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Stop Border Violence Initiative für ein Ende der Gewalt an den europäischen Außengrenzen

Hochrangige AfD-Politiker*innen trafen sich im November im Geheimen mit Neonazis und finanzstarken Unternehmer*innen. Der rassistische Charakter des Treffens ist bekannt: Geplant wurde die Deportation von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Es ist ein Licht in dieser dunklen Zeit des erstarkenden Nationalismus, dass der Skandal um diese Zusammenkunft eine Welle des Widerstandes gegen die neuen Nazis in Deutschland ausgelöst hat.

Auch viele Parteienvertreter*innen standen bei diesen Demonstrationen auf den Bühnen, doch bei vielen ist ihre geäußerte Empörung über die Deportationsphantasien der Rechtsextremen wenig glaubhaft. Wenn beispielsweise die CDU eine Komplettauslagerung des Flüchtlingsschutzes an Drittstaaten fordert oder der Kanzler mit markigen Worten konsequentere Abschiebungspolitik ankündigt, wird deutlich, wie wenig Wert inzwischen in fast allen Parteien auf das Asylrecht gelegt wird. Dies schlägt sich auch in konkreten Entscheidungen nieder, wie bei der aktuellen Verabschiedung des „Rückführungsverbesserungsgesetzes“ oder auf EU-Ebene in der Einigung auf das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS). Es scheint, als sei die Abschottung gegen Flüchtende in Europa Konsens und kein Preis dafür zu hoch.

In der Präambel der EU-Grundrechtecharta heißt es: „Die Europäische Union gründet sich auf die unteilbaren und universellen Werte der Menschenwürde, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität.“ Seit Jahren erleben wir jedoch die kontinuierliche und systematische Verletzung dieser Prinzipien. Unbestreitbare Beispiele dafür sind: die Militarisierung und Verlagerung der Binnen- und Außengrenzen, brutale Abschiebungen, Gewalt gegen Geflüchtete innerhalb der Mitgliedstaaten und auch in Drittländern, mit denen Europa Abkommen geschlossen hat, um Asylsuchende an der Einreise in das europäische Hoheitsgebiet zu hindern. In Kroatien, Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien, aber auch in Libyen und der Türkei werden die Menschenrechte von Geflüchteten rücksichtslos außer Kraft gesetzt. Missbrauch und Gewalt sind zum dominierenden Merkmal der europäischen Governance im Umgang mit Migration geworden.

Die Festung Europa zeigt sich von ihrer unmenschlichsten Seite. Sie versperrt sichere Fluchtrouten und zwingt Flüchtende dadurch, lebensgefährliche Wege auf sich zu nehmen. In diesem Jahrhundert sind bereits zehntausende Menschen auf der Flucht auf dem Weg nach Europa gestorben – ertrunken, verhungert, erfroren oder durch Grenzsoldat*innen ermordet. Kriegerische Konflikte, die Verarmung durch Ausbeutung anderer Länder und ganzer Kontinente und die dramatische Verschlechterung der klimatischen Bedingungen zwingen Menschen aus anderen Teilen der Welt, diese Risiken auf sich zu nehmen. Doch statt sich ihrer Mitverantwortung für diese Fluchtgründe zu stellen, führt die EU Krieg gegen Flüchtende und nimmt ihren Tod billigend in Kauf.

Doch eine europäische Bürgerinitiative hält jetzt gegen diese Stimmung. Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „ Artikel 4: Folter und unmenschliche Behandlungen an den europäischen Grenzen stoppen“ (#stopborderviolence) hat sich zum Ziel gesetzt, die Grenzgewalt zu beenden. Durch sie fordern die europäischen Bürger*innen direkt von der Europäischen Kommission:
1. Überwachungsmechanismen zur Aufdeckung und Unterbindung von Grundrechtsverletzungen und Handlungen, die die Menschenwürde verletzen, einzurichten – sowohl an den Grenzen als auch im gemeinsamen europäischen Raum;
2. aus internationalen Abkommen zur Kontrolle von Migrationsströmen mit Drittländern auszusteigen, die sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben, sowie solche Abkommen künftig zu Unterlassen;
3. Mindestaufnahmestandards festzulegen, die für alle Mitgliedsländer und für die gesamte Dauer des Aufenthalts in ihrem Hoheitsgebiet gelten;
4. gegebenenfalls spezifische Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen EU-Vorschriften zu verhängen.
Die Initiative beruft sich auf Artikel 4 der Charta der EU-Grundrechte, der besagt, dass niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Erreicht diese Initiative eine Million Unterschriften von EU-Bürger*innen, muss zu dem Thema eine Anhörung im EU-Parlament stattfinden. Außerdem muss die Kommission innerhalb von drei Monaten eine rechtliche und eine politische Stellungnahme erstellen und über die Notwendigkeit eines neuen Gesetzesvorschlags entscheiden.

Jetzt gilt es, nicht nur auf die Straße zu gehen, sondern aktiv für eine humane Asylpolitik zu streiten!

Georg Brzoska ist Vertreter von Attac im Bündnis Griechenlandsolidarität Berlin.

Webseite der Initiative: www.stopborderviolence.org/de 
Pressekonferenz der Vorstellung der Initiative