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BlackRock versus Sambia

Ist der Kapitalismus noch zeitgemäß?

Der reichste Vermögensverwalter der Welt und eines der ärmsten und am höchsten verschuldeten Länder Afrikas streiten sich ums Geld. Dabei berufen sich beide auf das Gemeinwohl.

Mit seiner Verantwortung gegenüber amerikanischen Pensionsempfängern begründet BlackRock  seine Entscheidung, auf die Forderung Sambias nach Schuldenerleichterungen nicht eingehen zu können. Schließlich verwalte BlackRock den Pensionsfonds amerikanischer Rentner, die ihm ihre Ersparnisse im guten Glauben an einen sicheren Lebensabend anvertraut hätten. Hinzu komme, dass die Gelder in sogenannten Anleihen-Indexfonds angelegt seien, die nach Auskunft von BlackRock-Managern nicht ohne weiteres umstrukturiert werden könnten, ohne die Ersparnisse einfacher Leute zu gefährden. Ein unauflösbares Dilemma also?

Anleihen von Entwicklungsländern waren bei Anbietern einer kapitalgedeckten privaten  Altersvorsorge bis vor kurzem noch sehr beliebt, weil sie attraktivere Renditen versprachen als die Anleihen der wohlhabenden Industriestaaten mit ihren Niedrigzinsen. Dafür nahmen die Anbieter auch höhere Ausfallrisiken in Kauf. Reiche Vermögensverwalter wie BlackRock vertrauen allerdings darauf, dass sie mit ihrer Marktmacht ihre Zahlungsansprüche gegenüber ihren schwächeren staatlichen Partnern schon durchsetzen werden. So ist z.B. Sambia schon jetzt mit einigen Zahlungen bei privaten Kreditgebern in Verzug geraten und muss fürchten, bei weiteren Zahlungsausfällen auf dem Kapitalmarkt als Paria behandelt zu werden. Das bietet seinen mächtigen Gläubigern viel Erpressungspotential. Also spart die Regierung bei der Bevölkerung und der Infrastruktur, um die Schulden zu bedienen, oder nimmt neue Schulden auf, um alte zu begleichen.

Gute Einnahmen bei der privaten Altersvorsorge haben also ihren Preis. Diesen zahlen ausgerechnet die ärmsten Länder des globalen Südens in Form von hohen Zinsen, die sie den Käufern ihrer „Hochrisiko“-Anleihen bieten müssen. Zusätzlich stemmen sie noch das Wechselkursrisiko, da sie die Anleihen nicht in eigener, sondern in ausländischer Währung, in der Regel in USD oder Euro, emittieren müssen. Sinkt der Kurs der einheimischen Währung wie jetzt bei Corona wegen wirtschaftlicher Verwerfungen, erhöht sich die Höhe des von ihnen zu leistenden Schuldendienstes entsprechend. Und das bei gleichzeitig sinkenden Staatseinnahmen. Ein Teufelskreis.

Mit dem wachsenden Schuldenberg hat sich die wirtschaftliche Lage Sambias trotz Kürzungen im Gesundheits- und Sozialbereich weiter verschlechtert. Inzwischen zahlt es mehr für den Schuldendienst als es an Neukrediten erhält. Um der immer auswegloseren Lage zu entkommen, fordert Sambia einen Schuldenschnitt, um unter besseren Voraussetzungen einen Neuanfang machen zu können.

Staatliche Kreditgeber sind ebenso wie Weltbank und Weltwährungsfonds angesichts der dramatischen Lage bereit, sich auf Schuldenerleichterungen einzulassen. Die einzigen, die glauben,  keinen Spielraum für ein Entgegenkommen zu haben, sind die privaten Gläubiger. Wahrscheinlich weil ihre Aussichten bei einem Weiterso besonders rosig sind. So kann z.B. BlackRock als der größte von ihnen nach Berechnungen der NGO „Jubilee Debt Campaign“ eine Rendite von 110%  auf das von ihm eingezahlte Kapital erwarten, wenn Sambia seine Schulden bis zum bitteren Ende in voller Höhe zurückzahlt.

Um zu verhindern, dass über Steuern finanzierte öffentliche Gelder auch noch dazu dienen, die Gewinne privater Gläubiger abzusichern, darf es keine Ausnahmeregelungen geben. „Erlassjahr“, eine Organisation, die sich für faire Entschuldungsregelungen einsetzt, fordert von den Staaten der G7 daher nationale Gesetzesvorhaben, durch die private Gläubiger verpflichtet werden, sich an den Umschuldungsmaßnahmen zu beteiligen. Ob das angesichts des wachsenden Ungleichgewichts zwischen staatlichen Ordnungshütern und den Kapitalmärkten gelingt, ist zweifelhaft. Bisher ist es bei hilflosen Appellen der Staaten geblieben.

Eine Umkehr bei der Entwicklungshilfepolitik ist jedenfalls nicht in Sicht. Trotz der negativen Erfahrungen mit privaten Kreditgebern und Investoren setzen westliche Geberländer, Weltbank und Weltwährungsfonds nach wie vor verstärkt auf privates Kapital, um notwendige und nachhaltige Investitionen in Entwicklungsländern voranzutreiben. Um Sambia für private Akteure attraktiv zu machen, sollen Ausgaben gesenkt, Verbraucherpreise dereguliert und durch eine „wirtschaftsfreundliche“ Politik neue Bereiche für private Investitionen geöffnet werden. Das Ganze erinnert fatal an die Strukturanpassungsprogramme von Weltbank und IWF in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Diese haben die durch hohe Zinsen ausgelöste erste große Schuldenkrise der Entwicklungsländer auch nicht gelöst, sondern verschlimmert.

Kapitalfreundliche Lösungsversuche hatten wir also schon mal und sie haben nicht funktioniert, jedenfalls nicht für die Länder, für die sie gedacht waren. Stattdessen haben sie die Ungleichheit befördert, sowohl innerhalb der Länder, als auch weltweit.

Wie zeitgemäß ist ein Kapitalismus, der auf die Rezepte von gestern setzt, um die Probleme von heute und morgen zu lösen? Alternativen, die den Menschen und nicht die Erzielung von Maximalrenditen in den Mittelpunkt stellen, gehören auf die Tagesordnung. Eine andere Welt ist möglich!

Quellen:
https://www.globaljustice.org.uk/wp-content/uploads/2020/10/under_the_radar_081020_1851.pdf 

https://erlassjahr.de/kampagne/globale-gerechtigkeit-stattschuldendienst/ 

https://www.gtai.de/de/trade/sambia/branchen/energiesektor-muss-neu-aufgestellt-werden-755650


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