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Die UN-Arbeitsgruppe zum Binding Treaty

Im Juni 2011 wurden die UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechte von dem UN-Menschenrechtsrat verabschiedet. Sie drücken keine rechtliche Verbindlichkeit aus, sondern stellen eher einen Empfehlungskatalog für Staaten und Unternehmen dar.

Unzufrieden über die begrenzte Wirkungskraft der UN-Leitprinzipien wandte sich im September 2013 eine Gruppe von 85 Ländern  in einer von Ecuador initiierten gemeinsamen Stellungnahme an den UN-Menschenrechtsrat. Sie forderten ihn auf, einen Prozess zur Ausarbeitung eines verbindlichen Vertrages zu Wirtschaft und Menschen­rechten (Bindung Treaty) zu starten. Im Juni 2014 wurde im UN-Menschen­rechts­rat eine Resolution bezüglich eines verbindlichen Vertrages zu Wirtschaft und Menschenrechten mit 20 Ja- zu 14 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen angenommen. Gegen die Resolution stimmten Deutschland und alle weiteren europäischen Staaten im UN-Menschenrechtsrat, die USA, Japan, Südkorea und Australien. Sie begründeten ihre Ablehnung mit der Befürchtung, die Resolution würde die Umsetzung der UN-Leitprinzipien gefährden.

Mit der Resolution wurde eine offene Arbeitsgruppe (OEIGWG) eingesetzt, mit dem Auftrag, ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen über transnationale Unternehmen und Menschenrechte zu erstellen. Die Arbeitsgruppe ist nicht nur für alle UN-Mitglied­staaten und Staaten mit Beobachterstatus offen, sondern auch für zivil­gesell­schaft­liche Organisationen, Wirtschaftsvertreter*innen und weitere Akteure wie Rechtsexpert*innen. Den Vorsitz hat Ecuador.

Vom 15. bis 19. Oktober 2018 findet die vierte Verhandlungsrunde statt (Video­mit­schnit­te). In den ersten zwei Sitzungen wurde hauptsächlich über Form, Inhalt und Reichweite des möglichen Abkommens diskutiert. In der dritten Sitzung wurden erste Elemente eines solchen Abkommen (Draft Elements), die der ecuadorianische Botschafter auf Grundlage der bis dato geführten Beratungen vorgelegt hatte, diskutiert. Diese Debatten waren wiederum die Grundlage für eine Vertragsentwurf (Zero Draft), die als Diskussions­grund­lage der vierten Sitzung dient. Das Zero Draft ist gegenüber den Elementen der vorhergehenden Sitzung deutlich abgeschwächt.

Die Gegner eines verbindlichen Abkommens, größtenteils Industriestaaten, sind dafür mitverantworlich. Sie beteiligen sich nicht oder nur zögerlich an dem Erarbei­tungs­prozess und üben massive Kritik. So fordern sie etwa, dass ein neuer Vertrag nur Staaten in die Verantwortung ziehen und keine direkten Verpflichtungen für Unter­neh­men beinhalten solle. Auch die in den Draft Elements vorgeschlagenen Sank­tions­möglich­keiten und einen Internationalen Gerichtshof lehnen sie entschieden ab.

Um die ihnen missliebige Initiative zu stoppen, verweigerten sie in den ersten Sitzungen schlicht die Teilnahme. Zur vierten Sitzung wurden die Angriffe schärfer: Das Mandat der Arbeitsgruppe wird in Frage gestellt, ihre Finanzierung soll gedrosselt, der Vorsitz seitens Ecuador soll ausgetauscht werden.

Die EU tut sich schwer mit einer klaren Positionierung, da mehrere europäische Mitgliedsländer dem Prozess positiv gegenüberstehen, andere - wie Deutschland - aber nicht. Das Europaparlament hat sich in diversen Resolutionen für den Binding Treaty ausgesprochen. Von Mitgliedern des Europaparlaments wurde ein zwischen­partei­liches Netzwerk zur Unterstützung des Binding Treaty gegründet (das sich inzwischen internationalisiert hat).

Die Zivilgesellschaft kritisiert das Verhalten der EU und weiterer Länder wie etwa Deutschland scharf und stellt ihrerseits weitergehende Forderungen an den Vertragsentwurf. Die Kampagne von AttacD hat sich an der Ausarbeitung einer entsprechenden Stellungnahme der Deutschen Treaty Allianz beteiligt.

Aktionswoche zum Binding Treaty 13. bis 20. Oktober 2018 in Genf