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Film und Schnitt: Jannis Pohl

19 Stunden blieben wir an dem symbolträchtigen Ort und veranstalteten ein umfangreiches Programm mit verschiedenen Diskussionen, Live-Musik und Filmprogramm. Bei einer Podiumsdiskussion diskutierten Stephan Hebel (Frankfurter Rundschau), Ramona Lenz (Seebrücke), Antje Schrupp (Bloggerin) und Veith Selk (Politologe) mit den Aktivist*innen. Oberbürgermeister Peter Feldmann, der Hausherr der Paulskirche, wurde kurzfristig eingeladen, war aber auf Dienstreise und konnte nicht teilnehmen.

Podiumsdiskussion in der Paulskirche

Um 16 Uhr begann im Saal der Paulskirche die zweistündige Podiumsdiskussion "In welcher Gesellschaft wollen wir leben?". Aus technischen Gründen haben wir nur die ersten 50 Minuten im Mitschnitt.

Livestream auf dem Paulsplatz

Nach Beginn der Besetzung versperrte die Polizei den Zugang zum Gebäude. Interessierte, die sich an der Debatte beteiligen wollten, wurden nicht hereingelassen. Das Programm im Inneren des Gebäudes wurde per Livestream auf einen Bildschirm vor der Paulskirche übertragen.

Ziel unserer Aktion ist es, eine breite öffentliche Debatte über Demokratie anzustoßen. Diese Debatte ist mit unserem Auszug aus der Paulskirche nicht beendet – sie muss dringend weitergeführt werden. Wir rufen alle Bürger*innen auf, sich antidemokratischen Tendenzen entschieden entgegenzustellen und für eine solidarische, soziale und offene Gesellschaft einzutreten, die die Menschenwürde aller achtet. Dafür brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Demokratie in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere der Wirtschaft. Demokratie geht uns alle an.

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Paulskirchenerklärung

Wir, die Besetzer*innen der Paulskirche, haben uns hier versammelt, um an dieser Geburtsstätte der deutschen Demokratie nachdrücklich daran zu erinnern, dass staatliches Handeln und politische Entscheidungen dem Geist der Verfassung verpflichtet sind. Die Grundpfeiler unserer Demokratie sehen wir an vielen Stellen erheblich gefährdet. Deswegen öffnen wir einen Raum für die Diskussion der zentralen demokratischen Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

In der Verfassung ist festgehalten: Alle Bürger*innen dürfen gleichermaßen mitbestimmen.

Weder Geld noch Herkunft dürfen darüber bestimmen, wer seine Interessen besser durchsetzen kann.
Wenn der Staat die wirtschaftliche Macht Einzelner nicht beschränkt, auch wenn diese das Gemeinwohl und die Demokratie gefährden, ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Wenn der Staat Einkommen und Vermögen, und damit auch gesellschaftlichen Einfluss, von unten nach oben umverteilt, statt ausgleichend zu wirken, ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Wenn Menschen, die dauerhaft hier leben, die gleichen Rechte vorenthalten werden, ist dies ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Die Gesellschaft, in der wir leben möchten, ist eine Gesellschaft der Gleichen und Freien.

In der Verfassung ist festgehalten: Der Staat ist verpflichtet, die Demokratie zu schützen.

Die Staatsgewalt muss dem Willen der Bürger*innen folgen.
Wenn die deutsche Regierung ihre Politik an den Bedürfnissen der Wirtschaft ausrichtet, statt dass die Bürger*innen entscheiden, wie sie wirtschaften wollen, ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Wenn die deutsche Regierung sich an Handelsabkommen beteiligt, in deren Folge sich Konzerne über demokratische Regeln und Gesetze hinwegsetzen dürfen, ist das ein Verstoß gegen den Grundsatz der Demokratie.

Wenn Regierungen von Bund und Ländern einen autoritären Umbau des Staates vorantreiben, indem neue Polizeigesetze tief in die Rechte der Bürger*innen eingreifen, statt Bürger*innenrechte zu verteidigen, ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Die Gesellschaft, in der wir leben möchten, ist demokratisch.

In der Verfassung ist festgehalten: Deutschland ist ein sozialer Staat.

Ein sozialer Staat muss dafür sorgen, dass seine Einwohner*innen von ihrer Arbeit ein gutes Leben führen können, und ohne Arbeit auch; doch nicht nur die deutsche Innen- und Wirtschaftspolitik, sondern auch die deutsche Außen- und Handelspolitik haben sich nach sozialen Grundsätzen zu richten.

Wenn der deutsche Staat prekäre Arbeit fördert, Sozialleistungen kürzt und mit seiner Steuerpolitik den Reichtum von unten nach oben umverteilt, dann ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Wenn die Bundesregierung mit ihrer Beteiligung an der Deregulierung der Finanzmärkte dazu beiträgt, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber auf die Gesellschaft umgelegt werden, dann ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Wenn die deutsche Außen- und Handelspolitik den Reichtum der Industrienationen zulasten armer Länder mehrt, dann ist das ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.

Die Gesellschaft, in der wir leben möchten, ist sozial.

In der Verfassung ist festgehalten: Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Dieser Grundsatz ist nicht geografisch an deutsche Landesgrenzen gebunden; vielmehr ist der deutsche Staat verpflichtet, auch seine internationalen Handlungen nach diesem Grundsatz auszurichten.
Wenn in einem reichen Land Menschen gezwungen sind, auf der Straße zu leben, weil sie sich keine Wohnung leisten können, und Mülleimer nach Flaschen durchwühlen müssen, um sich etwas zu essen zu kaufen, ist das ein Verstoß gegen das Gebot der Achtung der Menschenwürde.

Wenn die deutsche Regierung ihre Zustimmung gibt zur Lieferung von Waffen, die in anderen Teilen der Welt Menschenrecht brechen, oder zu Wirtschaftsabkommen, die in anderen Ländern zu unwürdigen Lebensbedingungen führen, ist das ein Verstoß gegen das Gebot der Achtung der Menschenwürde.

Wenn, das Recht auf Leben missachtend, der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen wird, weil mit Beteiligung der deutschen Regierung sichere Fluchtrouten unmöglich gemacht und Menschen gewaltsam von Europa ferngehalten werden, oder wenn ein politischer Rahmen geschaffen wird, in dem Menschen aufgrund ihrer Herkunft pogromartig gejagt werden können und um Leib und Leben fürchten müssen, ist das ein Verstoß gegen das Gebot der Achtung der Menschenwürde.

Die Gesellschaft, in der wir leben möchten, ist menschenwürdig.

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Foto: Bernd Zwönitzer
Foto: Bernd Zwönitzer
Foto: Bernd Zwönitzer
Foto: Bernd Zwönitzer
Foto: Bernd Zwönitzer
Foto: Bernd Zwönitzer

Fotomontage. Ausgangsfoto der Paulskirche: Roland Meinecke (CC BY-NC-ND 3.0)