Steuertrickser: "Modell Ikea" Vorbild für internationale Konzerne
Das schwedische Möbelunternehmen Ikea vermeidet seit Jahren in großem Stil Steuern in der Europäischen Union. Das belegt eine neue Studie, die von der Fraktion der Grünen/EFA im Europäischen Parlament in Auftrag gegeben wurde und auf einer Untersuchung des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac basiert. Die <media 59423 _blank external-link-new-window "Opens external link in new window">Attac-Untersuchung "Ein Dschungel namens Ikea"</media> hat erstmals das "Modell Ikea" in seiner Gesamtstruktur dargestellt. Beide Studien zeigen, dass Ikea wie fast kein anderes Unternehmen die Konzernstruktur und die Finanzoperationen systematisch optimiert hat, um möglichst wenig Steuern zu zahlen.
"Bei Ikea findet man alles, was in Handbüchern zur Steuervermeidung beschrieben wird. Was Amazon, Starbucks, Apple und Google heute praktizieren, hat Ikea vor dreißig Jahren erfunden. Das 'Modell Ikea' ist mittlerweile Vorbild für die Mehrzahl der internationalen Konzerne", sagt Karl-Martin Hentschel, Autor der Attac-Studie. "Es ist unerträglich, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch viele kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland ihre Steuern zahlen, während internationale Konzerne wie Ikea ihre Gewinne in Liechtenstein fast steuerfrei aufhäufen." Die Gesamtsteuervermeidung von Konzernen und anderen Akteuren wird allein für Deutschland auf zehn bis 30 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
Karl-Martin Hentschel: "Immer noch ist Deutschland eines der größten Hindernisse in der EU und der OECD für eine konsequente Schließung der Steuerschlupflöcher. Wir fordern Bundesfinanzminister Schäuble auf, endlich die unselige Bremserrolle aufzugeben und sein Gewicht im EU-Ministerrat für eine faire Unternehmensbesteuerung einzusetzen!"
Attac fordert im Einzelnen:
- die Einführung der öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung,
- die Offenlegung von Steuervereinbarungen zwischen Finanzämtern und Firmen – auch gegenüber der EU-Kommission,
- die Einführung von Mindeststeuern und das Verbot von Patent-Boxen in der EU,
- die Einführung der Gesamtkonzernsteuer (GKKB-Richtlinie) sowie
- den vollständigen automatischen internationalen Kontendaten-Austausch auch für Unternehmen.
Hintergrund:
Das "Modell Ikea" dient mittlerweile als Blaupause für die großen Unternehmensberatungen und zahlreiche internationale Konzerne, die Methoden dieses System kopiert haben. Bekannt in Deutschland wurden in jüngster Zeit insbesondere Eon, Bayer Leverkusen, die Deutsche Bank – aber auch US-Firmen wie Apple, Amazon und Google.
Ikea nutzt systematisch Steuervorteile innerhalb der Europäischen Union aus – vor allem in Luxemburg, den Niederlanden und Belgien – und nutzt dazu auch Offshore-Steueroasen wie Liechtenstein und Curaçao.
Eine der wirksamsten Vermeidungstechniken ist die Lizenzmethode. Dabei überweist Ikea einen erheblichen Teil der in Deutschland erwirtschafteten Gewinne an eine Firma in den Niederlanden. Diese Firma leitet die aus der ganzen Welt gesammelten Gewinne fast steuerfrei an die Interogo-Stiftung in Liechtenstein, die Familienstiftung der Familie Kamprad, welche den Gesamtkonzern kontrolliert.
Alleine durch diese Methode (in den verschiedenen Studien wurden mindestens sieben solche Methoden dokumentiert, mit denen jeweils weitere Teile der Gewinne steuerfrei gemacht werden) konnte das Unternehmen in den vergangenen sechs Jahren mindestens eine Milliarde Euro an Steuern sparen; allein 2014 gingen dem deutschen Staat und seinen Kommunen 35 Millionen Euro nur durch die Überweisung von Lizenzgebühren durch die Lappen.
Für Rückfragen und Interviews:
- Karl-Martin Hentschel, Attac-AG Finanzmärkte und Steuern, Tel. 0151 5908 4268