Die Effizienzmarkthypothese kommt einem doch irgendwie spanisch vor
DIW-Experten: Das muss Paul erstmal nachmachen
Mit seiner von Soziologie-Professor Jürgen Gerhards und dem Volkswirtschafts-Professor Gert G. Wagner erstellten WM-Prognose lag das DIW Berlin zum dritten Mal in Folge goldrichtig. Die beiden Forscher hatten den Marktwert aller 32 Mannschaften basierend auf dem Marktwert der einzelnen Spieler berechnet und prognostiziert, dass Spanien den Titel gewinnen wird. Das spanische Team bringt es auf einen Marktwert von 650 Millionen Euro und ist damit die teuerste Mannschaft des Turniers. Damit lag das DIW-Prognose-Team nach der WM 2006 und der EM 2008 zum dritten Mal richtig. „Das muss Paul, die Krake, erstmal nachmachen“ meint Gert Wagner. „Unsere Prognosen sind zwar methodisch-mathematisch sehr einfach, aber theoretisch bestens fundiert“.
Wagner und Gerhards vertreten hier schlicht und einfach die Effizienzmarkthypothese, für die kürzlich der Preis in Anlehnung an Alfred Nobel ausgegeben wurde: Da beim Transfer von Fußballern ein relativ vollkommener Markt existiert und rationale Akteure alle zugänglichen Informationen über Spieler einpreisen und somit die Preise der Spieler ihren fußballerischen Wert angemessen ausdrücken, müssen natürlich die Teams gewinnen, deren Marktwert am höchsten ist. Diese These ist in der einfach strukturierten Weltsicht v.a. heutiger Durchschnittsökonomen nicht überraschend.
An der allerdings letztlich doch nicht so berauschenden Korrelation zwischen Sieg und Marktwert sind natürlich andere schuld. „Der Soziologe Jürgen Gerhards argumentiert: Der relativ schwache Zusammenhang zwischen Mannschafts-Wert und Platzierung wurde auch durch die vielen Fehlentscheidungen der Schiedsrichter herbeigeführt. Wäre zum Beispiel das zweite Tor der Engländer im Spiel gegen die deutsche Mannschaft gegeben worden und England weitergekommen, wäre der Zusammenhang zwischen Marktwert und endgültiger Platzierung viel stärker gewesen.“
Der DIW-Ökonom und Auchfußballexperte Gert G. Wagner tritt demgegenüber für eine Hardlinerversion, eine sogenannte strenge Effizienzmarkthypothese ein: „Aufgrund der verbesserten Trainingsmethoden und insbesondere der Taktik-Schulung leisten sich die so trainierten Spitzenteams kaum noch Ausrutscher. Die Spieldisziplin hat ja auch zum Endspielsieg der Spanier wesentlich beigetragen. Das freut die Fans der Siegermannschaften, ist aber nicht gut für den Fußball. Es bleibt nur spannend, wenn durch Zufall und Fehlentscheidungen oft genug die Favoriten stolpern. Darum: Hände weg vom Videobeweis.“
So legt sich jeder seine Effizienzmarkthypothese zurecht und bereichert die Fußballwelt mit Vorschlägen und Erklärungen. Zu hoffen bleibt nur, dass die beiden Fußballexperten nicht allzu sehr an ihre These glaubten und auf das entsprechende Endspiel in Brasilien, nämlich Spanien gegen Deutschland (mit dem zweithöchsten Marktwert) mit Geldeinsatz spekulierten.
Für heterodoxe Zeitgenossen, in deren Herzen auch ein Rest fußballerischen Nationalstolzes ruht, tut sich hier natürlich ein gewisser Abgrund auf, da man als Kritiker der Effizienzmarkthypothese wünschen muss, dass Deutschland nicht im Endspiel steht. Aber letztlich dürfte es v.a. darauf ankommen, dass mit nicht unbedingt realitätsaffinen Konzepten wie der Effizienzmarkthypothese Ökonomen z.B. zu Fragen der Finanzmarktregulierung auf die Menschheit losgelassen werden und die Zeche hieraus resultierender wirtschaftspolitischer Fehlberatung zumeist der Durchschnittsbürger und Steuerzahler zahlt.
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