EU-Parlament: Erster Schritt gegen Konzern-Steuerdumping
Attac hält den Beschluss des Europäischen Parlaments zur Offenlegung von Konzerndaten für einen Schritt in die richtige Richtung, kritisiert ihn aber als nicht weitgehend genug. "Mit dem Ja zu Country-by-country-reporting hat das EU-Parlament nach jahrelangem Ringen eine zentrale Forderung von Attac ansatzweise umgesetzt. Jetzt muss auch Deutschland endlich die Daten der internationalen Konzerne veröffentlichen, was das Bundesfinanzministerium immer noch verweigert hat. Das ist ein Erfolg der internationalen Bewegung im Kampf gegen Steueroasen" sagt Karl-Martin Hentschel von der Attac-Arbeitsgruppe Steuern und Finanzmärkte. "Leider müssen Unternehmen nur Daten aus EU-Staaten und einigen wenigen anderen Ländern veröffentlichen. Solange alle übrigen weltweiten Aktivitäten von Konzernen ausgespart bleiben, ist ihren Steuertricks kein ausreichender Riegel vorgeschoben."
Gemäß dem Beschluss des EU-Parlaments müssen bis Mitte 2023 alle in der EU tätigen Konzerne, die in zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils einen Jahresumsatz von weltweit mehr als 750 Millionen Euro erzielen, relevante Konzerndaten offenlegen. Dazu gehören Umsätze, Gewinne, die Anzahl der Mitarbeitenden, Investitionen, gezahlte Ertragsteuern und nicht ausgeschüttete Gewinne. Diese Daten werden für alle Staaten der EU berichtet, für alle Steueroasen auf der schwarzen und nach zwei Jahren auch auf der grauen Steueroasen-Liste der EU. Dazu gehört auch die Türkei. Für die übrigen Staaten werden die Daten nur aggregiert dargestellt.
Gewinnverschiebungen außerhalb der EU bleiben im Dunkeln
Da 80 Prozent der Steuervermeidung in der EU in EU-Steueroasen wie Irland, Luxemburg, Niederlande, Malta oder Zypern geschieht, bedeutet die Neuregelung eine Verbesserung im Kampf gegen Steuerdumping. "Aber wir werden nach wie vor kein klares Bild über die weltweiten Gewinnverschiebungen bekommen. Es ist zu befürchten, dass Konzerne ihre Gewinne nun sogar vermehrt in Gebiete außerhalb der EU verschieben, um die Offenlegungspflichten zu umgehen", warnt Detlev von Larcher, ebenfalls aktiv in der Attac-AG Steuern und Finanzmärke.
Da nur Konzerne zu mehr Steuertransparenz verpflichtet werden, die zwei Jahre hintereinander mehr als 750 Millionen Euro umsetzen, wären rund 90 Prozent aller multinationalen Konzerne nicht betroffen. Enttäuschend ist aus Sicht von Attac auch, dass die Berichtspflichten wichtige Daten aussparen – insbesondere konzerninterne Transaktionen. Auch können Konzerne die Berichtspflichten nach eigenem Ermessen aufgrund "wirtschaftlicher Nachteile" um bis zu fünf Jahre verzögern.
Ziel muss die Gesamtkonzernsteuer sein
Country-by-country-reporting (CbCR) ist aus Sicht von Attac ohnehin nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Gesamtkonzernsteuer. Ziel ist die Besteuerung aller Gewinne dort, wo sie erwirtschaftet werden.
Attac fordert daher als nächste Schritte:
- Weltweite Berichterstattung. Diese könnte die EU beschließen.
- Berichterstattung für alle Großunternehmen ab 20 Millionen Euro Umsatz.
- Einführung der Gesamtkonzernsteuer in der EU. Die GKKB-Richtlinie wird seit 20 Jahren in der EU verhandelt und wird immer noch im Ministerrat blockiert – auch von Deutschland. Mit der Gesamtkonzernsteuer würden die Steuern dort eingezogen, wo die Gewinne erwirtschaftet werden.
Attac Deutschland engagiert sich seit seiner Gründung gegen Steuerflucht und -dumping und arbeitet dazu mit dem internationalen Tax Justice Network sowie dem deutschen Netzwerk Steuergerechtigkeit zusammen.