Mexiko-Abkommen: EU will Parlamente übergehen
Die EU-Kommission will das Globalabkommen zwischen der EU und Mexiko in drei Teile aufspalten und so die Zustimmung der nationalen Parlamente zum umstrittenen Handelsteil des Abkommens überflüssig machen. Von diesem intransparenten und undemokratischen Vorgehen erhofft sich die Kommission eine schnellere Ratifizierung der Neuaflage des Abkommens. Das geht aus Information hervor, die unter anderem dem Transnational Institute in Amsterdam und Powershift zugespielt wurden. .
Während das reine Handelsabkommen ausschließlich durch den EU-Rat und das Europäische Parlament ratifiziert werden müsste (EU-only), wären die Parlamente der Mitgliedsstaaten nur noch bei der Ratifizierung der anderen beiden Teile gefragt. In der Kritik steht aber vor allem der Handelsteil wegen seiner negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen und der negativen wirtschaftlichen Folgen wie steigender Ungleichheit.
Die mexikanische Regierung steht der Idee, das Abkommen aufzuspalten, bisher kritisch gegenüber. Vermutlich befürchtet sie, dass sich die anderen beiden Teile verzögern könnten, insbesondere der Teil zur politischen Zusammenarbeit. Unabhängig davon zeigt das neue Manöver der EU-Kommission eine zunehmende Tendenz der EU, die Parlamente der Mitgliedsstaaten an der Mitsprache zur Handelspolitik zu hindern.
Menschenrechte und Klimaschutz? Fehlanzeige
"Es ist ein völlig falsches Zeichen, den Handelsteil des Abkommens zwischen der EU und Mexiko abzuspalten, um damit die Zustimmung der Parlamente der Mitgliedstaaten zu umgehen. Im Rahmen des europäischen Green Deals macht die EU große Versprechungen zu Klima- und Umweltschutz, gleichzeitig betreibt sie weiterhin eine Handelspolitik aus dem letzten Jahrhundert. Die Liberalisierung und Deregulierung des Handels würde weiter vorangetrieben. Wir fordern eine Handelspolitik, die Menschenrechten, den Belangen von Arbeitnehmer*innen, der Umwelt und dem Klima Vorrang vor Interessen von Konzernen und Investoren einräumt", sagt Roland Süß, Handelsexperte von Attac.
Jeremy Oestreich, Referent für Handels- und Investitionspolitik bei Powershift, ergänzt: "Die geplanten Handelsabkommen zwischen der EU und Mexiko oder dem Mercosur-Raum werden gerade deshalb kritisiert, weil sie den Klimazielen sowie vielen anderen Nachhaltigkeitszielen völlig zuwiderlaufen. Trotz dieser zunehmenden Kritik schließt die EU demokratische Institutionen vom Entscheidungsfindungsprozess aus, um weiter auf ihre alte Agenda setzen zu können."
Verheerende Folgen der Freihandelsabkommen in Mexiko
Und Mónica Vargas, Researcher und Global Campaigner beim Transnational Institute, stellt fest: "Die Auswirkungen von Freihandels- und Investitionsschutzabkommen haben in Mexiko bereits zu verheerenden Folgen geführt, wie das ‚Internationale Forschungsprojekt zu den sozialen und ökologischen Auswirkungen von transnationalen Konzernen und Freihandel‘ im Jahr 2019 festgestellt hat. Das modernisierte EU-Mexiko-Abkommen ist auch deshalb besorgniserregend, weil es das erste zwischen der EU und einem lateinamerikanischen Land unterzeichnete Abkommen wäre, das ein Kapitel zum Investitionsschutz enthält: Transnationalen Konzernen soll das exklusive Recht eingeräumt werden, die demokratischen Entscheidungen und Gesetze von Staaten anzufechten."
Bereits vor 27 Jahren unterzeichnete Mexiko das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA), das aggressivste Handelsabkommen der Welt, mit Kanada und den USA. Im Jahr 2000 unterzeichnete es ein ähnliches Abkommen mit der EU, das zwischen 2016 und 2020 noch einmal "modernisiert“ wurde. Seit Jahren prangern mexikanische und internationale soziale Bewegungen die Folgen der Handelsliberalisierung an, insbesondere die dramatischen Folgen für Menschenrechte und Umwelt in Mexiko. Attac und eine wachsende Zahl weiterer Organisationen in Europa und Mexiko lehnen die Ratifizierung des Abkommens ab.