Seenotrettung ist kein Verbrechen: Mehr als 20.000 protestieren gegen tödliche Abschottungspolitik der Bundesregierung und der EU
In den letzten zwei Wochen sind bundesweit mehr als 20.000 Menschen unter dem Motto "Seebrücke: Schafft sichere Häfen" gegen die Abschottungspolitik der Europäischen Union auf die Straße gegangen. Viele Attac-Aktive beteiligen sich an den Demos. Für die kommenden Tage sind weitere Proteste angekündigt: Heute in Brandenburg an der Havel, Frankfurt am Main und Saarbrücken, am Freitag in Bonn, Kiel und Sulzbach-Rosenberg, am Samstag in Augsburg, Bielefeld, Düsseldorf, Einbeck, Freiburg, Mannheim, Marburg, Münster und Stuttgart sowie am Sonntag in Baden-Baden, Erfurt und München. In München werden besonders viele Teilnehmer*innen zur Großdemonstration "Ausgehetzt – Gemeinsam gegen die Politik der Angst" erwartet.
"Viele tausende Menschen wollen es nicht mehr schweigend hinnehmen, dass ihre Regierungen den Tod von Flüchtenden mit verursachen, indem sie Hilfeleistungen kriminalisieren," sagt Maria Wahle vom Koordinierungskreis von Attac Deutschland.
Jeden Tag, an dem die Rettungsschiffe nicht auslaufen können, ertrinken Menschen
Bereits mehr als 1.400 Menschen sind in diesem Jahr auf ihrem Flucht aus Afrika nach Europa im Mittelmeer ertrunken. Als wäre dies nicht schlimm genug, blockieren die Regierungen von Malta und Italien private Seenotrettungsschiffe und drohen den Helfenden mit Gerichtsverfahren. An jedem Tag, an dem die Schiffe nicht auslaufen können, ertrinken weiter Menschen. Gleichzeitig liefern sich der deutsche Innenminister Seehofer und der italienische Innenminister Salvini einen Wettstreit, wer am effektivsten die Festung Europa verteidigen kann. Der EU-Sondergipfel zu Asyl Ende Juni hat sich in erster Linie damit beschäftigt, wie sich die EU noch besser gegen Flüchtende abschotten kann, statt damit, wie Hilfe für sie organisiert werden kann.
"Es ist beschämend, dass die EU die Mittel für den Grenzschutz aufstockt, statt sie dafür zu verwenden, die in Europa Gestrandeten menschenwürdig unterzubringen und zu versorgen," sagt Thomas Eberhardt-Köster von Attac. "Die Idee, aus dem Mittelmeer Geborgene zurück in Lager in Nordafrika bringen zu lassen, ist angesichts der Situation in Ländern wie Libyen, wo Geflüchtete wie Sklaven gehandelt werden, zynisch."
Flucht ist Folge von Ausplünderung, Klimawandel, Destabilisierung und Militarisierung
Deutschland hat, wie andere EU-Staaten auch, nicht nur an der Ausplünderung Afrikas verdient und durch die Nutzung fossiler Energien den Klimawandel beschleunigt, unter dem viele Länder Afrikas zu leiden haben. Durch Rüstungsexporte in Spannungsgebiete haben deutsche Firmen wie Rheinmetall und Heckler & Koch an der Destabilisierung und Militarisierung der Regionen viel Geld verdient. Jetzt, wo die Lebensgrundlage vieler Menschen zerstört ist, machen sich einige auf den Weg nach Europa. Statt ihnen zu helfen, wird viel Geld darauf verwendet, sie abzuwehren. Diese Politik ist nicht nur verlogen, sie wird auch nicht erfolgreich sein.
Solange die Ursachen für Flucht in Form von ungerechtem Handel, Klimawandel und Rüstungsexporten nicht beseitigt sind, werden immer mehr Menschen versuchen, dem Elend zu entkommen und ihr Glück in Regionen wie Europa suchen. "Wir brauchen eine Politik, die Fluchtursachen mittel- bis langfristig beseitigt und kurzfristig sichere Fluchtwege nach Europa schafft" sagt Maria Wahle. "Deshalb wehren wir uns nicht nur gegen Freihandelsabkommen, die Fluchtursachen schaffen, sondern unterstützen auch die Aktionen 'Seebrücke: Schafft sichere Häfen'."