Covid19: Attac warnt vor weiterer Bevorzugung privater Kliniken
Im Zusammenhang mit Covid19 warnt Attac vor einer weiteren Bevorzugung privater Kliniken gegenüber öffentlichen Krankenhäusern. Das Bundesgesundheitsministerium plant zum Jahresende eine Neuregelung der Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser. Die bisherigen Regelungen laufen am 30. September aus.
"Es darf nicht erneut dazu kommen, dass die meist privat betriebenen Fachkliniken profitieren, während die großen Allgemeinkrankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft weiter auf ihren Kosten sitzen bleiben“, fordert Dagmar Paternoga von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Soziale Sicherungssysteme. "Private Kliniken, die ihren Aktionären Dividenden von zehn Prozent versprechen, dürfen nicht weiterhin auf Kosten der Versicherten bevorzugt werden. Wir sind es leid, diese Dividenden mit unseren Versichertenbeiträgen zu finanzieren."
Orientierung an Erlösen im Jahr 2019 schafft Ungerechtigkeit
Mit dem Covid19-Krankenhausentlastungsgesetz hatte die Bundesregierung im März verschiedene Maßnahmen festgelegt, die die Liquidität der Krankenhäuser während Corona sichern sollten. Die Krankenhäuser erhielten zunächst pro Tag und frei gehaltenem Bett 560 Euro, danach wurden die Beträge auf Grundlage der Abrechnungsdaten der Fallpauschalen (DRGs) vom Vorjahr gestaffelt.
"So ist eine schreiende Ungerechtigkeit entstanden: Durch die Spezialisierung auf lukrative Eingriffe hatten viele Privatkliniken 2019 höhere Erlöse als Allgemeinkrankenhäuser. Die Folge: Viele Privatkliniken bekommen pro freiem Bett 760 statt der 560 Euro, mit denen sich öffentliche Krankenhäuser meist begnügen müssen. Und das, obwohl die Privatkliniken ihren Betrieb nicht im selben Maß auf die Versorgung von Corona-Patient*innen umgestellt haben", kritisiert Arndt Dohmen, ebenfalls aktiv in der Attac-AG Soziale Sicherungssysteme. Tatsächlich reichten die Ausgleichszahlungen für große Allgemeinkrankenhäuser und Unikliniken bei Weitem nicht aus, so dass sie mit deutlichen Defiziten für 2020 rechnen.
Bundesgesundheitsministerium verschärft Schieflage weiter
Dennoch hat das Bundesgesundheitsministerium entschieden, dass die Pauschalen, die Krankenhäuser für nicht belegte Betten nach der bis 30. September geltenden Regelung erhalten haben, bei den Krankenhäusern verbleiben dürfen. Das soll selbst dann gelten, wenn dadurch Erlösüberschüsse erzielt wurden. Statt die Schieflage zwischen öffentlichen und privaten Trägern zu beheben, wird sie also weiter verschärft.
Neuregelung muss reale Kosten der Krankenhäuser decken
Wie es ab Oktober weitergeht, ist noch offen: Das Bundesgesundheitsministerium will die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und den Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) verpflichten, bis Ende Dezember Rahmenvorgaben zu vereinbaren, auf deren Grundlage Krankenhäuser und Krankenkassen vor Ort über Ausgleichzahlungen verhandeln. Attac fordert, diese Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die realen Kosten der Krankenhäuser gedeckt werden.
Dagmar Paternoga: "Gerade durch die Corona-Pandemie ist deutlich geworden, dass Kliniken keine profitgetriebenen Unternehmen sein dürfen, sondern Krankenhäuser für die Behandlung von Kranken kostendeckend bezahlt werden müssen. Öffentliche Daseinsvorsorge verträgt sich nicht mit der Erwirtschaftung von Gewinnen aus dem Betrieb von Krankenhäusern."
Das Bündnis "Krankenhaus statt Fabrik", in dem unter anderem Attac und Verdi mitarbeiten, wird zusammen mit vielen lokalen Initiativen und regionalen Bündnissen die Zeit bis zur Bundesratssitzung am 18. September und der Gesundheitsministerkonferenz am 30. September nutzen, um öffentlichen Druck für eine grundlegende Reform der Krankenhausfinanzierung jenseits von Profitorientierung und Fallpauschalen aufzubauen.