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Freiburg

Fulminante Bankwechselparty in Freiburg

Ein bisschen kalt ist es an diesem Samstagnachmittag. Unverdrossen dekorieren die Freiburger Attacies die offene Garage vor dem „Vorderhaus“ der Freiburger „Fabrik“ zur Cocktailbar und Verpflegungs-Theke. Sie schmieren leckere Brötchen – die Verpflegung
für die hoffentlich zahlreichen TeilnehmerInnen der großen Bankwechselparty. Infotisch und Kasse sind startklar, die größte Sorge macht der Crew die Frage, wie viele Menschen wohl kommen werden. Aber dann geht es los – auch mit der ersten großen Erleichterung: Der Saal ist gut gefüllt.

Die Anwesenden lassen sich schnell mitreißen vom Programm auf der Bühne. Der Schauspieler Nicola Fritzen war schon bei der Europäischen Sommerakademie im Vorjahr in Freiburg für Attac im Einsatz und hat seitdem Lust auf das globalisierungskritische Netzwerk. Jetzt führt er in den Abend ein. Von Andreas Binder am Flügel begleitet singt Johanna Bickel mit Nicola im Duett vom großen Geld. Mit einiger Anstrengung und Johannas Hilfe schafft Nicola das Motiv des Abends auf die Bühne: zwei bunte Banken, äh Bänke. Ein Running Gag des Abends ist damit gewährleistet, Bankwechsel geht hier innerhalb von Sekunden. Liebevoll haben die Freiburger Attacies weiße Stoffkissen mit Kröten bemalt, die das Bühnenbild abrunden. 

Der Berliner Journalist Harald Schumann erklärt dem „Immer-Noch-Postbankkunden“ Nicola Fritzen, warum es eigentlich überhaupt Banken gibt. Dann wird es voller auf den farbigen Gartenbanken. Thomas Jorberg vom Vorstand der ethischen GLS-Bank und Erich Greil, Direkter der Freiburger Sparkasse, sowie Jutta Sundermann vom bundesweiten Kampagnenteam der Krötenwanderung gehen der Frage nach „was macht die Bank mit meinem Geld?“ Obwohl sie mehrfach eingeladen worden waren, gelang es nicht, einen Vertreter der Commerzbank oder der Deutschen Bank für die Veranstaltung zu gewinnen.

Der Handel mit riskanten Derivaten, Banken, die zu groß sind zum Scheitern, Atom- und Rüstungsinvestitionen werden angeschnitten, intensiver wird die Diskussion um die folgenreiche Agrar-Rohstoff-Spekulation, aus der sich aktuell die Deka-Bank der Sparkassen zurück gezogen hat und zu der auf Europäischer Ebene derzeit wichtige Regulierungen diskutiert werden. Starker Tobak findet Nicola, teilt mit dem Publikum seine vielen Sorgen über die Folgen des Bankenhandelns – und mündet in ein Duett mit Johanna „I'm so worried about“.

Mit Aktionsfotos an der Wand stellt Jutta Sundermann die Idee der Bankwechsel-Kampagne vor. Sie zeigt, welche Themen die Kampagne immer wieder hervorhebt und wie viel Phantasie freizusetzen ist, wenn es um die Kröten, deren Wanderungsbewegungen und eine intensive Auseinandersetzung mit den Banken geht.

Plötzlich stehen mitten im Publikum Menschen auf. Sie gehören zum Freiburger SUSI Chor und stimmen ihr erstes Lied an, mit dem sie dann auf die Bühne ziehen. Passend
zum Thema haben sie ihre Beiträge ausgewählt und bekommen vor dem Beginn der Pause einen begeisterten Applaus. Auch für ihre Sparbuch-Alternative: Als alternatives Wohnprojekt freuen sie sich – bankenfrei – über Direktkredite.

Die KünstlerInnen eröffnen auch den zweiten Teil des Abends. Mit Liedern und Tucholsky-Texten. Dann ist es Zeit für die nächste Gesprächsrunde auf den Gartenbänken. Harald Schumann ist erneut im Einsatz und der Fachbereichsleiter Finanzmärkte beim Freiburger Zentrum für Europäische Politik, Bert van Roosebeke. Sie nähern sich der Frage, welche Rolle die Banken in der Eurokrise spielen. Es wird komplex. Das Handeln der Politik und der Banken greift ineinander. Die Banken werden – obwohl sie sich nach der großen Finanzkrise von 2008 kaum verändert haben, mit billigen Milliarden versorgt, in der Hoffnung, dass sie den Pleite-Staaten ihre Staatsanleihen abnehmen mögen. Während Jutta wieder die Gesprächsführung innehat, unterbricht Nicola die konzentriert Diskutierenden mehrfach, um die wichtigsten Thesen spontan zu tanzen! Zur Musik des Flügels legt er los und bringt in rhythmischer Pantomime faszinierende Bewegungen zustande: Mal stellt er den abkassierenden Bänker dar, mal den verzweifelten mit leeren Hosentaschen. Dann versucht er einen imaginären Schmetterling zu erhaschen und steigt gar auf einen Stuhl, um sich an einem unsichtbaren Seil zu erhängen. Der Applaus gibt dem Regisseur des Abends, Christian Doll, recht: Getanzte Zwischen-Resümees sind eine tolle Anregung auch für andere Attac-Veranstaltungen!

 

Nach dem Exkurs über die Eurokrise geht es um Alternativen zum heutigen Bankensystem.Christian Felber von Attac Österreich berichtet sie dort dazu kamen, eine demokratische Bank zu
fordern, deren Aufgaben klar begrenzt sein sollen auf die ursprünglichen Banken-geschäftsbereiche der Kreditvergabe und Spar- geldannahmen.
Die Österreicher sind jedoch nicht beim theoretischen Modell geblieben. Seit über einem Jahr arbeitet eine motivierte Schar an der Gründung eines kleinen Modells und Ausprobierfeldes für ihre Idee: die demokratische Bank soll bald schon Realität werden, wenn auch erstmal in klein.

Harald Schumann lädt zum Schluss dazu ein, sich zu engagieren für eine wirkungsvolle Regulierung der Finanzmärkte zur Eindämmung der exessiven Rohstoff-Spekulation. Zudem weist er darauf hin, dass mehr Druck entwickelt werden müsse, gegen die Banken, die zu groß zum Scheitern sind vorzugehen. „Too big to fail is too big to exist“, zitiert er US-Senator Bernie Sanders. „Too big to jail“, spitzt Kabarettist Jess Jochimsen zu.

Ach ja, der Kabarettist: Dem Freiburger Künstler gehört die Bühne, bevor gegen 22.00 Uhr die Band Matou Noir übernimmt. Aus seinem depressiven Tagebuch liest er zahlreiche tragische und dennoch die Lachmuskeln reizende Gedanken vor. Scharf kritisierte er die Sparkasse Freiburg – weil die vor einiger Zeit ihren Münz-Sortierer abgeschafft habe und nun die liebevoll gesammelten Münz-Schätze von kleinen und großen Freiburgern nur noch gegen Gebühr entgegennimmt und „einschickt“. Als er wütend drohte, das Geld auf dem Boden der Bank auszuschütten, wurde er ermahnt, dass das von der Sparkasse als Sachbeschädigung gewertet werden würde.

Keine Frage, dass am Ende auch noch die Band begeisterte mit ihrer überaus tanzbaren Musik.

Die Freiburger Attacies und allen voran Astrid Schaffert können sich vor gut begründeten Glückwünschen kaum retten. Ein Wunsch fordert besonders heraus: Dass es künftig weitere so tolle Bankwechsel-Partys geben möge!


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Mehr Fotos der Party

15.10.2011 - Straßentheater anlässlich des Weltweiten Aktionstags

Danke an Niko von der Freiburger Gruppe für den Bericht.

Am 15.10. führte attac-Freiburg jeweils um 14 und um 17 Uhr ein bankenkritisches Straßentheater im Rahmen der Bankwechselkampagne auf, das über die kriminelle Geschäftspolitik der Deutschen Bank und weiterer Großbanken informierte. Beim ersten Mal waren etwa 40, beim zweiten Mal fast 100 Menschen anwesend um immer wieder lautstark "Deutsche Bank - üble Bank!" zu skandieren. Zahlreiche Krötenwanderungs- und Postbank-Flyer wurden verteilt.

Von 10 bis 17 Uhr war attac-Freiburg außerdem mit einem Infostand und einer Live-Übertragung der Krisenanhörung auf dem Rathausplatz präsent. Auch hier wurden viele Eurokrisen-Factsheets, Bankwechsel- und FTS-Flyer verteilt.

Die größte Veranstaltung am Samstag, zu der Echte-Demokratie-Jetzt und
attac in Freiburg aufgerufen hatten, fand mit etwa 300 TeilnehmerInnen auf
dem Augustinerplatz statt. Per offenem Mikro wurde hier die Empörung von
Jung und Alt zum Ausdruck gebracht und zu weiterer Vernetzung und
Engagement aufgerufen. attac zeigte sich auch hier mit Bannern und Fahnen; die Eurokrisen-Factsheets wurden uns geradezu aus der Hand gerissen!

attac-Freiburg, das nun durch die neue attac-Hochschulgruppe unterstützt
wird, ruft nun zusammen mit Echte-Demokratie-Jetzt zu weiteren
Samstags-Protesten auf dem Augustinerplatz sowie - in Vernetzung mit
weiteren Freiburger Gruppen -  zur G20-Demonstration am 5.11. auf dem Platz der alten Synagoge auf!