Kritik an Axel-Springer-Award für Amazon-Gründer Jeff Bezos
Steuervermeidung spielt eine zentrale Rolle beim angeblichen Zukunftsmodell Amazon. Dennoch soll Amazon-Gründer Jeff Bezos am heutigen Dienstag den "Axel-Springer-Award für visionäres Unternehmertum" erhalten. Attac Deutschland und die Otto Brenner Stiftung nehmen die Preisverleihung zum Anlass, die Steuerpraxis von Amazon und anderen Unternehmen öffentlich unter die Lupe zu nehmen und Vorschläge zur Bekämpfung von Konzern-Steuertricks vorzustellen.
Attac demonstriert heute ab 17.30 Uhr gemeinsam mit dem Bündnis "Make Amazon Pay" und der Gewerkschaft Verdi vor dem Axel-Springer-Haus in Berlin gegen die Preisverleihung.
Studie zeigt große Unterschiede bei Steuerpraktiken von Unternehmen
Die aktuelle Untersuchung "Unternehmensteuer in Deutschland: Rechtliche Grauzonen und zivilgesellschaftliche Alternativen" der Otto Brenner Stiftung, an der auch Attac-Autor*innen mitgewirkt haben, zeigt, dass die gesetzlichen Regelungen in Deutschland große, multinationale Unternehmen gegenüber kleineren begünstigen. Zudem mangelt es an Transparenz: Die veröffentlichten Informationen erlauben es oft nicht, sich ein korrektes Bild der wirklich gezahlten Steuern zu machen.
"Eine Kombination aus komplizierten Unternehmensstrukturen und lückenhaften Publizitätsvorschriften erschwert es einer interessierten Öffentlichkeit, faire Unternehmensteuern einzufordern", konstatiert Studienleiter Christoph Trautvetter. Nur in 75 Prozent der untersuchten Fälle konnten die Unternehmenseigentümer vollständig ermittelt werden, die Steuerquoten waren lediglich für ein Viertel der Unternehmen nachvollziehbar.
Allerdings weist die Studie auch große Unterschiede zwischen den 40 untersuchten Unternehmen nach: Einige Konzerne (Hugendubel, Lidl, Rewe, Aldi und Amazon) unterhalten Tochtergesellschaften in Steueroasen, denen keine wirtschaftlichen Aktivitäten zugeordnet werden konnten. Andere Unternehmen verzichten darauf, Steueroasen zu nutzen, legen ihre Zahlungen offen und weisen deutlich höhere Steuerquoten auf.
Die Forscher*innen schlagen daher die Einführung eines "Steuer-Siegels" vor, welches das strukturelle Steuervermeidungsrisiko einzelner Unternehmen bewertet: Dadurch würden der kritischen Öffentlichkeit Instrumente an die Hand gegeben, um die Steuerpraxis von Unternehmen zu analysieren und gegebenenfalls zivilgesellschaftlichen Druck aufzubauen.
Attac: Systemwechsel bei Besteuerung von Digitalunternehmen nötig
Attac setzt sich für einen Systemwechsel bei der Besteuerung von Unternehmen insbesondere der Digitalökonomie ein. "Das Geschäftsmodell von Amazon und anderen Digitalunternehmen basiert auf zwei kombinierten Effekten: dem systematischen Sammeln und Verwerten kostenloser Nutzerdaten – sprich: Big Data – und der systematischen Steuervermeidung", sagt Attac-Steuerexperte Karl-Martin Hentschel.
Die Folgen sind eine weltweite Monopolbildung in der Digitalökonomie sowie massive Einnahmeverluste der öffentlichen Hand: Fünf der zehn größten Unternehmen der Welt gehören bereits zur Digitalökonomie. Karl-Martin Hentschel: "Diese extreme Monopolisierung der Geschäftswelt ist eine Gefahr für die Demokratie. Die Preisvergabe an Jeff Bezos ist daher eine Provokation."
Als konkrete Schritte fordert Attac deshalb, EU-weite Mindeststeuersätze und eine Gesamtkonzernsteuer einzuführen, bei der Konzerngewinne den jeweiligen Staaten zugeordnet und dort besteuert werden. Nach 16 Jahren Diskussion in der EU muss die Blockade endlich beendet werden. Umsätze und Gewinne von Handelsfirmen sollen am Standort der Kund*innen versteuert werden – und nicht dem Standort einer Briefkastenfirma oder eines Servers. Zudem fordert das Netzwerk, den Datenschutz der Nutzer*innen konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln.