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EU-Afrika: NGO-Bündnis fordert Moratorium für Handelsabkommen

Zu schwach und kontraproduktiv: Kritik an EU-Partnerschaften mit afrikanischen Ländern

Mehrere Entwicklungsorganisationen appellieren an die neue Bundesregierung, die zwangsweise Öffnung afrikanischer Märkte durch die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA - Englisch: Economic Partnership Agreements/EPA) der Europäischen Union mit Afrika auszusetzen.

Mit Blick auf die Regierungsbildung ist es nun an der Zeit, die Handelsbeziehungen zwischen Afrika und Europa neu zu gestalten, fordern Germanwatch, Brot für die Welt, MISEREOR, die Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA) und Attac Deutschland.

Absichtserklärungen reichen nicht aus

"Mit ihrer Absichtserklärung, man wolle 'Vorreiter für eine faire Handelspolitik mit Afrika' sein und die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit den afrikanischen Staaten daraufhin überprüfen, ob sie der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dienen, weist die Koalitionsvereinbarung in die richtige Richtung", urteilt Boniface Mabanza von der KASA. Dennoch greift der Vorschlag von Union und SPD viel zu kurz und wird den Interessen der afrikanischen Staaten nicht gerecht.

"Deswegen schlagen wir vor, die zwangsweise Öffnung afrikanischer Märkte durch die Interimsabkommen der EU mit Ghana, der Elfenbeinküste und Kamerun einzufrieren, keine weiteren Abkommen dieser Art zu forcieren und alle Verhandlungen im Rahmen der WPA einzustellen. Denn die damit verbundene Liberalisierung des Handels ist für die Staaten Afrikas von Nachteil und dient vor allem den Interessen der EU", sagt Kerstin Lanje, entwicklungspolitische Referentin bei MISEREOR.

Panafrikanische Freihandelszone

Ferner steht im Koalitionsvertrag, dass die zukünftige Bundesregierung die Afrikanische Union beim Aufbau einer einheitlichen panafrikanischen Freihandelszone unterstützen will.

"Die angestrebte Integration in den verschiedenen Wirtschaftsregionen Afrikas wird durch diese Einzelabkommen massiv behindert, indem die EU etwa in Westafrika für Ghana und Côte d’Ivoire andere Außenzölle erzwingt als in der gemeinsamen Zollunion", so Francisco Mari, Referent für Agrarhandel bei Brot für die Welt. Dadurch werden EU-Dumpingexporte auch die Nachbarländer überschwemmen, die gar kein Abkommen wollen.

"Die sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen stellen einen tiefen Angriff auf die Wirtschaftsstrukturen afrikanischer Länder und Regionen dar. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern werden einer unfairen Konkurrenz mit der EU ausgesetzt", betont Roland Süß von Attac Deutschland.

"Die Abkommen führen zu massiven Verlusten von Staatseinnahmen durch Zollabbau. Darüber hinaus sprechen sie den afrikanischen Ländern das Recht ab, strategische Partnerschaften mit Drittländern mit einem bestimmten Anteil am Welthandel abzuschließen. Somit stören sie viele der Prozesse, die die Afrikanische Union anstößt."

Die fünf Organisationen fordern daher, dass sich Deutschland für ein Moratorium der WPA einsetzt, um dazu beizutragen, dass die EU-Afrika-Beziehungen auf eine neue, fairere Basis gestellt werden können.

Dokumentation der Konferenz "Die Chance ergreifen. Die EU-Afrika-Handelsbeziehungen neu gestalten"

Im Vorfeld der von den Bundesministerien für Finanzen und Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung organisierten "G20 Africa Partnership Conference. Investing in common future" organisierten Brot für die Welt, Misereor, Germanwatch, Attac Deutschland und KASA am 7. Juni 2017 eine Alternativkonferenz. Die Dokumentation dieser alternativen Handelskonferenz ist jetzt unter dem Titel "Die Chance ergreifen. Die EU-Afrika-Handelsbeziehungen neu gestalten" veröffentlicht worden.

In ihr kommen führende Persönlichkeiten der handelspolitischen Szene des afrikanischen Kontinents zu Wort, die an den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen teilgenommen haben und ihre Erfahrungen nach mehr als 15-jährigen Gesprächsprozessen mit der EU beschreiben. Ein ergänzendes Positionspapier beschreibt auf Grundlage der Analysen dieser afrikanischen Expertinnen und Experten, wie Wege aus der Verhandlungskrise der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen aussehen müssten.