Deutsche EU-Ratspräsidentschaft pusht EU-Mercosur-Abkommen
Die deutsche Regierung präsentiert heute ihr Programm für die am 1. Juli beginnende EU-Präsidentschaft: Wie das Attac vorliegende Dokument zeigt, will sie dabei den Abschluss des Handelsabkommens zwischen der EU und den Mercosur-Staaten vorantreiben. (1)
Das Abkommen soll unter anderem der deutschen Autoindustrie mehr Exporte in die Mercosur-Staaten ermöglichen. Im Gegenzug erhält die südamerikanische Agrarindustrie Zoll- und Handelserleichterungen. Davon würden wiederum deutsche Chemiekonzerne profitieren - durch mehr Exporte von in der EU verbotenen Pestiziden. Die Folgen: Mehr Autoexporte, mehr Abholzung des Regenwaldes und damit einhergehende Vertreibungen von Indigenen, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac kritisiert die Pläne scharf: "Die deutsche Regierung ignoriert damit nicht nur die Klimakrise. Die Corona-Krise hat zudem gezeigt, dass das aktuelle neoliberale Handelssystem eine verletzliche, instabile Wirtschaftsweise geschaffen hat", sagt Roland Süß vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Gemeinsam mit 59 weiteren Organisationen hat Attac am Montag daher die Bundesregierung aufgefordert, das EU-Mercosur-Abkommen zu stoppen (mehr)
EU-Mercosur: Frontalangriff auf Klimaschutz, Menschenrechte und Arbeitsschutzstandards
Mehr Rindfleisch- und Sojaimporte in die EU bedeuten mehr Abholzung des Regenwaldes, mehr CO2-Austoß, mehr Vertreibungen von Kleinbäuer*innen und Indigenen sowie weniger Artenvielfalt und laxere Lebensmittelkontrollen. In der EU wiederum würde das Abkommen den Druck auf kleinbäuerliche Landwirtschaft, Produktionsstandards und Tierschutz noch weiter steigern und die Industrialisierung der Landwirtschaft weiter vorantreiben. Das Vorsorgeprinzip wird im Abkommen nur erwähnt, Verstöße können jedoch nicht sanktioniert werden.
Auch Anliegen in Bezug auf Arbeitnehmer*innen- und Menschenrechte sowie Klima- und Umweltschutz finden sich im Abkommen nicht wieder. Die Bestimmungen zur Einhaltung von Arbeits- und Umweltstandards sind völlig ungenügend ausformuliert, und im Gegensatz zu den meisten anderen Bestimmungen unterliegt das für die Arbeitnehmer*innenseite wichtige Nachhaltigkeitskapitel nicht dem allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus. Damit bleibt die Missachtung der wichtigen Standards der Internationalen Arbeitsorganisation und der internationalen Umweltkonventionen weitgehend ohne effektive Konsequenzen.
"Handelspolitik im Interesse der Agrarindustrie und exportorientierter Konzerne ist mit dem Klimaschutz nicht kompatibel. Nötig ist eine europäische Handels- und Investitionspolitik, die lokalisierte und kürzere Wertschöpfungsketten sowie internationale Zusammenarbeit und Solidarität stärkt. Dabei müssen unsere Lebensgrundlagen und die Menschenrechte im Mittelpunkt stehen und nicht die Profite exportorientierter Konzerne", sagt Hanni Gramann von der Attac-Arbeitsgruppe Welthandel und WTO.
(1) Im Programm heißt es: "Wir streben zügige Fortschritte bei der Finalisierung des Abkommens mit dem Mercosur und des modernisierten Abkommens mit Mexiko an."