"Argentiniens Diktatur-Schulden sind sittenwidrig"
Das Bundesverfassungsgericht soll in einem derzeit laufenden Verfahren internationale Experten anhören, um die Rechtmäßigkeit der argentinischen Schulden aus der Zeit der Militärdiktatur und die Rechtskräftigkeit der aktuellen Anleiheverträge zu überprüfen. Das fordern das globalisierungskritische Netzwerk Attac und das bundeseite Entschuldungsnetzwerk erlassjahr.de heute in einem Brief an das Bundsverfassungsgericht. "Die Militärjunta in Argentinien hat mit internationalen Geldern schwere Menschenrechtsverletzungen finanziert", sagte Markus Meinzer von der Attac-AG Finanzmärkte. "Darum sind auch die zugrundeliegenden Schuldverträge nach deutschem und internationalem Recht sittenwidrig und unwirksam."
In der Bundesrepublik sind derzeit etwa 100 Verfahren gegen die Republik Argentinien anhängig. Damit wollen Privatgläubiger ihre Forderungen gegen das Land eintreiben, das seine Zahlungen im Rahmen seines finanziellen Staatsnotstands suspendiert hat. Mehrere dieser Verfahren liegen derzeit zur Prüfung beim BVG (AZ: 2 BvM 1-5/03 und 2 BvM 6-7/03). Auf dem Wege eines so genannten "Amicus-Curiae-Verfahrens" haben Attac und erlassjahr.de nun die Anhörung von sachkundigen Dritten in diesem Prozess gefordert, darunter einen Botschafter und einen Richter aus Argentinien sowie die Professoren Günther Frankenberg (Frankfurt/M.) und Ashfaq Khalfan (Quebec).
Ihre Argumentation, dass auch die aktuellen Anleihen durch Umschuldungen aus den Krediten der Militärdiktatur hervorgegangen und daher unwirksam sind, stützen Attac und erlassjahr.de sowohl auf internationales Recht (Völkergewohnheitsrecht, ius cogens, Wiener Vertragskonvention) als auch auf deutsche Gesetze (GG, BGB). Die Forderung ans BVG wird zudem unterstützt vom argentinischen Abgeordneten Mario Cafiero, der zu den Initiatoren einer Gesetzesinitative im argentinischen Parlament gehört, mit der die Auslandsschulden der Militärdiktatur für sittenwidrig erklärt werden sollen.
Mit diesem juristischen Vorstoß untermauern Attac und erlassjahr.de ihre politische Forderung nach einem Schuldenerlass für Argentinien. "Bei den heutigen Schuldenkrisen muss die Legitimität der Schulden viel stärker hinterfragt und die Verantwortung der Gläubiger und der Banken ins Blickfeld genommen werden" sagte Jürgen Kaiser, Politischer Koordinator von erlassjahr.de. Im Rahmen der Kampagne "Argentiniens Schulden müssen weg" haben die Organisationen diese Forderung in den letzten Wochen mit Postkarten, E-Mails und einer Vortragstour vorangetrieben.
Weitere Inforamtionen:
- Brief ans Bundesverfassungsgericht (mit genauer juristischer Argumentation und argentinischem Gesetzentwurf im Anhang): hier als pdf-File
- Gemeinsame Kampagne von Attac und erlassjahr.de unter dem Motto "Argentiniens Schulden müssen weg": www.attac.de/argentinien
Für Rückfragen:
- Markus Meinzer (Attac-AG Finanzmärkte), Tel. 0179-3187326
- Jürgen Kaiser (Politische Koordination erlassjahr.de), Tel. 0173-2919374
- Philipp Hersel (Attac-Koordinierungskreis), Tel. 0179-6727351