Akku voll - Umwelt kaputt
Die Gewinnung von Lithium verursacht in den Abbauländern – vornehmlich in Chile oder Argentinien - eine enorme Zerstörung des fragilen ökologischen Gleichgewichts. Zudem ist sie geprägt von Ignoranz gegenüber der einheimischen Bevölkerung und von Missachtung von Arbeitsrechten. Dennoch hat ein wahrer Lithiumrausch die Geschäfts- und Politikwelt erfasst. Auf der Suche nach dem „Gold für Akkus der ungebremsten Mobilität“ werden fast täglich neue Lagerstätten gemeldet. Denn Lithium soll in großem Maße zur Herstellung von Batterien für E-Autos genutzt werden, einem der Leitprodukte des „grünen“ Kapitalismus. Eine klimagerechte Mobilitätswende muss die individuelle Nutzung von E-Autos jedoch begrenzen, um den kostbaren erneuerbaren Strom in lebenswichtigeren Bereichen wie der Wärmeversorgung einzusetzen. Große, schwere E-SUVs gehören wegen ihren tonnenschweren Lithium-Ionen-Akkus abgeschafft. Die Alternative sind Bahn & Bus und in begrenztem Maße kleinere E-Autos, für die schon Natrium-Ionen-Akkus auf dem Markt sind.
Steckbrief Lithium
Aufgrund seiner elektrochemischen und physikalischen Eigenschaften ist Lithium ein idealer Kandidat, um Akkumulatoren mit hoher Energiedichte (ca. 260 Wh/kg) herzustellen.
Lithium kommt zwar relativ häufig auf der Erde vor, allerdings meist nur in geringen Konzentrationen. Seine Gewinnung ist daher aufwändig. Es gibt zwei Prozessrouten zur Gewinnung:
Aus Festgesteinsvorkommen werden aktuell 60 % des weltweiten Lithiumangebots gewonnen, fast ausschließlich in Australien. Das gewonnene Lithiummineral wird zur Weiterverarbeitung zu den Batterievorprodukten Lithiumkarbonat und Lithiumhydroxid nach Asien verschifft. Da die exportierten australischen Lithiumminerale nur eine Konzentration von 6 % Li2O und mehr als 90 % an „taubem Gestein“ aufweisen, werden beim Transport nach China hohe Mengen an Treibhausgasen freigesetzt. Der CO2-Äquivalenzwert ist daher bei der Gewinnung aus Festgestein um den Faktor 7 höher als bei der Gewinnung aus Sole.
Der überwiegende Rest wird aus Solevorkommen in Chile und Argentinien im südamerikanischen „Lithium-Dreieck“ gewonnen und dort zu Lithiumkarbonat und Lithiumhydroxid raffiniert. Diese gehen ebenfalls in die batterieproduzierenden Länder China, Südkorea und Japan.
In Europa liegen lohnenswerte Festgesteinsvorkommen in z.B. in Serbien oder im Erzgebirge. Im serbischen Jadartal ist die Erschließung wegen heftiger Proteste der lokalen Bevölkerung umkämpft. Die Gewinnung aus kontinentalen Tiefengewässern in Verbindung mit geothermischer Wärmegewinnung ist noch in Erprobung (z.B. Oberrheingraben).
Die Gewinnung von Lithium ist hoch umweltbelastend. In beiden Prozessrouten sind enorme Mengen an Wasser nötig. Da viele Chemikalien zum Extrahieren des Lithiums eingesetzt werden, wird zurückbleibendes Wasser durch Chemikalien und nicht brauchbare Schwermetalle verschmutzt. Darüber hinaus wird der Wassermangel rund um die Salare in Chile und Argentinien dadurch verschärft.
70% der weltweiten Lithiumgewinnung ist bei 5 Konzernen konzentriert. Die Gewinnung ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Lag das Wachstum der Förderung vorher bei 6% jährlich, so stieg es seit 2015 auf durchschnittlich 20%. Mit der Ausweitung von E-Mobilität ist mit noch größeren Steigerungsraten zu rechnen. Die weltweiten Reserven in den erschlossenen Minen und Salaren (nicht zu verwechseln mit den Ressourcen, also Lagerstätten, die zwar „gefunden“, aber noch nicht erschlossen sind) könnten in wenigen Jahren erschöpft sein und weitere Erschließungen nötig machen. So reichen z.B. die z.Zt. größten Reserven in Chile gerade einmal knapp 3 Jahre, um eine Umstellung der aktuellen weltweiten PKW-Produktion auf Lithium-Mobilität zu gewährleisten. Der Bedarf an Lithium zur Umstellung des aktuellen weltweiten PKW-Bestandes auf Lithium-Mobilität würde die weltweiten Reserven um das Dreifache überschreiten.
Alternativen
Erzgewinnung, Raffinierung, Transport und Batterieherstellung tragen zu einem erheblichen CO2-Fußabdruck von Lithium-Ionen-Akkus bei.
Die chinesische Firma JAC (eine VW-Partnerfirma ) hat 2024 Elektro-Autos mit Natrium-Ionen-Akku auf den Markt gebracht. Der weltweit größte Batteriehersteller, die chinesische CATL hat ein hybrides Batteriepaket entwickelt, bei dem Natrium-Ionen- und Lithium-Ionen-Akkus in ein einziges Batteriesystem integriert werden.
Natrium ist um ein Vielfaches umweltschonender. Natriumbatterien haben jedoch eine um 60% geringere Energiedichte (ca. 160Wh/kg), die bei gleichem Gewicht zu einer geringeren speicherbaren Energiemenge führt: Statt 160km mit Lithium komme ich mit Natrium nur 100km weit. Reduziere ich mit Natrium die Geschwindigkeit um 25% (z.B. von 160km/h auf 120km/h), komme ich gleich weit.
Insbesondere in Anwendungen, bei denen die im Vergleich zu Lithium-Ionen-Akkus geringere Energiedichte keine Rolle spielt, wie beim Speichern von Strom aus Wind und Photovoltaik, sind die Vorteile unübersehbar. Das sollte aber nicht dazu verleiten, zu meinen, mit dieser alternativen Technologie seien alle Probleme gelöst– auch Akkus auf Natriumbasis müssen geladen werden und die Fahrzeuge müssen gebaut werden. Das verbraucht Rohstoffe, Ressourcen und Energie in hohem Maße.