Kampagnen zu Sozial-Kahlschlag und Weltwirtschaft
Der Kahlschlag der sozialen Sicherungssysteme sowie Welthandel und Privatisierung bilden im nächsten Jahr die Arbeitsschwerpunkte des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Das haben mehr als 350 Attac-Mitglieder aus rund 150 regionalen Gruppen und Mitgliedsorganisationen am Wochenende bei ihrer Bundesversammlung, dem Attac-Ratschlag, in Aachen beschlossen.
"Die sozialen, politischen und ökonomischen Auswirkungen der neoliberalen Globalisierung dringen heute in unsere alltägliche Lebenswelt hinein. Darum gehört die Beschäftigung mit Sozialabbau zu den ureigenen Themen der Globalisierungskritik", sagte Peter Wahl vom Attac-Koordinierungskreis zum neuen Schwerpunkt. Die Agenda 2010 sei erst der Auftakt zu einem gesellschaftspolitischen Systemwechsel. "Hinter der derzeitigen Politik steht ein Menschenbild von sozialer Kälte und Ellbogengesellschaft", sagte Wahl. Unter dem Motto "Genug für alle!" will Attac verdeutlichen, dass der gesellschaftliche Reichtum groß genug ist, um ein menschenwürdiges Leben für alle zu ermöglichen. Wahl: "Es ist pure Ideologie, wenn behauptet wird, dass es zur herrschenden Politik keine Alternative gibt."
Zum Start der Kampagne ruft Attac seine Mitglieder zur Teilnahme an der Demonstration gegen Sozialabbau am 1. November in Berlin auf. Mit 10.000 Plakaten, die beim Kongress an die regionalen Gruppen verteilt worden sind, soll bundesweit Werbung für die Demonstration gemacht werden. "Die Menschen spüren, dass die Politik der Vier-Parteien-Koaliton im Bundestag zutiefst ungerecht ist", sagte Peter Wahl. "Jetzt wird es Zeit, diese Überzeugung auf die Straße zu tragen." Bereits am 20.10. finden in vielen Städten regionale Proteste gegen die Agenda 2010 statt; zudem wird sich Attac beim Europäischen Sozialforum im November in Paris für einen europaweiten Protesttag gegen Sozialabbau im Frühjahr einsetzen. Wahl: "Das neoliberale Projekt ist ein globales. Darum bedarf es auch einer globalen Antwort."
Als zweiten Schwerpunkt wird Attac im nächsten Jahr das Thema Weltwirtschaft intensiv verfolgen. "Nach dem Scheitern der WTO-Verhandlungen in Cancún muss dieses neoliberale Projekt weiter delegitimiert werden", sagte Timm Zwickel von Attacs WTO-AG. Mit einer Rundreise durch Deutschland soll am Beispiel von gentechnisch veränderten Lebensmitteln gezeigt werden, wie die WTO ins Leben der Menschen eingreift. Demokratische Regeln werden dabei als "Handelshemmnisse" betrachtet. Zwickel: "Obwohl 80 Prozent der Bevölkerung gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel sind, will uns die WTO zwingen, diese zu essen." Als Fortsetzung der erfolgreichen Kampagne zum WTO-Dienstleistungsabkommen GATS soll zudem die Privatisierung öffentlicher Güter stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Weltweit laufe ein Ausverkauf öffentlicher Infrastruktur. "Trotz katastrophaler Erfahrungen mit privatisierter Wasserversorgung in anderen Ländern sollen die gleichen Fehler in Deutschland wiederholt werden", kritisierte Zwickel. Mit Aktionen und Bürgerbegehren will Attac dagegen angehen.
Parallel zur praktischen Arbeit vor Ort arbeitet eine Arbeitsgruppe an einem Entwurf für eine alter-native Weltwirtschaftsordnung. "WTO, IWF und Weltbank haben keine Zukunft. Darum ist es nötig, jetzt konkrete Alternativen zu entwickeln", so Zwickel.
Zudem wählte der Ratschlag die Mitglieder der bundesweiten Gremien (Rat und Koordinierungskreis) und verabschiedete den Haushalt für das Jahr 2004. Dieser umfasst rund 1,2 Millionen Euro, aus Spenden und Beiträgen der rund 13.000 Mitglieder.