Bundesfinanzministerium behindert weiterhin Gemeinnützigkeit von Attac
Das Bundesfinanzministerium führt den Rechtsstreit um Attacs Gemeinnützigkeit weiter. Obwohl das Urteil des Hessischen Finanzgerichts an Klarheit nichts zu wünschen offen lässt, hat die Behörde das Frankfurter Finanzamt angewiesen, beim Bundesfinanzhof Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision einzulegen.
Es droht weitere jahrelange Hängepartie
Das Hessische Finanzgericht hatte im April diesen Jahres in seiner Urteilsbegründung festgestellt, dass das Engagement von Attac gemeinnützig ist und unter anderem der Förderung des demokratischen Staatswesens sowie der politischen Bildung dient. Sollte der Bundesfinanzhof die Beschwerde des Finanzamts zulassen, droht Attac eine weitere jahrelange Hängepartie, bis der Bundesfinanzhof entschieden hat. Kritischem zivilgesellschaftlichem Engagement werden damit auch weiterhin Steine in den Weg gelegt.
In der inhaltlichen Begründung der Beschwerde will das Frankfurter Finanzamt politische Bildung nur dann als Satzungszweck "Volksbildung" anerkennen, wenn sie sich mit dem Status quo beschäftigt. Die Darstellung von Alternativen sei nicht gemeinnützig. Dies sei den Parteien vorbehalten, heißt es in der Beschwerdebegründung.
Finanzamt zeigt antiquiertes Verständnis von Bildung
"Diese Sichtweise ist willkürlich und nicht vom Gesetz gedeckt. Richtig hat das Finanzamt erkannt, dass ein demokratischer Diskussionsprozess ein gesellschaftlicher Vorgang ist. Hierzu gehört für uns zunächst einmal viel Bildungsarbeit, um die Öffentlichkeit beispielsweise über die Auswirkungen einer zu stark deregulierten und globalisierten Wirtschaft zu informieren", sagt Dirk Friedrichs vom Vorstand des Attac-Trägervereins. "Das Finanzamt zeigt ein antiquiertes Verständnis von Bildung, welches mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Denn Bildungsprozesse vermitteln nicht nur Wissen, sondern ermöglichen es den Beteiligten, selbst aktiv zu werden, um sich für eine solidarische und sozial gerechte Gesellschaft einzubringen", stellt Friedrichs weiter fest.
Eingreifen des Bundesfinanzministeriums zeigt politische Dimension des Rechtsstreits
Durch die Vorlage der Beschwerde beim Bundesfinanzhof wird erneut die politische Dimension des Falls deutlich. Das Vorgehen des Bundesfinanzministeriums erweckt den Eindruck, dass politisches Engagement und Gemeinnützigkeit von Seiten des Ministeriums als einander entgegengesetzt angesehen werden. Gemeinsam mit anderen Organisationen hat Attac deshalb die Gründung der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" angestoßen, um sich für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht und eine Änderung der Abgabenordnung einzusetzen. Mehr als 80 Vereine und Stiftungen haben sich der Allianz mittlerweile angeschlossen.
Attac kann derzeit keine Spendenbescheinigungen ausstellen und wird in seinem gemeinnützigen Engagement für eine gerechte Gesellschaft und in seiner Bildungsarbeit stark eingeschränkt.