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Hintergrundpapier zum Bankenaktionstag 29.9.2010

Einleitung

Auch im September 2010, mehr als drei Jahre nach ihrem Ausbruch, ist die Finanzkriselängst noch nicht ausgestanden. Die Folgen des globalen Wirtschaftseinbruchs im letztenJahr werden noch lange zu spüren sein. Schätzungen zufolge sind durch die Krise 50-100Millionen Menschen in extreme Armut gestürzt worden, die Arbeitslosigkeit hat um rund 30Millionen Menschen zugenommen. Weltweit haben die Rettungspakete dieStaatsverschuldung stark ansteigen lassen. In Deutschland hat allein der SicherungsfondsSoFFin schon fast 30 Milliarden Euro Kapitalhilfen und 150 Milliarden Garantien gegeben,die Länder haben auch viele Milliarden in die Landesbanken stecken müssen – Geld, dasandernorts eingespart werden muss.Zwar ist vielerorts vom Aufschwung die Rede, doch dieser Aufschwung ist äußerst prekär.In der EU gibt es wegen der ungleichen wirtschaftlichen Entwicklung im Norden undSüden große strukturelle Probleme, die durch die Export-Fixierung der deutschen Politikweiter verschärft werden. In den USA bedroht die nach wie vor hohe Verschuldung derprivaten Haushalte eine dauerhafte Erholung. Wirtschaftliche Impulse gehen gegenwärtigvor allem von Schwellenländern aus, allen voran China. Viele sehen dort allerdings bereitsdie nächste Blase wachsen, die demnächst platzen könnte. Völlig unklar ist außerdem, wiesich das Auslaufen der Konjunkturprogramme auswirken wird.Unmittelbarer Auslöser der aktuellen Finanzmarktkrise war der Immobilienmarkt in denUSA. Faule Kredite wurden mithilfe von Finanzinnovationen in die ganze Welt verkauft.Eine vollständige Analyse der Ursachen der gegenwärtigen Krise muss aber tieferansetzen. Die Finanzmarktkrise ist nur die Spitze einer jahrzehntelangen Entwicklung undletztlich der Art, wie wir wirtschaften. Mitte der siebziger Jahre stieß die keynesianischeVariante des Kapitalismus an ihre Grenzen. Das Wachstum ging trotz großerKonjunkturpakete stark zurück, vor allem nach der Ölkrise stiegen in den westlichenIndustrieländern Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung. An den Finanzmärkten setzteeine immer mehr um sich greifende Deregulierung ein, die einherging mit neoliberalenReformen in der Realwirtschaft, Privatisierung und Umverteilung.Die Zahl der Finanzkrisen nahm mit der Deregulierung stark zu. Die Krisen ereigneten sichzunächst vor allem in den Entwicklungsländern, doch auch in den Industrieländernnahmen sie an Zahl und Schwere zu. Schon in der Krise von 2001 sahen sichNotenbanken weltweit gezwungen, mit niedrigen Zinsen die Wirtschaft vor einer tiefenRezession zu bewahren. Viele Beobachter sind der Ansicht, dass die Art der Bekämpfungdieser Krise unmittelbar zur heutigen geführt hat.Die Politik des billigen Geldes mit einer extremen Zunahme der Geldmenge wurde auch indieser Krise wieder gewählt. Auch hier dürfte nur wieder die nächste Krise vorbereitetwerden. Das heißt nicht, dass niedrige Zinsen oder große Konjunkturpakete grundsätzlichfalsch wären, aber diese Maßnahmen allein reichen bei weitem nicht aus. Notwendig wärevielmehr, dass auch die strukturellen Ursachen der Probleme angegangen werden, dieimmer wieder zu diesen Krisen führen.Es würde den Umfang dieses Papiers sprengen, umfassend auf alle Ursachen undLösungsmöglichkeiten einzugehen. Hierzu gibt es in Attac eine breite Debatte, die nochlange nicht abgeschlossen ist. Dieses Papier konzentriert sich auf einen zentralen Typ vonAkteuren an den Finanzmärkten, nämlich die Banken. Es setzt sich dabei mit der Aufgabeder Banken und ihren Geschäften, der Struktur des Bankensektors, der Aufsicht, denGeschäften von Banken auseinander.

Banken am Gemeinwohl orientieren

Banken müssen wieder die Kernfunktionen einer Bank erfüllen: Finanzierung vonInvestitionen, Sparmöglichkeiten und Zahlungsverkehr. Banken haben sich aber heute oftzu etwas entwickelt, wo anstelle dessen riskante Spekulationsgeschäfte, eigeneGeschäftemacherei und Größenwahn dominieren. Um ihre Gewinne zu steigern, sind vieleBanken in den letzten Jahren ein immer höheres Risiko eingegangen. Statt derProfitmaximierung muss daher in Zukunft wieder der gesellschaftliche Nutzen imVordergrund stehen.Diese Orientierung ist im deutschen Bankensystem derzeit am ehesten bei denüberwiegend im kommunalen Besitz befindlichen Sparkassen und denGenossenschaftsbanken (Volks- und Raiffeisenbanken) der Fall. Deren Anteil amFinanzsektor sollte daher in Zukunft wieder stark steigen, was nur auf Kosten derPrivatbanken möglich ist. Dabei muss aber ausgeschlossen sein, dass Sparkassen undGenossenschaftsbanken in Zukunft dem auf Renditemaximierung ausgerichtetenGeschäftsmodell der Privatbanken folgen, wie das vor allem bei den Landesbanken heuteder Fall ist. Stattdessen muss eine adäquate Versorgung der Region mitFinanzdienstleistungen, in der die jeweilige Bank zu Hause ist, im Vordergrund stehen.Banken, die im Besitz von Ländern und Kommunen sind, dürfen von diesen nicht längerals Melkkuh für den eigenen Haushalt angesehen werden, sondern als wichtiger Teil deröffentlichen Daseinsvorsorge, dessen Organisationsprinzip sich vor allem an derbestmöglichen Aufgabenerfüllung für das Gemeinwohl orientieren muss. 

Grundversorgung sicherstellen

Jeder Mensch in Deutschland muss ein Konto haben. Die tatsächliche Durchsetzung einesKontos für alle ist weiterhin nicht gegeben. Selbst die Sparkassen kommen hier ihremgesetzlichen Auftrag in der Praxis nicht genügend nach. Zugleich muss dieBundesregierung dafür sorgen, dass weiterhin genügend Bankfilialen, v.a. instrukturschwachen Gebieten, bestehen bleiben. Privatbanken und teils sogar schonSparkassen ziehen sich aus dem ländlichen Raum zurück. Die Bundesregierung muss dieBanken zwingen, genügend Filialen zu unterhalten.Bankangestellte sollten so bezahlt werden, dass sie im Interesse der Kunden handeln undihnen keine Geschäfte verkaufen, von denen nur die Bank profitiert. Die Vergütung derBanker sollte im Hinblick auf die Beratung keine falschen Anreize bieten. Auch muss völligtransparent sein, was die Bank an einer Beratung und einem Geschäft an Provisionverdient.

Finanzinnovationen prüfen

Der Krise an den Finanzmärkten ging ein starkes Wachstum des Finanzsektors voraus,sowohl in absoluten Zahlen, als auch bezogen auf ihren Anteil an der gesamtenWirtschaftsleistung. Viele der neuen Produkte, durch die dieses Wachstum erreicht wurde,haben aber keinen nachhaltigen volkswirtschaftlichen Nutzen gestiftet, sondern, ganz imGegenteil, der Gesellschaft schweren Schaden zugefügt. Paul Volcker, ehemaligerPräsident der US-amerikanischen Notenbank FED, hat dies in einem im Dezember 2009in der Times erschienen Artikel pointiert auf die Formel gebracht: „Die Finanzinnovationendes letzten Vierteljahrhunderts haben keinen sozialen und ökonomischen Gewinngebracht – mit einer Ausnahme: dem Geldautomaten.“Der Umbau des Finanzsektors muss deshalb einhergehen mit einer starken Schrumpfung,bis er wieder eine Größe erreicht hat, die volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Wie in vielenanderen Wirtschaftssektoren auch, sollten Finanzprodukte in Zukunft stärker im Vorhineinauf ihre Gefahren geprüft und dann erst zugelassen werden. Soweit eine Prüfung nichtmöglich ist, gilt das Vorsichtsprinzip, sprich das Produkt darf nicht auf den Markt.

Verbriefungen mäßigen

Die exzessive Verbriefung von Schrottkrediten (subprime) war der Kern der Finanzkrise.Dass diese Kredite überhaupt ausgegeben wurden, war der Profitgier der Banken undKredithaie geschuldet. Immer wieder wird behauptet, dass die Regierung Clinton dieBanken aus sozialpolitischen Motiven zur laxen Kreditvergabe gedrängt und damit dieSchrottkredite verursacht habe. Aber die Statistiken zeigen, dass die schlechten Kreditegerade nicht von öffentlicher Seite vergeben wurden, sondern von privaten Kreditgebern.Diese Schrottkredite wurden mithilfe von Verbriefungen in die ganze Welt weiterverkauft.Dabei haben sich deutsche Banken in besonderem Maße verspekuliert. Gemessen an derWirtschaftsgröße hatte Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern den höchsten Anteilan Schrottpapieren.Die makroökonomische Logik von Verbriefungen ist generell fragwürdig. Risiken sollendamit angeblich gestreut werden, um dann das Kreditvolumen insgesamt ausweiten zukönnen. Doch offensichtlich hat weder die Risikostreuung funktioniert, noch hat sich dieKreditausweitung als nachhaltig erwiesen. Deshalb dürfen Kredit und Risiko nicht im Zugesogenannter synthetischer Verbriefungen getrennt werden.Kredit-Forderungen als solche sollen weiterhin verkauft werden können, solange derKreditnehmer informiert und einverstanden ist. Eine einmalige Verbriefung zur Bündelungvon Krediten kann weiterhin möglich sein, aber es dürfen keine Tranchen mitunterschiedlichen Risikoklassen gebildet werden. Auch darf keine Wiederverbriefungzulässig sein, weil sonst Risiken nicht mehr erkannt werden können. Bei der einmaligenVerbriefung muss zudem ein hoher Eigenanteil, z.B. die Hälfte, in den eigenen Bilanzenbleiben, weil sonst das Risikobewusstsein zu sehr schwindet. Die jetzt in der EU undDeutschland beschlossenen 5 bzw. 10 Prozent sind lächerlich gering. 5 Prozent sind in derRegel ohnehin nicht veräußerbar und 10 Prozent werden die nächste Krise nichtverhindern.

Derivate kontrollieren und begrenzen

Derivate gehören heute zum Standardgeschäft von Banken. Jahrzehntelang wuchs ihrUmfang abseits jeder echten Regulierung, bis es zur Krise kam. Wie Gary Gensler, Chefder US-Behörde CFTC, sagte, standen die außerbörslichen Derivate „im Herzen derKrise“. Das mindeste wäre deshalb, alle diese Geschäfte auf Börsen oder Clearing-Plattformen zu bringen; sollte dies international nicht geschehen, sollten deutsche Bankenkeinen Zugang zu diesem Geschäft haben.Doch die Debatte über den ökonomischen Nutzen von Derivaten steht gerade erst amAnfang. Bis heute gibt es keinen überzeugenden makroökonomischen Nachweis derSinnhaftigkeit eines massenhaften Gebrauchs von Derivaten. Ihre heutige Verbreitung, vorallem im Zusammenhang mit Währungs- und Zinsgeschäften, bleibt ein gigantischesCasino, in dem auf Preis- und Kursveränderungen gewettet wird. Selbst wenn dies ingewissen Umfang nötig sein mag, lenkt die Konzentration auf diese Art Absicherung dochnur immer mehr ökonomische Ressourcen in unproduktive Tätigkeit. Zudem ist klar, werdie Hauptgewinner dieser Entwicklung sind: die Banken und andere Finanzakteure.Dem Derivategeschäft sollte endlich Einhalt geboten werden. Dies gilt insbesondere fürKreditderivate und Rohstoffderivate und für alle Derivate, denen kein eigenesAbsicherungsinteresse (Hedging) zugrunde liegt. In den Rohstoffmärkten sollten keineBanken und keine von ihnen aufgelegte Indexfonds zugelassen sein, oder zumindestmuss ihre Tätigkeit strikt begrenzt bleiben.

Eigenkapital verbessern

Über Verbriefungen und Derivate erreichten die Banken einen selbstzerstörerischen Grad4an Verschuldung. Dabei waren die die deutschen Banken weltmeisterlich: Schätzungengehen davon aus, dass sie es mit ihrer Verschuldung bis zum mehrfachen der US-Bankengetrieben haben. Der Verschuldungsgrad muss deshalb wieder stark zurückgehen. AlleGeschäfte müssen ausreichend mit Eigenkapital abgesichert sein.Die Beschlüsse zur Bankenregulierung des Baseler Bankenausschusses (Basel-III) zurErhöhung der Kapitalbasis, zum risikoärmeren Kapitalrahmen und zu einerVerschuldungsgrenze (leverage ratio) vom Juli sind richtig. Die deutschen Reguliererhaben jedoch bei den Beratungen zu Basel-III offen zugegeben, sich als Vertreter derdeutschen Banken zu verstehen. Dies muss ein Ende haben. Bisher wurde außerdem nurdie Erhöhung des Eigenkapitals auf bis zu 13 % konkretisiert. Beschlüsse zur leverageratio und zur gesonderten Behandlung von systemrelevanten Banken fehlen bisher.Problematisch ist auch, dass die Banken weiterhin mit eigenen Risikomodellen ihreRisiken herunterrechnen und so das Eigenkapital minimieren können. Die Reduzierungdes Eigenkapitals durch diese Praxis hat sich als falscher Weg erwiesen, deshalb sollteman wieder zur früher üblichen Risikobewertung zurückkehren.Neben die momentan übliche Mindestreserve auf die Passivseite der Bilanz sollte aucheine Reserve auf die Aktivseite treten. Dies hätte den Vorteil, dass man genauer steuernkönnte, welche Art von Geschäften mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. BestimmteBranchen oder Arten von Geschäften könnten ökonomisch gefördert oder gebremstwerden.

Eigenhandel abschaffen

Auch der Umstand, dass Banken nicht mehr für Kunden, sondern auf eigene Rechnunghandeln, hat zur Krise beigetragen. Eigenhandel der Banken schafft immerInteressenkonflikte, die sich in der Praxis nie regulieren lassen. Der WirtschaftshistorikerHarold James schrieb dazu: „Geldhäuser besitzen immer Informationsvorteile: Die Bankweiß mehr über den Kredit, der vergeben wird, als die Kreditnehmer oder die Anleger.“Dieser Vorteil verstärkt sich dann noch beim Handel mit Kreditderivaten. Der Eigenhandelzwischen den Banken bläht außerdem die Finanzmärkte über das ökonomisch sinnvolleMaß hinaus auf und sorgt für eine starke Vernetzung zwischen den Banken, die sich –mehr noch als die Größe – in der Krise als verhängnisvoll erwiesen hat. Der Finanzsektorsoll deshalb wieder eine Mittlerfunktion haben, Banken sollen mit ihren Kunden Geschäftemachen, nicht mit anderen Banken.

Großbanken zerschlagen

Die Größe und Vernetzung der Banken hat in den vergangenen Jahrzehnten ständigzugenommen. Die Folge war, dass Bankenrettungspakete in der Krise unausweichlichwurden, weil eine Pleite der zu rettenden Institute für die Wirtschaft derart gravierendeFolgen hätte, dass eine Rettung angeblich wesentlich billiger gekommen sei. FürGroßbanken bedeutet eine solche Politik, dass sie nahezu jedes Risiko eingehen können,weil sie wissen, dass sie mit Steuergeldern gerettet werden würden, wenn etwas schiefgeht. Attac fordert daher, dass Banken, die im Finanzsystem eine derart gewichtigeStellung einnehmen, dass ihr Konkurs gravierende Probleme für die gesamte Wirtschaftmit sich bringen würde, zerschlagen werden müssen. Zugleich muss das Wachstum vonBanken ein Ende haben, indem Fusionen zukünftig einer viel strengeren Kartellaufsichtunterliegen.Dabei diskutieren wir noch, ob es durch einen kontrollierten Konkurs auch möglich ist,größere Banken so abzuwickeln, dass durch eine Pleite weder das Wirtschaftssysteminsgesamt in Mitleidenschaft gezogen wird, noch der Steuerzahler einspringen muss. Injedem Fall muss das Bankensystem und das Konkursrecht für Banken in Zukunft sokonstruiert sein, dass sich kein Institut mehr sicher sein darf, im Notfall durch Steuergelder5gerettet zu werden, weil der volkswirtschaftliche Schaden eines Konkurses den einerRettung bei weitem übertrifft. Auch die Einrichtung von sogenannten Bad Banks, in dieschlechte Papiere ausgelagert werden, darf niemals dazu führen, dass die öffentlicheHand die Verluste übernimmt, während die privaten Anteilseigner und Investoren dieGewinne aus dem verbleibenden guten Geschäft erhalten.

Geschäfts- und Investmentbanking trennen

Die aktuelle Krise ist in Deutschland vor allem eine Krise des Investmentbanking. In denUSA gab es aus ähnlichen Erfahrungen heraus über den Glass-Steagal-Act lange Zeit einTrennbankensystem, bei dem sich jede Bank entscheiden musste, ob sie Investmentbankoder Geschäftsbank sein wollte. Erst durch die zahlreichen Deregulierungsmaßnahmen,die in die aktuelle Krise geführt haben, wurde diese bewährte Trennung im Lauf der1990er Jahre aufgehoben. Gäbe es bei uns diese Trennung, wären Geschäftsbanken,deren Aufgabe es vor allem ist, die Sparguthaben der Bürger zu verwalten und dieWirtschaft mit Kredit zu versorgen, weit weniger betroffen. Durch eine derartigeAufspaltung des Bankensystems würde das Bankensystem nicht nur stabiler werden, eshätte auch den Nebeneffekt, dass alle Großbanken, die aktuell als so groß gelten, dassman sie nicht scheitern lassen darf, zerschlagen werden würden.

Aufsicht stärken

Die Krise hat gezeigt, dass Regulierung einen Unterschied machen kann. Länder mit guterRegulierung sind deutlich besser durch die Krise gekommen. Deshalb müssen dieBemühungen um eine strenge und durchsetzungsfähige Aufsicht weitergehen. DieAufsicht darf ihre Rolle dabei nicht darin sehen, die Finanzbranche möglichst frei walten zulassen, sondern muss sich als echte Kontrollinstanz im Interesse der BürgerInnenverstehen. Die Bundesregierung hatte mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- undder Versicherungsaufsicht vom letzten Jahr sinnvolle Schritte eingeleitet. Da sich dieBanken aber in ihren Geschäften kaum verändert haben, muss die Aufsicht noch weitergestärkt werden.Die Aufsicht muss jedoch auch immer so international sein wie die Banken es sind. EinEingreifen darf nicht noch einmal wie im Fall der Depfa an der Zuständigkeit scheitern. DieEuropäisierung der Aufsicht, wo nötig, bleibt deshalb das Mindeste. Die Beschlüsse in derEU zur Errichtung von europäischen Aufsichtsbehörden sind deshalb zu begrüßen. SobaldBanken international tätig sind, muss die Aufsicht aber auch global sein, zumindestmüssen sich die relevanten Behörden vernetzen und dafür sorgen, dass Banken keineRegulierungsunterschiede zum Nachteil der Staaten und der Bevölkerung ausnützenkönnen. Regelfreie Zonen darf es nicht geben.

Regulierungslücken schließen

Die Nutzung von Steuer- und Regulierungsoasen durch die Banken trug auch stark zurKrise bei. Banken muss es deshalb verboten werden, über Zweck- undTochtergesellschaften in Steueroasen tätig zu sein. Natürlich muss zugleich eineernstzunehmende Liste von Oasen von der Bundesregierung vorgelegt werden.Momentan erklärt die Regierung, es gebe gar keine solchen, denn sie legt den schwachenOECD-Standard in Steuerfragen zugrunde und sogar die bloße Bereitschaft zurUmsetzung reicht schon, um nicht mehr als Steueroase zu gelten. Damit muss Schlusssein. Das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung muss verschärft und dannkonsequent angewandt werden.Die Bilanz muss der Ort sein, wo alle Geschäfte einer Bank zusammengeführt werden. Diedeutschen Banken waren bis zur Krise Weltmeister in der Bilanzbeschönigung. Geschäftewurden über Zweckgesellschaften und mit Bilanztricks aus der Bilanz geschoben, um sonoch mehr riskante Geschäfte machen zu können. Dies ist einer der Gründe, warum6deutsche Banken so stark von der Krise betroffen sind. Deshalb müssen wiederausnahmslos alle Geschäfte in der Bilanz auftauchen, inklusive aller Töchter.Zweckgesellschaften sollten grundsätzlich verboten sein.

Besteuerung anheben

Der Bankensektor ist heute bei seinen Geschäften durch die Mehrwertsteuerbefreiung,durch günstige Bilanzierungsmöglichkeiten und durch den Wissensvorteil innerhalb desSystems steuerlich sehr gut gestellt und streicht entsprechend hohe Gewinne ein. DerSteuerexperte der OECD Jeffrey Owens schätzt, dass allein durch einen besseren Vollzugbestehender Gesetze viele Milliarden von den Banken geholt werden könnte. Die Bankenmüssen wieder ausreichend zur Kasse gebeten werden, über gesetzliche Verschärfungenund über die beschlossene Bankenabgabe und zusätzlich über eineFinanztransaktionssteuer.

Vergütung verbessern

Es ist inzwischen Konsens, dass die Vergütungen und Boni der Banker ein Grund für ihrefatalen Geschäfte waren. Diese Vergütungen sind ein doppelter Skandal: sie sind einmoralischer Skandal, weil dadurch, besonders in Zeiten stagnierenderDurchschnittsreallöhne, die gesellschaftlicher Gleichheit erodiert. Und ein ökonomischerSkandal, weil sie nicht einmal mit irgendeiner Leistung einhergehen, sondern umgekehrtmit dem völligen Versagen der Banken.Die Begrenzung und Regulierung der Boni und Gehälter ist moralisch und ökonomischgeboten. Das Versagen der Banker muss mit einer Umkehr bei ihren Gehälterneinhergehen, wenn wir nicht ein Zerbrechen der Gesellschaft und eine erneute Krise durchfalsche Anreize riskieren wollen. Boni und Gehälter müssen an die langfristige undtatsächliche Leistung eines Unternehmens und einer Person gebunden werden und dürfenein gewisses Maß nicht überschreiten. Deutschland soll deshalb die beschlossene EUGesetzgebungnicht nur minimal erfüllen, sondern darüber hinausgehend die Bezahlungder deutschen Banker begrenzen.