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WTO: Industrieländer wollen noch mehr Macht für Amazon, Google & Co.

Alternativen nötig: Menschenrechte, Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen Vorrang haben

Attac kritisiert die Agenda der Welthandelsorganisation WTO bei der Ministerkonferenz von 10. bis 13. Dezember in Buenos Aires. "Diese Agenda wird von den Interessen der Konzerne in den Industrie- und Schwellenländern dominiert. Sie verschärft die globale Ungleichheit innerhalb und zwischen den Ländern ebenso wie den Klimawandel. Deshalb brauchen wir eine grundlegende Umgestaltung der internationalen Handels- und Investitionspolitik und Alternativen zur WTO. Menschenrechte, Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen Vorrang haben", sagt Roland Süß, der derzeit für Attac Deutschland an dem WTO-Treffen in Buenos Aires teilnimmt.

Eine Agenda für die Internet-Riesen

Obwohl es im Rahmen der WTO-Doha-Runde dafür kein Mandat gibt, drängen unter anderem die EU, die USA und Japan auf neue globale Regeln für den Internet-Handel. Sie wollen, dass Unternehmen weltweit Daten ohne Einschränkungen übertragen dürfen sollen. So könnten Technologieriesen und Steuertrickser wie Amazon, Apple, Facebook, Google oder Microsoft ihre Monopolmacht noch weiter ausbauen. Prekäre und unsichere Beschäftigungsverhältnisse würden weiter zunehmen und lokale Klein- und Mittelbetriebe noch stärker unter die Räder kommen. "Was in den WTO-Vorschlägen als 'lokale Barrieren' bezeichnet wird, sind Instrumente, mit denen Staaten angemessenen Datenschutz- und Verbraucherschutz für ihre Bürgerinnen und Bürger sichern können. Diese grundlegenden Menschenrechte dürfen nicht im Interesse der Internet-Giganten aufgegeben werden", fordert Roland Süß.

Öffentliche Dienstleistungen: Regulierungshoheit von Staaten wird eingeschränkt

Im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen wollen Industrieländer wie die EU, Australien oder Kanada (im Rahmen des GATS-Abkommens) ein Rahmenwerk durchsetzen, das bei technischen Standards,
Konzessionsvergaben und Qualifikationsvorgaben sogenannte Notwendigkeitserfordernisse einführt. Neue Vorgaben oder Standards für ausländische Dienstleistungserbringer sollen "vernünftig",  "objektiv", "transparent" und "nicht belastender als nötig" sein. Damit würde ein Rechtsrahmen geschaffen werden, bei dem die WTO darüber entscheidet, welche Gesetze für ausländische Dienstleistungskonzerne zumutbar sind. "Die demokratisch legitimierte Regulierungshoheit der Staaten würde dadurch massiv eingeschränkt werden", kritisiert Roland Süß.

Katastrophale Bilanz bei Ernährung und Klima

Die WTO-Abkommen haben schon bisher eine katastrophale Bilanz vorzuweisen. Dennoch soll weiterhin das Handelsvolumen mit Lebensmitteln erhöht werden, während die Länder des globalen Südens ihre Maßnahmen zur Sicherung der Ernährungssouveränität abschaffen sollen. Kleinbäuerliche und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft wird so zerstört. EU- und US-Agrarkonzerne können Märkte mit billigen industriellen Nahrungsmitteln überschwemmen. Das indische Lebensmittelsicherungsprogramm etwa ist für 75 Prozent der ländlichen Bevölkerung von enormer Bedeutung. Es steht in der WTO seit Jahren unter Beschuss der EU und anderer Agrarexporteure. Das exportorientierte Produktions- und Konsummodell ist auch eine zentrale Ursache der Klimakrise. Zudem können Klimaschutzmaßnahmen, die den Welthandel einschränken, auf Basis der WTO-Abkommen verhindert werden.

Attac: Menschenrechte, Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen Vorrang vor WTO-Regeln haben

Attac fordert eine grundlegende Umgestaltung der internationalen Handels- und Investitionspolitik. Handel muss Mittel zum Zweck werden, nicht das Ziel an sich. Ziel ist ein Welthandelssystem, das Kooperation statt Konkurrenz in den Mittelpunkt stellt. Attac tritt daher für Alternativen zur WTO ein.

Konkret bedeutet das:

  • Menschenrechte und andere Abkommen wie das Pariser Klimaschutzabkommen müssen über Handels- und Investitionsabkommen und somit auch über WTO-Regeln stehen. Konzerne, die Menschenrechte verletzen, Arbeitskräfte ausbeuten und die Umwelt schädigen, müssen im Rahmen eines – bereits geplanten – verbindlichen UN-Vertrages (Binding Treaty) zu Rechenschaft gezogen werden können.
  • Handelsabkommen müssen so gestaltet sein, dass sie lokalem Handel und regionaler Integration den Vorrang gegenüber globalem Handel geben und auf Kooperation basieren. Eine Wirtschaft der kurzen bzw. kürzeren Wege ist ein wichtiger Beitrag zur radikalen Reduktion von Kohlenstoffemissionen und damit zur Erreichung der UN-Klimaziele.
  • Ernährungssouveränität muss Vorrang gegenüber der Liberalisierung des Agrarhandels bekommen.
  • Öffentliche Güter und Dienstleistungen müssen aus Handelsabkommen zur Gänze ausgenommen werden.
  • Die Einhaltung von hohen Arbeitsstandards und internationalen Umweltnormen muss ebenso zwingende Voraussetzung für den Abschluss von Handelsabkommen sein wie Instrumente, mit denen diese durchsetzbar werden.
  • Der Schutz geistiger Eigentumsrechte bei Medikamenten und Saatgut muss abgeschwächt werden.
  • Die Handelspolitik muss demokratisiert werden: Parlamente auf nationaler und EU-Ebene müssen in die Erarbeitung von Handelsverträgen von Anfang bis zum Ende mitentscheiden können, zivilgesellschaftliche Akteure müssen involviert werden.