Trotz Luxleaks: Geheime Steuerdeals zwischen EU-Staaten und Konzernen auf Rekordhoch
Geheime Steuerabsprachen zwischen EU-Regierungen und multinationalen Konzernen – wie sie etwa im LuxLeaks-Skandal öffentlich wurden – haben ein neues Rekordhoch erreicht. Dies belegen neue Daten der Europäischen Kommission. Besonders bemerkenswert: Die Anzahl dieser Absprachen (Advance Pricing Agreements, APAs) nimmt trotz der von der Kommission angestrengten Verfahren wegen unzulässiger Beihilfe gegen Staaten wie Luxemburg, die Niederlande oder Irland zu. Die Leidtragenden sind oftmals andere Staaten, denen Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen – darunter häufig gerade die ärmsten Länder der Welt.
Belgien an der Spitze
Am auffälligsten ist, dass die Zahl der besonders problematischen unilateralen Absprachen um 64 Prozent von 1252 Ende 2015 auf 2053 Ende 2016 angestiegen ist. Für 2017 liegen noch keine Daten vor. Mit 1081 APAs hat Belgien Luxemburg als das Land mit der höchsten Anzahl überholt. Luxemburg liegt mit 599 Absprachen an zweiter Stelle. Die Niederlande liefern keine Zahl der geltenden Abkommen. Nach Schätzungen der Organisation Eurodad rangieren sie in der Rangliste auf Platz zwei zwischen Belgien und Luxemburg.
Attac: Können uns nicht auf Regierungen verlassen
"Nicht einmal die großen Steuerskandale wie LuxLeaks und die Verfahren der EU-Kommission halten einige Regierungen davon ab, immer neue geheime Steuerdeals mit multinationalen Konzernen abzuschließen", kritisiert Detlev von Larcher, Steuerexperte von Attac Deutschland. "Das zeigt: Wir können uns nicht auf die Regierungen und ihre Steuerverwaltungen verlassen, wenn es darum geht, dass Konzerne ihren gerechten Beitrag zum Gemeinwohl leisten."
Attac fordert daher, dass alle Steuerabsprachen zwischen Konzernen und Staaten veröffentlicht werden müssen. Vor allem aber sollten Konzerne öffentlich machen müssen, wie viel Gewinne sie je Land machen und wie viel Steuern sie zahlen. Dies wird auch vom EU-Parlament gefordert, doch viele Regierungen – darunter auch die Bundesregierung – wollen, dass Konzerne weiter Geheimniskrämerei bei ihren Geschäften betreiben können.
Attac fordert Gesamtkonzernsteuer
Um die Steuertricks multinationaler Konzerne wirksam zu bekämpfen, fordert Attac eine Gesamtkonzernsteuer mit Mindeststeuersätzen in der EU. Dabei werden Konzerntöchter auf Basis des global erzielten Gewinns eines Konzerns besteuert. Dieser Gewinn wird je nach realer Wertschöpfung anteilig auf Länder aufgeteilt und dann entsprechend besteuert. Die Gewinnverschiebungen zwischen Konzerntöchtern hätten damit ein Ende.
Hintergrund
Advance Pricing Agreements (APAs) sind in einem Vorabverständigungsverfahren getroffene geheime Vereinbarungen, die zwischen multinationalen Unternehmen und Regierungen unterzeichnet werden, um die zukünftigen Bedingungen der Besteuerung festzulegen. Der LuxLeaks-Skandal und die darauffolgenden Fälle von staatlichen Beihilfen haben gezeigt, dass sie die Grundlage für Unternehmenssteuervermeidung schaffen können, bei der einige Unternehmen ihre Steuersätze auf weniger als ein Prozent senken. Die unglaubliche Anzahl an APAs macht eine Überprüfung durch die Kommission kaum möglich. Zudem haben die Kommission und die Öffentlichkeit nur sehr begrenzte Kenntnisse über den tatsächlichen Inhalt dieser höchst vertraulichen Absprachen.
Ein ausführliches Briefing zur Problematik hat die Organisation Eurodad verfasst.