Ein AfD-Verbot ist jetzt notwendig – Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat sind aufgefordert, jetzt den Antrag zu stellen!
Kubitschek ist Gründer des verfassungsfeindlichen Instituts für Staatpolitik in Schnellroda und, obwohl nie AfD-Mitglied, Autor des Gründungsdokuments des Flügels, einer faschistischen, rechtsextremen Gruppe innerhalb der Partei. Er pflegt enge Beziehungen zu Höcke und hat Einfluss auf die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag genommen. In Schnellroda wird die AfD-Jugend trainiert, die vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft wird. Die Eurokritik des Parteigründers Bernd Lucke war für Kubitschek das Einfallstor: „Denn dieses Thema ist das feine Thema, das Türöffner-Thema, und unsere Themen (...) kommen hinterdreingepoltert, wenn wir nur rasch und konsequent genug den Fuß in die Tür stellen.“[1]
Björn Höcke ist der ideale Lautsprecher für Kubitscheks Ideologie. Er kommt gut an, überspitzt, provoziert und verharmlost zugleich. Kubitschek: „So konstruktiv-destruktiv wie Höcke hat aus dieser Partei heraus noch keiner agiert."[2] Höcke selbst hat auch sein nazistisches Gedankengut offenbart. Einmal in seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“[3] und dann als Pseudonym Landolf Ladig in der Eichsfeldstimme und dem rechtsradikalen Blatt „Volk in Bewegung“. Höcke hat immer bestritten, Ladig zu sein, die Identität ist aber durch ein Gutachten bestätigt worden. Sieht sich Höcke als der neue Führer, wenn er in seinem Buch schreibt: „Die Sehnsucht der Deutschen nach einer geschichtlichen Figur, welche einst die Wunden im Volk wieder heilt, die Zerrissenheit überwindet und die Dinge in Ordnung bringt, ist tief in unserer Seele verankert, davon bin ich überzeugt." [3]
Einem Höcke mit Kubitschek im Hintergrund waren die biederen, Politik unerfahrenen Lucke und Hans-Olaf Henkel nicht gewachsen. Sie verließen recht schnell die Partei. Frauke Petry versuchte, Höcke durch ein Parteiausschlussverfahren loszuwerden, scheiterte aber an Jörg Meuthen und Alexander Gauland. Auch sie verließ die Partei. Meuthen, im Machtkampf mit Petry, taktierte zugunsten Höckes, was er heute angeblich bereut. Die formale Auflösung des Flügels sowie des Instituts für Staatspolitik haben an der weiteren Radikalisierung der Partei nichts geändert. Und wohin die Reise gehen soll, ist auch schon im Buch Höckes klar beschrieben: „Die ‚Festung der Etablierten‘ muss von mindestens zwei Seiten in die Zange genommen werden: von der protestierenden Bürgerbasis her und von uns als parlamentarischer Speerspitze der Bürgeropposition. Wichtig wäre noch eine weitere Front aus den frustrierten Teilen des Staats- und Sicherheitsapparates heraus (...).“[3] Was das bedeutet, wenn Polizei, Bundeswehr und Verwaltungen des öffentlichen Dienstes großflächig unterwandert werden, kann man nur erahnen.
Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz bezeichnet Parteien als verfassungswidrig, die die freiheitlich demokratische Grundordnung (fdGO) beeinträchtigen oder beseitigen wollen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem sog. NPD-Urteil 2017 die Grundpfeiler dieser fdGO neu definiert. Diese sind das Demokratieprinzip, die Menschenwürde und das Rechtsstaatsprinzip.[4]
Wieso stuft der Verfassungsschutz die AfD als extremistischen Verdachtsfall ein?
Das OVG Münster hat sich in seinem Revisionsurteil 2024 mit dieser Frage ausgiebig beschäftigt. Danach vertritt die AfD einen ethnisch kulturellen Volksbegriff, missachtet die Menschenwürde insbesondere die von Ausländern und Muslimen und verletzt das Demokratieprinzip, wenn beispielsweise politischen Gegner*innen die Existenzberechtigung abgesprochen wird.[5]
Die AfD verknüpft den „ethnisch-kulturellen Volksbegriffs“ mit der politischen Zielsetzung, die rechtliche Gleichheit aller Staatsangehörigen infrage zu stellen.[6] Die AfD warnt mit Begriffen wie „Volkstod“, „Umvolkung“ oder „großer Austausch“ vor dem angeblichen Untergang des deutschen Volkes aufgrund der „Vermischung“ mit Einwanderern.[5]
Das Politikkonzept der AfD ist auf Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern, Migranten, insbesondere Muslimen, und politisch Andersdenkenden gerichtet. Migranten seien kulturell rückständig und hätten allein aufgrund ihrer Herkunft und Religion einen überproportional stark ausgeprägten Hang zu Kriminalität und Gewalt, ihnen werde vielfach ein minderwertiger und untergeordneter Status zugesprochen: Verunglimpfung als „Messermänner“, „Invasoren“, „Eindringlinge“ und „Parasiten“.[5]
Die Diffamierungen und Verunglimpfungen von politischen Gegner*innen und Vertreter*innen des Staates zielten nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern auf eine generelle Herabwürdigung und Verächtlichmachung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Es lägen zahlreiche pauschal diffamierende Aussagen vor, die den Parlamentarismus absolut verächtlich machten, ohne dass eine Alternative benannt werde, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben pluralistischer Willensbildung entspreche. Zahlreiche Funktionäre der bayerischen AfD haben nicht nur die Bundesrepublik Deutschland als totalitäres System verunglimpft, das beseitigt werden müsse, sondern wiederholt Umsturzfantasien und Aufrufe zur Gewalt geäußert.[5]
Die AfD ist nicht nur in ihrem Denken eine Gefahr für die Demokratie, sondern auch in ihrem Handeln. Höcke kündigte an, nach seinem Wahlsieg in Thüringen 2024 die Fördermittel für Demokratie, Vielfalt und den Kampf gegen Rechtsextremismus zu streichen und die Medienstaatsverträge zu kündigen. „Wir müssen die Printmedien und den öffentlich-rechtlichen Propagandaapparat angreifen und abschaffen“, fordert beispielsweise Heiko Hessenkemper MdB. Nun ist das zwar so ohne Weiteres rechtlich nicht möglich, doch steter Tropfen höhlt den Stein. Die AfD ist in vielen Kommunalparlamenten schon so stark, dass kommunale Förderungen von Demokratievereinen infrage stehen.
Deshalb ist es notwendig, die Partei zu verbieten, wie es Art. 21 Absatz 2 GG ausdrücklich vorsieht. Denn diese Bestimmung ist das „Schwert der Demokratie“ und wurde in die Verfassung aufgenommen, weil man genau das verhindern wollte, was sich jetzt anbahnt.
Ein Verbot ist auch deshalb unabdingbar, weil verhindert werden muss, dass sich ganz offiziell in Verwaltungen und Sicherheitsorganen AfD-Mitglieder und Sympathisant*innen einnisten und von innen heraus den Staatstreich befördern. Und die staatliche Finanzierung dieser Umsturzpläne muss durch ein Verbot verhindert werden. Lt. Rechenschaftsbericht 2022 der AfD war die staatliche Parteienfinanzierung die größte Einnahmequelle, keine andere Partei des Bundestages hängt so stark von staatlichen Mitteln ab. Und mit diesen staatlichen Mittel werden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mehrere tausend hauptamtliche Mitarbeiter*innen finanziert, deren Aufgabe es ist, die AfD-Ideologie in die Fläche zu bringen. Wie erfolgreich das ist, haben die letzten Wahlen gezeigt. Und was sind das für Personen, mit unseren Steuergeldern finanziert werden? Die AfD im Bundestag beschäftigt mehr als 100 Neonazis und Identitäre (von insgesamt 182 Mitarbeitenden).
Es gibt von einigen Seiten Bedenken gegen ein Verbot. Es könnte scheitern und die Opferinszenierung der AfD antreiben. Auch seien ja mit dem Verbot die rechtsradikalen Einstellungen auch weiterhin vorhanden. Das kann alles richtig sein.
Doch es stellt sich die Frage, was passiert, wenn kein Verbotsantrag gestellt wird. Die AfD wird stärker, sie treibt die anderen Parteien weiterhin vor sich hin und der Mainstream verschiebt sich immer weiter nach rechts. Ausschluss und Gewalt gegen Marginalisierte nehmen zu, ohne dass es ein wirksames Mittel gegen die AfD und ihre Rolle in der „Bedrohungsallianz“ gibt. Und ein „Autoritärer Kipppunkt“ tritt ein, wenn die AfD (regional) Staatsgewalt ausübt und Entwicklungen in Gang setzt, die nicht oder nur sehr schwer zurückgedreht werden können. Über die Auswirkungen der AfD im Staatsapparat habe ich oben schon geschrieben. Es wird sich die politische Lage weiter verschärfen, denn die politischen Ansätze gegen die AfD bleiben so erfolglos wie bisher, während sie auf dem Boden der Vielfachkrise wächst.
Kubitschek: „Wünschen wir uns die Krise! (...) Weil wir also einen Gegner haben, ist es an uns, die Krise als Chance zu nutzen, die Begriffe zuzuspitzen und den Gegner zu kennzeichnen. Provokation ist dafür das geeignete Mittel. Wozu sich erklären? Wozu sich auf ein Gespräch einlassen, auf eine Beteiligung an einer Debatte? Weil Ihr Angst vor der Abrechnung habt, bittet Ihr uns nun an einen Eurer runden Tische? Nein, diese Mittel sind aufgebraucht, und von der Ernsthaftigkeit unseres Tuns wird Euch kein Wort überzeugen, sondern bloß ein Schlag ins Gesicht."[8]
„Neben dem Schutz unserer nationalen und europäischen Außengrenzen wird ein großangelegtes Remigrationsprojekt notwendig sein. Und bei dem wird man, so fürchte ich, nicht um eine Politik der ‚wohltemperierten Grausamkeit‘, wie es Peter Sloterdijk nannte, herumkommen. Das heißt, daß sich menschliche Härten und unschöne Szenen nicht immer vermeiden lassen werden.“ (Höcke in seinem Buch)
Viele Bürger*innen hatten Anfang der 1930er Jahre Hitlers „Mein Kampf“ im Regal stehen, die wenigsten haben es gelesen. Vielleicht sollten wir rechtzeitig Höckes „Nie zweimal in denselben Fluss“ lesen.
[1] Götz Kubitschek, 2013, publiziert in: Sammelband Die Spurbreite des schmalen Grats, 2016
[2] Götz Kubitschek, sezession.de, 2020
[3] Nie zweimal in denselben Fluß: Björn Höcke im Gespräch mit Sebastian Hennig (Politische Bühne. Originalton) Broschiert – 21. Juni 2018 von Sebastian Hennig (Autor), Björn Höcke (Autor)
[4] BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13
[5] Urteil Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster vom 13. Mai 2024 – Az: 5 A 1218/22
[6] Urteil Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) vom 14. September 2023 - Eilverfahren
[7] Urteil Verwaltungsgericht (VG) Köln vom 8.3.2022 - 13 K 326/21
[8] Götz Kubitschek, Provokation, 2007
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