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Bankenrettung in Italien: ungerechtfertigt und brandgefährlich

EZB-Zahlen zeigen: Anleihehalter sind keine "Kleinsparer" / EU-Bedingungen für staatliche Hilfe sind nicht erfüllt

Sitz der Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) im Palazzo Salimbeni in Siena

Wie zahlreiche Medien berichten, hat die italienische Regierung per Dekret ein Paket im Umfang von bis zu 20 Milliarden Euro beschlossen, um die in Schieflage geratene toskanische Provinzbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) zu refinanzieren.

Dabei werden – wie heute veröffentlichte Zahlen der Europäischen Zentralbank belegen – wieder einmal die Vermögenden auf Kosten der Allgemeinheit gerettet. Vor allem aber wird damit ein gefährlicher Präzedenzfall für alle weiteren Bankenrettungen in Europa geschaffen. Anleihegläubiger in anderen Ländern können in ähnlichen Fällen aussichtsreiche Klagen auf Gleichbehandlung führen. Attac fordert daher die EU-Kommission auf, eine staatliche Rettungsaktion der Bank keinesfalls zu genehmigen.

Bedingungen für "präventive" Bankenrettung nicht erfüllt

Die europäische Bankenabwicklungsrichtlinie (BBRD) sieht eigentlich ein verpflichtendes Bail-In der Gläubiger vor staatlichen Hilfen vor. Doch es existiert darin auch die Hintertür einer "präventiven" Bankenrettung mit Steuergeld als direkte Folge von Stresstests. Attac hatte davor bereits 2014 gewarnt. Dafür sind allerdings zwei Bedingungen erforderlich, die nach unserer Ansicht im aktuellen Fall der MPS nicht erfüllt sind:

  1. Eine Bank muss nach BRRD-Artikel 32(4) "überlebensfähig" sein. Dies ist nach aktuellem Stand offenkundig nicht der Fall. Damit wird auch deutlich, dass  unsere Kritik an den viel zu milden Stresstests völlig gerechtfertigt war. Zudem stammt der letzte Stresstest der MPS von Ende 2015 und ist damit völlig veraltet.
  2. Die Bank muss die gesamte Volkswirtschaft und/oder die Finanzmarktstabilität gefährden. Dem widersprach jedoch der dafür zuständige Gouverneur der italienischen Notenbank, Ignazio Visco, bereits im Juli.

EZB-Zahlen widerlegen den Mythos der italienischen "Kleinsparer_innen"

Auf politischer Ebene mussten in den letzten Monaten die italienischen "Kleinsparer" als Rechtfertigung für eine angeblich notwendige öffentliche Rettung der Bank herhalten. Doch aktuelle Daten der EZB – heute veröffentlicht durch die italienische Zentralbank – belegen, dass man aufgrund der
Vermögensverhältnisse der Besitzer von Bankanleihen keinesfalls von "Kleinanlegern" sprechen kann. So besitzen nur 5,4 Prozent aller italienischen Haushalte Bankanleihen. Diese verfügen zudem ein Medianvermögen von über 500.000 Euro und gehören bei den Einkommen zu den Top 12 Prozent.

"Mit einer erneuten bedingungslosen Bankenrettung würde ein gefährlicher Präzedenzfall für alle weiteren Bankenrettungen geschaffen – eine reale Gefahr für die Steuerzahlerinnen und -zahler, die erneut mit hunderten Milliarden Euro für die Rettung der Vermögenden bezahlen müssten", sagt Detlev von Larcher von Attac.