Menü

Krisengewinnler: RWE jubelt Die Armen frieren, der Konzern fährt satte Gewinne ein

Die Energiepreise haben schwindelerregende Höhen erklommen, die von vielen Menschen nicht mehr zu bezahlen sind. Währenddessen jubelt der Energiekonzern RWE über einen verdoppelten Milliardengewinn und erwartet für dieses Jahr 5,5 Milliarden Euro. Dachte man noch vor Kurzem, dass dieser Konzern, der allein für ein Viertel des CO2-Ausstoßes in der Bundesrepublik verantwortlich ist, als fossiler Dinosaurier in die Geschichte eingehen würde, haben Finanzinvestoren wie Blackrock und das Emirat Katar verstanden, dass hier auch in Zukunft hohe Renditen winken.

Eine Übergewinnsteuer hält der Konzern trotzdem für eine Ausgeburt des Teufels und droht: „Wenn das so umgesetzt wird, müssen wir fürchten, dass neue Investitionen in erneuerbare Energien ausbleiben.“ (Michael Müller, Finanzvorstand von RWE). Solche Erpressungen und alle Formen offener politischer Einflussnahme haben bei RWE Tradition.

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts beglückte Stinnes die Kommunen mit RWE-Anteilen und Aufsichtsratsposten, und als die Aufsichtsratsposten per Gesetz beschränkt wurden, wurden als Organe der „legalen Korruption“ 1932 die Regional-Beiräte gegründet, in denen zum Beispiel auch heute noch rund 80 NRW-Kommunalpolitiker*innen sitzen – für jeweils 7000 Euro im Jahr. Schon 1986 schrieb der Spiegel: „Im Versorgungsgebiet des Konzerns gibt es kaum einen Landrat, Oberkreisdirektor, Stadt- oder Oberstadtdirektor, der nicht bei der Stromfirma einen Nebenverdienst hätte.“ Durch die persönlichen Verbindungen und Verstrickungen zwischen RWE und staatlichen Strukturen ist es dem Konzern jahrelang gelungen, gegen alle Klimaziele weiter die fossilen Energieträger auszubeuten.

Dafür steht beispielhaft auch der Deal mit der Landes- und Bundesregierung, nach dem RWE „bereits“ 2030 (statt 2038) aus der Kohle aussteigen will. Er beschert dem Konzern Extra-Profite, denn so können Drecksmeiler weiterlaufen, die eigentlich aus klimapolitischer Sicht in Kürze abgeschaltet werden müssten. Unterm Strich wird RWE mit dem „früheren“ Ausstieg mehr CO2 in die Luft pusten, als vorher bis 2038 vorgesehen war, und kann sich auch noch als grüner Vorreiter feiern lassen.

Auch international ist RWE überall dabei, wo es mit fossiler Energie noch Profit zu machen gibt. So mischt RWE bei dem Offshore-Gasprojekt vor der australischen Küste mit. Dort wird mit einem Ausstoß von knapp zwei Milliarden Tonnen CO2 gerechnet – mehr als doppelt so viel, wie ganz Deutschland in einem Jahr emittiert. Und dieses Projekt bedroht direkt das Great Barrier Reef in seinem Bestand.

RWE ist heute in 36 Ländern vertreten und verteidigt seine fossile Strategie mit Zähnen und Klauen. Weil die Niederlande 2019 den Kohleausstieg beschlossen haben, hat RWE sie auf eine Entschädigung von 1,4 Milliarden Euro verklagt. Gerade ist dies vom Haager Gericht abgewiesen worden; RWE kommentiert empört: „Ein Eingriff in unser Eigentum, ohne eine Entschädigung dafür zu erhalten, ist nicht akzeptabel.“

Bis vor kurzem war Sonnen- und Windenergie noch durch private und genossenschaftliche Initiativen dezentral organisiert. Aber heute ist RWE einer der international führenden Ökostromanbieter und arbeitet daran, diesen profitversprechenden Markt genauso zentralistisch zu organisieren wie die bisherige Energieversorgung. Insofern ist die anfangs zitierte Erpressung vielleicht gar keine Drohung, sondern ein Versprechen.

Autor*innen: Annette Schnoor / Törk Hansen

zurück zur Wandelsblatt-Themenseite