchung zwischen zwei Kundenkonten einer Bank.
Bankkunden können Bankengeld nicht real besitzen, weil es nur als Eintrag in einem Buchungssystem existiert. Genauso wenig können Banken die Zentralbankreserven real besitzen, weil auch diese nur als Eintrag in einem Buchungssystem existieren. Sie können jedoch neue Reserven von der Zentralbank gegen Stellung von Sicherheiten mit einem Kredit aufnehmen. Banken erhalten diesen bei ihrer Zentralbank wie die Kundin bei ihrer Bank. Die Zentralbank bucht einen Vermögenswert, die Forderung aus einem Kreditvertrag, und ist verpflichtet, der Bank auf ihrem Zentralbankkonto den entsprechenden Reservebetrag gutzuschreiben. Genauso wie die Bankkundin Bargeld abheben kann, kann die Bank sich diese Reserven auch als Bargeld auszahlen lassen, um damit ihre Geldausgabeautomaten zu bestücken.
Interbankenzahlungsverkehr
Während des Tages fließen die Reserven über die Zentralbankkonten hin und her, entsprechend den Überweisungen der Bankkunden. Da sich dadurch die Konten immer wieder ausgleichen, können die Beträge auf den Zentralbankkonten viel niedriger sein als die Summe der Überweisungen. Es werden dadurch viel weniger Reserven benötigt als Bankengeld existiert.
Bargeld
Das Geld der Zentralbank existiert aber nicht nur in Form der Reserven auf einem Buchungssystem; die Zentralbank gibt auch ihr Geld in Form von Bargeld aus.
Banken können bei der Zentralbank Reserven gegen Bargeld tauschen und anschließen über Geldautomaten ihren Kunden zu Verfügung stellen.
Und wenn ihr noch mehr darüber erfahren wollt, wie Geld heute funktioniert, dann besorgt euch den Attac-Basistext 58, aus dem die Texte hier entnommen sind.