Jetzt erst recht: Zivilgesellschaftliches Engagement lässt sich nicht aberkennen!
Wie zahlreiche Medien am heutigen Freitag berichten, hat das Frankfurter Finanzamt dem Trägerverein des globalisierungskritischen Netzwerks Attac die Gemeinnützigkeit entzogen. Die Behörde hält Attac für zu politisch. Nach Ansicht des Finanzamtes setzt Attac in seiner Arbeit mehr auf politische Einmischungen und engagiertes Mitgestalten der Bürgerinnen und Bürger, als es die Abgabenordnung als gesetzliche Grundlage erlaube. Insbesondere im Engagement der Globalisierungskritikerinnen und -kritiker für eine Finanztransaktionssteuer zur Regulierung der Finanzmärkte oder für eine gerechtere Verteilung des Reichtums durch eine Vermögensabgabe sieht das Finanzamt keinen gemeinnützigen Zweck.
Attac hat gegen die Entscheidung des Finanzamtes Einspruch eingelegt und wird – sollte das Finanzamt dem nicht stattgeben – klagen.
"Wir nehmen unseren Anspruch als Bildungsbewegung für eine 'ökonomische Alphabetisierung' der Bürgerinnen und Bürger ernst und sehen es als Erfolg unserer Bildungsarbeit, wenn viele Menschen sich einmischen", sagte Attac-Geschäftsführerin Stephanie Handtmann. "Demokratie kann nicht wie eine Trockenübung jenseits der gesellschaftlichen Realität simuliert werden. Im Gegenteil: Unsere Gesellschaft braucht Einmischung und Engagement und weniger Politikverdrossenheit."
Es sei vielmehr die definierte Aufgabe zivilgesellschaftlicher Organisationen wie Attac, politische Entscheidungsprozesse zu begleiten und Menschen zu befähigen, sich aktiv einzubringen. Dieses Verständnis von Arbeit und Wirkung gemeinnütziger Vereine als Teil der Zivilgesellschaft sei ein breit getragener gesellschaftlicher Konsens.
Dies sieht auch Bundespräsident Joachim Gauck so: In einer Rede am gestrigen Donnerstag bei der Bosch-Stiftung würdigte er ausdrücklich die Verdienste von Attac als positives Beispiel für ein erfolgreiches bürgerschaftliches Engagement. Vieles von dem, was heute als selbstverständlich erachtet wird, sei gegen massive Widerstände erstritten worden. Als Beispiel nannte er den Einsatz von Attac für eine Finanztransaktionssteuer zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte.
"Wir gehen davon aus, dass die Aberkennung der Gemeinnützigkeit keinen Bestand haben wird. Dennoch wird unsere Arbeit momentan massiv erschwert. Wir setzen auf unsere Mitglieder, Spenderinnen und Spender, die mit uns der Meinung sind, dass Attac ist eine wichtige Stimme der kritischen Zivilgesellschaft ist und unsere Einmischung unerlässlich für eine lebendige Demokratie. Jetzt erst recht – wir brauchen weiterhin jede und jeden!"
Das Finanzamt fordert für die vergangenen Jahre keine entgangenen Steuern zurück. Allerdings kann Attac zurzeit für eingehende Spenden und Mitgliedsbeiträge keine Spendenbescheinigungen ausstellen.
Für Rückfragen und Interviews
- Stephanie Handtmann, Attac-Geschäftsführerin, Tel. 0176 2419 1706
- Thomas Eberhardt-Köster, Mitglied des Attac-Koordinierungskreises,
Tel. 0152 0291 1257