Vergesellschaftung: Keine Rendite mit der Grundversorgung Die Energieversorgung gehört in öffentliche Hände
Der Zugang zu Energie ist ein Grundrecht. Mit der Privatisierung der Stromversorgung innerhalb der Europäischen Union vor über 20 Jahren ist Energie aber immer mehr zur Ware geworden, mit ihr lässt sich viel Geld verdienen. Wer über kein oder zu wenig Geld verfügt, wird von ihrer Nutzung ausgeschlossen.
Bis 1998 wurde in Deutschland die Stromversorgung für Privathaushalte von den Kommunen organisiert. Sie betrieben Stadtwerke oder beauftragten Unternehmen damit. Mit der Privatisierung der Energieversorgung durch die EU änderte sich dies grundlegend. Statt der öffentlichen Hand soll nun allein der Markt die Versorgung mit Gas und Strom sicherstellen. Der Staat hat sich darauf zurückgezogen, den Strommarkt zu regulieren und nur noch in Krisensituationen, wenn die Stromversorgung zusammenzubrechen droht, direkt einzugreifen. In einer solchen Krisensituation befinden wir uns aktuell.
Begründet wurde die Privatisierung des Energiemarktes damit, dass so die Stromkosten für die Verbraucher*innen sinken würden. Diese Entwicklung ist nicht eingetreten. Stattdessen wurden mit der Privatisierung öffentliches Vermögen verscherbelt und damit neue sichere Anlagemöglichkeiten für institutionelle Vermögensverwaltungen geschaffen. Seither ist viel Profit in private Taschen geflossen.
Das Versprechen sinkender Energiepreise wurde nicht eingehalten und die Allgemeinheit trägt die Defizite, während private Gewinne weitgehend unangetastet bleiben. Wäre es da nicht sinnvoll, die Energieversorgung gesellschaftlich zu organisieren? Ja! Aber wie? Die privatisierten Stadtwerke könnten rekommunalisiert werden. Teilweise geschieht dies bereits. Seit 2000 fanden in Deutschland schon 279 Rekommunalisierungen im Energiesektor statt. Kommunen haben erkannt, dass sie mit eigenen Stadtwerken Klimaschutzmaßnahmen besser umsetzen können. Zudem spülen Stadtwerke in kommunalem Eigentum Einnahmen in die öffentlichen Kassen. Auch die Überlandnetze, die sich zurzeit in den Händen von vier Monopolisten befinden, könnten in Anstalten des öffentlichen Rechts unter Federführung der Länder überführt werden. Aber es reicht nicht, Stadtwerke nur zu rekommunalisieren. Sie müssten auch demokratisiert werden. Warum sollten in den Aufsichtsräten nur Politiker*innen sitzen? Stadtwerke können auch so organisiert werden, dass Umwelt- und Sozialverbände sowie Stromkund*innen dort vertreten sind. Und selbstverständlich sollten auch die Beschäftigten angemessen beteiligt sein.
Mit eigenen Stadtwerken könnten die Kommunen direkteren Einfluss auf die Netzarchitektur nehmen. Sie könnten das lokale Netz so gestalten, dass es die optimalen Voraussetzungen für den Anschluss dezentraler Anlagen für erneuerbare Energie bietet. Gleichzeitig müsste das Erneuerbare-Energien-Gesetz so verändert werden, dass es kleine Energieanlagen und Energiespeicher von Bürger*innen, von Energiegenossenschaften und ähnlichen Akteuren fördert und nicht in erster Linie Großanlagen von Konzernen. Auf jedem Dach eine Solaranlage, egal ob auf städtischen Gebäuden, Ein- und Mehrfamilienhäusern oder auf Gewerbegebäuden – das muss das Ziel sein, nicht großtechnische Anlagen, die weite Transportwege notwendig machen und neue Abhängigkeiten schaffen. Die Energiewende muss nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch dezentral und demokratisch sein!
Autor: Thomas Eberhardt-Köster
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